News-Archiv
Mitteilungen des Rechnungshofs seit 2018
Ausgaben für Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Stärkung der rheinland-pfälzischen Wirtschaft sowie massive Einbrüche bei den Steuereinnahmen erfordern einen weiteren Nachtragshaushalt 2020, der heute in die Beratungen des Plenums eingebracht wurde. Das schnelle Handeln des Landes zur Bewältigung der Krise wird vom Rechnungshof ausdrücklich begrüßt. Unabhängig hiervon erachtet er die Höhe der geplanten Neuverschuldung für bedenklich.
Zur Schließung der Finanzierungslücke von mehr als 3,5 Mrd. € sieht der Nachtragsentwurf im Wesentlichen eine Neuverschuldung von 3,45 Mrd. € vor. Davon entfallen 1,2 Mrd. € auf Netto-Kreditaufnahmen, die auf die Ausnahmeklausel der Schuldenbremse gestützt werden, das heißt auf einen notwendigen Ausgleich eines erheblichen vorübergehenden Finanzbedarfs infolge der außergewöhnlichen Notsituation.
Die Ausnahmeklausel ist restriktiv zu handhaben. Nach Auffassung des Rechnungshofs steht es mit der Schuldenbremse nicht im Einklang, wenn die Kreditermächtigung nicht auf die Höhe des notsituationsbedingten Jahresbedarfs begrenzt wird, sondern Mittel für einen mehrjährigen Bedarf zulasten der Netto-Kreditaufnahme 2020 vorgesehen werden.
Zu einzelnen Kritikpunkten und Empfehlungen des Rechnungshofs:
- In einem Sondervermögen "Nachhaltige Bewältigung der Corona-Pandemie" sollen Mittel von fast 1,6 Mrd. € für Ausgabeleistungen bis 2023 vorgesehen werden. Zur Finanzierung dieser Leistungen sind Zuführungen aus dem Landeshaushalt im Umfang von knapp 1,1 Mrd. € angesetzt, die zu der Neuverschuldung von 3,45 Mrd. € beitragen.
Würden die Zuführungen an den Veranschlagungsgrundsätzen der Fälligkeit und Kassenwirksamkeit orientiert werden, könnten für das Jahr 2020 die Ausgabenansätze und die Neuverschuldung um mindestens 422 Mio. € reduziert werden. Denn in dieser Höhe sieht der Wirtschaftsplan des Sondervermögens Verpflichtungsermächtigungen vor, die bei entsprechender Inanspruchnahme erst in den Folgejahren zu Ausgaben führen werden. Die Errichtung eines Sondervermögens berührt das parlamentarische Budgetrecht. Im Falle des Sondervermögens "Nachhaltige Bewältigung der Corona-Pandemie" ist nicht erkennbar, dass die Aufgaben nicht ebenso gut im Rahmen des Landeshaushalts (Kernhaushalts) erfüllt werden können.
Coronabedingte Ausgaben sind auf das Sondervermögen und den Landeshaushalt verteilt. Teilweise sind hierfür dieselben Zweckbestimmungen vorgesehen. Deshalb dürfte die mit dem Sondervermögen angestrebte Transparenz kaum erreichbar sein. Auch im Hinblick auf die in einer Krisenzeit notwendige Planungssicherheit für die Betroffenen bietet der Wirtschaftsplan eines Sondervermögens keine Vorteile gegenüber der Ausbringung von Ausgabeansätzen und Verpflichtungsermächtigungen im Landeshaushalt. Hierzu bedarf es regelmäßig eines außerbudgetären Rechtsanspruchs.
Im Ergebnis können die gebotene Transparenz, die Bündelung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Stärkung der Wirtschaft sowie eine Zweckbindung der Mittel auch über den Landeshaushalt sichergestellt werden. Damit würde den grundsätzlich vorrangig zu beachtenden Verfassungsprinzipien der Vollständigkeit und Einheit des Haushaltsplans sowie den Haushaltsgrundsätzen der Klarheit und Wahrheit sowie Jährlichkeit Rechnung getragen und dem besonderen Gewicht des Budgetrechts des Landtags einschließlich seiner Kontrollfunktion entsprochen.Unabhängig von der Frage, ob es der Errichtung eines Sondervermögens bedarf, ist der Veranlassungszusammenhang zwischen der notsituationsbedingten Kreditaufnahme von 1,2 Mrd. € und einigen im Wirtschaftsplan des Sondervermögens genannten Maßnahmen nicht immer erkennbar. Es bleibt abzuwarten, wie der Haushaltsgesetzgeber die Maßnahmen, die nach der Gesetzesbegründung möglichst zielgerichtet und ursachengerecht ausgestaltet sein sollen, um zu einer nachhaltigen Überwindung der Krise beizutragen, im Rahmen seines Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums bewerten wird.
Angesichts der geplanten höchsten Neuverschuldung des Landes sollten möglichst alle Konsolidierungskräfte des Haushalts zur Reduzierung der Netto-Kreditaufnahme ausgeschöpft werden. Hierzu dürften noch Potenziale bestehen.
So wurden in der Vergangenheit der Haushaltssicherungsrücklage Beträge von 1,05 Mrd. € zugeführt. Der Rechnungshof verkennt nicht, dass es ökonomisch sinnvoll sein kann, eine Sicherheitsreserve aufgrund der erheblichen Risiken für den Haushaltsvollzug in den nächsten Jahren und einer möglichen Belastung des Landeshaushalts durch die Verstetigungswirkung der Stabilisierungsrechnung zugunsten der Kommunen im kommunalen Finanzausgleich vorzuhalten. Dennoch erscheint es auch im Hinblick auf die künftig zu leistenden hohen Darlehenstilgungen und Zinsausgaben sachgerecht, zumindest einen Teil der Rücklage 2020 zur Verringerung neuer Schulden zu verwenden.
Des Weiteren könnte das Sondervermögen "Versorgungsrücklage des Landes" bestimmungsgemäß bereits 2020 zur Entlastung der Versorgungsausgaben insoweit eingesetzt werden, als der Bestand (Ende 2019 mehr als 537 Mio. €) nicht in Schuldscheindarlehen des Landes angelegt ist. Auch hierdurch ließe sich eine Absenkung der Neuverschuldung erreichen.
Anlässlich einer Medienanfrage zur Prüfung der Stadt Neuwied hat der Rechnungshof Stellung dazu genommen, warum er sich zu kommunalen Haushaltsbeschlüssen äußert, aus welchen Gründen er Steuererhöhungen für geboten hält und welche Folgen es hat, wenn seinen Forderungen nicht nachgekommen wird.
Die Medienanfrage bezog sich auf die Stadt Neuwied. Der Rechnungshof hatte zuvor den Oberbürgermeister im Rahmen einer laufenden Prüfung auf die Rechtswidrigkeit der vom Stadtrat beschlossenen Haushaltssatzung, die ein hohes Defizit, aber keine hinreichenden Maßnahmen zu dessen Reduzierung vorsieht, hingewiesen. Im Folgenden die Antwort des Rechnungshofs auf die Medienanfrage im Wortlaut:
"Die Zuständigkeit des Rechnungshofs, zur Rechtmäßigkeit von Haushaltsplanungen von Kommunen Stellung zu nehmen, deren Haushalts- und Wirtschaftsführung er überörtlich prüft, ergibt sich aus seiner gesetzlichen Prüfungsaufgabe. Bei diesen laufenden Prüfungen teilt er Verstöße gegen die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Verwaltungshandeln auch direkt mit.
Ungeachtet der Empfehlungen des Innenministeriums an die Aufsichtsbehörden gilt auch in Krisenzeiten das kommunale Haushaltsrecht. Dazu gehört u. a. die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich. Zumindest besteht die Pflicht, ein Haushaltsdefizit auf das unabweisbare Maß zu reduzieren. Das bedeutet, dass eine Kommune alles tun muss, um die Deckungslücke im Haushalt so gering wie möglich zu halten. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, solange Hebesätze der Grundsteuer B lediglich in einem Umfang festgesetzt werden, der weit unterhalb des verfassungsrechtlich Zulässigen liegt. Insofern hat der Rechnungshof auf die Möglichkeiten zur Haushaltsverbesserung durch Anpassung von Steuerhebesätzen als "ultima ratio" hingewiesen. Den Kommunen ist es unbenommen, andere Maßnahmen zur Konsolidierung zu ergreifen.
Diese Anforderungen sind keine Erfindungen des Rechnungshofs, sondern gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Jegliche andere Sichtweise bedeutet einen Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht. Zudem sollte nicht übersehen werden, dass insbesondere die Erhöhung der Hebesätze der Grundsteuer B die meisten Steuerpflichtigen bei einer Anhebung auf den Durchschnitt der Flächenländer vergleichsweise moderat trifft. Für die Mehrzahl der Grundsteuerpflichtigen in Neuwied würde eine Anhebung der Grundsteuer B auf den Flächenländerdurchschnitt eine monatliche Mehrbelastung von weniger als 10 Euro bedeuten. Das ist aus Sicht des Rechnungshofes auch ein Beitrag der Solidarität mit den Jüngsten in unserer Gesellschaft. Da nicht alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen im gleichen Maß von der Krise betroffen sind, sollten bei besonderen Härten auch Billigkeitsregelungen wie Stundungen, die das Abgabenrecht vorsieht, ermöglicht werden.
Setzt der Oberbürgermeister von Neuwied entgegen § 42 Abs. 1 Gemeindeordnung den rechtswidrigen Haushaltsbeschluss des Rats nicht aus, behält sich der Rechnungshof vor, dies im Rahmen der später ergehenden Prüfungsmitteilungen zu beanstanden. Hieraus rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen, obliegt dann gemäß § 111 Abs. 1 Satz 3 Landeshaushaltsordnung der ADD als für die Stadt Neuwied zuständiger Kommunalaufsichtsbehörde."
Auch den Städten, Gemeinden und Kreisen brechen wegen der Corona-Pandemie Einnahmen weg. Dabei dürfe der gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsausgleich nicht außer Acht geraten, sagt Rechnungshofpräsident Berres im Gespräch mit der dpa.
Speyer/Mainz (dpa/lrs) - Die Kommunen sollten sich nach Einschätzung des Rechnungshofs mit Einsparungen und einer Anhebung der Grundsteuer gegen finanzielle Belastungen in der Corona-Krise wappnen. Den Städten, Gemeinden und Landkreisen stünden erhebliche Steuereinbrüche und krisenbedingte Mehrausgaben bevor, sagte Rechnungshofpräsident Jörg Berres. Mit Blick auf den auch in der Krise vorgeschriebenen gesetzlichen Haushaltsausgleich seien daher "Maßnahmen zu ergreifen, um die zusätzlich drohenden Defizite auf das Unabweisbare zu begrenzen".
Berres empfahl daher im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, dass die Kommunen ihre Haushaltsansätze überprüfen und Prioritäten neu bestimmen sollten. Dabei müssten vor allem die konsumtiven Ausgaben - das sind auch Ausgaben für die Verwaltung oder für freiwillige Leistungen - auf den Prüfstand gestellt werden, mit dem Ziel, sie auf künftige Jahre zu verschieben, zu reduzieren oder ganz einzusparen. "Die Prüfungen des Rechnungshofs haben viele Hinweise gegeben, wo man ansetzen kann." Notwendige Investitionen in die Infrastruktur hingegen sollten weiter umgesetzt, allenfalls zeitlich verschoben werden.
Ebenso müssten sich die Kommunen endlich zu Verbesserungen auf ihrer Einnahmenseite durchringen, sagte Berres und bekräftigte damit die mehrfach erhobene Forderung des Rechnungshofs nach einer Anhebung der den Kommunen zustehenden Grundsteuer. Auch in Krisenzeiten dürfe es kein Tabu sein, die Grundsteuer B auf den Durchschnitt der Flächenländer anzuheben, sagte Berres. "Das ist aus unserer Sicht seit vielen Jahren überfällig und auch nicht unangemessen." Beispielsweise würde die Anhebung der Grundsteuer in der Stadt Worms für einen geplanten Haushaltsausgleich von 440 auf 530 Prozent für ein Einfamilienhaus lediglich eine monatliche Mehrbelastung von sechs Euro bedeuten. Eine Anhebung der Gewerbesteuer sei hingegen angesichts der Konjunkturprobleme aufgrund der Corona-Pandemie weniger angebracht.
Der Rechnungshofpräsident riet den Kommunen, die krisenbedingten Ausgaben und Einnahmeausfälle gesondert zu erfassen. So könnten die finanziellen Anforderungen durch die Krise transparent gemacht werden. Ähnlich wie das Land sollten auch die Kommunen konkrete Tilgungspläne für eine krisenbedingte Neuverschuldung aufstellen.
Das Innenministerium hat den Kommunen in einem Rundschreiben erklärt, dass die Kommunalaufsichtsbehörden - das sind die Landkreise und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) - nachsichtig sein sollten, "wenn durch die Folgen der Corona-Pandemie der gesetzlich gebotene Haushaltsausgleich nicht erreicht werde". Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz betonte danach: "Weitere Lockerungen der kommunalaufsichtlichen Praxis ändern nichts an der Geltung der gesetzlichen Vorschriften über den Haushaltsausgleich. Verstöße gegen diese Vorschriften bleiben auch dann rechtswidrig, wenn sie von der Aufsicht nicht geahndet werden."
Der Vorsitzende des Städtetags Rheinland-Pfalz, der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), bezeichnete das Haushaltsrundschreiben des Innenministeriums als hilfreich. "Wir können dadurch geradeaus fahren", sagte Ebling der Deutschen Presse-Agentur. So sei es etwa möglich, weiter öffentliche Aufträge zu vergeben, obwohl man Richtung Jahresende "in die Miesen" laufe. Auf längere Sicht helfe den Kommunen aber nur ein Rettungsschirm von Bund und Ländern.
Leitlinie müsse sein, dass künftige Generationen nicht zu stark belastet würden, mahnte Rechnungshofpräsident Berres. Die jüngsten Zahlen des Statistischen Landesamts zu den Salden der kommunalen Haushalte im vergangenen Jahr zeigten, dass es viele Kommunen "auch nach zehn Jahren Aufschwung nicht geschafft haben, den gesetzlich vorgeschriebenen Haushaltsausgleich zu erreichen". Das mache es den Kommunen in Rheinland-Pfalz jetzt schwerer als etwa den Städten, Gemeinden und Kreisen in Hessen, auf eine solche Krise zu reagieren und den damit verbundenen Konjunkturrückgang zu verkraften.
Mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg, www.dpa.de.
Das Ministerium hat in dem genannten Rundschreiben Anweisungen an die Kommunalaufsichtsbehörden zum Umgang mit kommunalen Haushalten während der Corona-Krise erteilt. Auf eine Presseanfrage hin hat der Rechnungshof Stellung genommen.
Die rheinland-pfälzischen Kommunen müssen auch in der Krise handlungsfähig bleiben. Hierzu hat ihnen das Land im Rahmen des Nachtragshaushalts 100 Mio. € bereitgestellt. Das war wichtig. Ebenso wichtig ist es, dass Kommunen die krisenbedingten zusätzlichen Ausgaben und Mindereinnahmen finanzieren können. Hierzu soll die vom Ministerium des Innern und für Sport verfügte weitere Lockerung der Aufsicht über kommunale Haushaltsplanungen in den Jahren 2020 und 2021 dienen.
Wenn die oberste Aufsichtsbehörde nunmehr zugesteht, dass seit Jahren überfällige Verbesserungen der Steuereinnahmen in den Jahren 2020 und 2021 aufsichtlich nicht eingefordert und höhere krisenbedingte Ausgaben im freiwilligen Leistungsbereich toleriert werden sollen, bedeutet dies im Ergebnis, dass die bereits seit vielen Jahren in Rheinland-Pfalz aufsichtlich geduldete rechtswidrige Aufnahme von Liquiditätskrediten ohne weitere Auflagen fortgeschrieben wird.
Aus Sicht des Rechnungshofs wäre es jedoch wünschenswert, wenn mit den Erkenntnissen aus der Steuerschätzung im Mai die bisherigen Haushalte im Rahmen einer Nachtragshaushaltsplanung nochmals auf den Prüfstand gestellt würden. Haushaltsdefizite sind insbesondere in Krisenzeiten auf das unabdingbare Maß zu reduzieren, indem Ausgaben überprüft, auf künftige Jahre verschoben oder eingespart werden bzw. vertretbare Einnahmenverbesserungen vorgenommen werden. Ferner sollte vergleichbar zur Schuldenregel des Landes eine krisenbedingte Neuverschuldung zügig zurückgeführt werden, um künftige Generationen nicht zusätzlich zu belasten. Hinweise hierzu fehlen. Damit die finanziellen Anforderungen durch die Krise transparent werden, wären ferner einheitliche Kontierungsvorgaben für die gesonderte Ausweisung krisenbedingter Mehraufwendungen und Ertragsminderungen erforderlich.
Weitere Lockerungen der kommunalaufsichtlichen Praxis ändern nichts an der Geltung der gesetzlichen Vorschriften über den Haushaltsausgleich. Verstöße gegen diese Vorschriften bleiben auch dann rechtswidrig, wenn sie von der Aufsicht nicht geahndet werden.
Das Feuerwehrgerätehaus St. Goarshausen war Gegenstand der Berichterstattung in den Medien. Auch der Rechnungshof hat über Prüfungsergebnisse Auskunft gegeben. Nachfolgend wird der Sachverhalt erläutert.
Die Verbandsgemeinde Loreley beabsichtigt auf dem rd. 2.000 m² großen Grundstück Forstbachstraße 14 in St. Goarshausen, das in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet liegt, ein Feuerwehrgerätehaus für die unzureichend untergebrachte Feuerwehr zu errichten. Nachdem die geschätzten Baukosten für die Baureifmachung des Grundstücks von ursprünglich 820.000 € auf mehr als 2 Mio. € Anfang 2018 angestiegen waren, bat das Ministerium des Innern und für Sport im Frühjahr 2018 den Rechnungshof um eine Prüfung des Bauvorhabens, das mit Landesmitteln gefördert werden soll. Hierbei wurde auch das Referat der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), das für die Förderung von Feuerwehrgerätehäusern zuständig ist, beteiligt. Die Ergebnisse der Prüfung sind nachfolgend wiedergegeben.
Grunderwerb
Im Februar 2012 legte ein von der Verbandsgemeinde Loreley beauftragtes Ingenieurbüro ein Gutachten über die Baureifmachung des Grundstücks Forstbachstraße 14 vor. Das Gutachten stellte die Eignung des Grundstücks für den Bau eines Feuerwehrgerätehauses in Frage und wies dabei insbesondere auf die eingeschränkte Bebaubarkeit aufgrund des ungünstigen Grundstückszuschnitts sowie auf die notwendigen Sanierungen einer vorhandenen Stützwand und der Überbauung des über das Grundstück verlaufenden Forstbachs hin.
Auch die örtliche Feuerwehr teilte der Verbandsgemeinde Loreley in einem Schreiben vom 3. Mai 2012 mit, dass das Gelände der Forstbachstraße 14 aus feuerwehrtaktischen Gründen ungeeignet sei und sie den Standort nicht weiter betrachte. Stattdessen favorisierte sie das Grundstück einer ehemaligen Gärtnerei.
Gleichwohl hielt die Verbandsgemeinde an dem ungeeigneten Standort Forstbachstraße 14 fest. Obwohl sich die für die Baureifmachung geschätzten Kosten bis August 2016 auf 1,6 Mio. € erhöhten, erwarb die Stadt St. Goarshausen auf Anraten der Verbandsgemeinde am 21. November 2016 das Grundstück zum Preis von 155.000 €. Die Kosten für die Baureifmachung sollten nach den Vorstellungen der Verbandsgemeinde zu 90 % vom Land aus Mitteln der städtebaulichen Erneuerung gefördert werden. Die der Stadt für den Grunderwerb entstandenen Kosten sollen über einen Erbbaurechtsvertrag mit der Verbandsgemeinde refinanziert werden.
Eine erneute Kostenermittlung der Verbandsgemeinde vom Januar 2018 bezifferte die Kosten für die Baureifmachung auf 2,05 Mio. €. Einschließlich des Kaufpreises von 155.000 € ergibt sich danach ein Betrag von rd. 2,2 Mio. €, dem ein Bodenwert von rd. 50.000 € (25 €/m²) für das baureife Grundstück gegenüberstehen würde.
Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich Westerwald-Taunus erklärte bereits 2013 in einer von der Verbandsgemeinde erbetenen Stellungnahme, dass das Grundstück wertlos sei. Im Mai 2019 bewertete der Gutachterausschuss das Grundstück mit einem symbolischen Wert von 1 €. Damit bestätigte er, was der Verbandsgemeinde zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung bereits bekannt war. Die Verbandsgemeinde vertrat die Auffassung, dass das Gutachten fehlerhaft sei. Der Gutachterausschuss hat die Einwände mit Schreiben vom 20. September 2019 widerlegt. Der Grunderwerb war rechtswidrig, da er gegen ein gesetzliches Verbot verstieß (§ 153 Abs. 1 und 3 Baugesetzbuch). Danach darf in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet kein höherer Kaufpreis als der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert vereinbart werden. Der Rechtsverstoß hat zur Folge, dass der Kaufvertrag nichtig ist. Der Stadtbürgermeister oder der Bürgermeister der Verbandsgemeinde hätte den Beschluss des Stadtrats zum Erwerb des Grundstücks wegen der Rechtswidrigkeit aussetzen müssen (§§ 42 Abs. 1, 69 Abs. 2 Gemeindeordnung).
Wirtschaftlichkeit der Planung / Alternativen
Im August 2015 beauftragte die Verbandsgemeinde ein Ingenieurbüro mit der Planung des Feuerwehrgerätehauses auf dem Grundstück in der Forstbachstraße. Nach der Kostenermittlung des Planers überschreiten die Bauwerkskosten die nach Erfahrungswerten für Feuerwehrgerätehäuser üblichen Kosten um 40 %. Dies ist im Wesentlichen auf die bereits in dem Gutachten aus dem Jahr 2012 aufgezeigten Probleme zurückzuführen. Das geplante Bauwerk führt zudem zu höheren Folgekosten und weist funktionale Mängel auf. U. a. verstößt es gegen Anforderungen der für Feuerwehrhäuser geltenden DIN 14092 sowie gegen einzelne Bestimmungen der Gesetzlichen Unfallversicherung.
Als Alternative hat der Rechnungshof der Verbandsgemeinde im Mai 2019 den Ankauf des Grundstücks einer ehemaligen Gärtnerei vorgeschlagen und zwei Bebauungsvorschläge erarbeitet. Danach kann auf dem Grundstück ein Feuerwehrgerätehaus errichtet werden, das Kosteneinsparungen von rd. 2 Mio. € ermöglichen würde und zudem wesentlich zweckmäßiger wäre als das in der Forstbachstraße geplante Gebäude. Die Feuerwehr, der diese Alternative vorgestellt wurde, hat hiergegen keine Einwände erhoben.
Sollte die Verbandsgemeinde dieses Grundstück entgegen den Empfehlungen des Rechnungshofs nicht erwerben, hat der für die Förderung von Feuerwehrgerätehäusern zuständige Bedienstete der ADD eine weitere Alternative vorgeschlagen.
Die Errichtung eines Feuerwehrgerätehauses am Standort Forstbachstraße 14 verstößt aufgrund der hohen Bau- und Folgekosten sowie der aufgezeigten Mängel gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Durch ein sachgerechtes Projektmanagement wäre es bereits vor Jahren möglich gewesen, eine zweckmäßigere Lösung für die derzeit unzureichend untergebrachte Feuerwehr in St. Goarshausen zu finden.
Im weiteren Verfahren obliegt es dem Ministerium des Innern und für Sport, über die Förderung eines Feuerwehrgerätehauses in St. Goarshausen zu entscheiden.
Hinweise des Rechnungshofs anlässlich der Medienberichterstattung über Prüfungsfeststellungen zu defizitären Kommunalhaushalten im Allgemeinen und zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bezirksverbands Pfalz im Besonderen
Soweit im Zusammenhang mit der Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs von "Haushaltsforderungen der Mainzer Landesregierung und ihrer Behörden" berichtet wird, trifft dies nicht zu. Der Rechnungshof ist weder Teil der Landesregierung noch - anders als die ADD - deren Behörde. Er agiert in richterlicher Unabhängigkeit als oberste Landesbehörde und ist an keinerlei Weisungen der Landesregierung gebunden.
Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs, dass unausgeglichene Kommunalhaushalte rechtswidrig sind, bedeuten keine "härtere Gangart", so der Präsident des Rechnungshofs, Jörg Berres. Sie ergeben sich seit Jahrzehnten aus Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts, die den Haushaltsausgleich verbindlich vorschreiben. Sie gelten auch für den Bezirksverband Pfalz. Dass ausgewiesene Defizite nur dann ausnahmsweise nicht gegen das Haushaltsausgleichsgebot verstoßen, wenn sie unabweisbar sind, ist seit langem von der Rechtsprechung anerkannt. Unabweisbar sind Defizite jedenfalls dann nicht, wenn sie durch zumutbare Einsparungen oder eine verfassungsrechtlich zulässige Nutzung von Einnahmemöglichkeiten der Kommune beseitigt oder reduziert werden können. Aufgrund seiner Prüfungstätigkeit weist der Rechnungshof in solchen Fällen die zuständigen Entscheidungsträger auf den Handlungsbedarf bzw. auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben hin. Weder nimmt der Rechnungshof die Kommunen durch diese Hinweise "in Vormundschaft", noch übernimmt er damit die Aufgaben der Kommunalaufsicht. "Wir erfüllen dadurch unseren gesetzlichen Auftrag", so Berres.
Hinweise der Kommunen auf eine angebliche oder tatsächliche verfassungswidrige Unterfinanzierung durch das Land entbinden ferner nicht von der Ausgleichspflicht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht 2015 wie folgt klargestellt:
"Seiner gesetzlichen Pflicht zur Minimierung des Haushaltsdefizits kann sich der klagende Kreis auch nicht durch Verweis auf eine seiner Auffassung nach unzureichende Finanzierung durch das beklagte Land entziehen. Solange es ihm möglich ist, Maßnahmen zur Haushaltssanierung zu ergreifen, ist es aus Sicht der Garantie der Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden, wenn er landesrechtlich zu entsprechendem Handeln verpflichtet ist."
Die vom Bezirksverband bzw. von einzelnen Kommunen sinngemäß vertretene Auffassung, das Ausgleichsgebot gelte nur für den "kommunalen Teil" des Haushalts, während alle vom Land zugewiesenen Aufgaben vom Land zu finanzieren seien, findet keine Stütze im Gesetz. Dieses kennt nur einen einheitlichen kommunalen Haushalt, der als solcher dem Ausgleichsgebot unterliegt.
Das Ausgleichsgebot gilt in der doppischen Haushaltsführung der Kommunen nicht nur für den Finanz-, sondern auch für den Ergebnishaushalt, in dem die jährlichen Aufwendungen und Erträge abgebildet werden. Deshalb ist auch nicht sofort zahlungswirksamer Aufwand - wie etwa Abschreibungen für zukünftige Investitionen und Rückstellungen für künftige Auszahlungen an Pensionäre - zu erwirtschaften. Die Frage, inwieweit der Bezirksverband hierfür Landeszuweisungen beanspruchen kann, sollte im Zweifel von den zuständigen Gerichten geklärt werden. Seine Pflicht, (auch) den Ergebnishaushalt auszugleichen, nötigenfalls auch durch eine Erhöhung der Umlage, bleibt davon unberührt. Der Verstoß gegen diese Pflicht hat dazu beigetragen, dass das zum 1. Januar 2008 noch mit 65,8 Mio. € festgestellte Eigenkapital sich plangemäß zum 31. Dezember 2019 auf 29,6 Mio. € verringern soll. Ein derart fortgesetztes "Abschmelzen" des Eigenkapitals würde in absehbarer Zeit zu einer Überschuldung des Bezirksverbands führen.
In dem von der Landesregierung beauftragten Gutachten zur Kommunal- und Verwaltungsreform II wird auch die Auflösung des Bezirksverbandes thematisiert. Hierzu hat der Rechnungshof keine eigenen Prüfungsfeststellungen getroffen, sondern angesichts auch dieser politischen Option angemahnt, einer Überschuldung des Bezirksverbands mit den erforderlichen Mitteln entgegenzuwirken.
In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 14.11.2019 haben die kommunalen Minderheitsgesellschafter der Krankenhaus GmbH St. Goar-Oberwesel eine finanzielle Maßnahme angekündigt, mit der der Weiterbetrieb der Loreley-Kliniken an beiden Standorten sichergestellt werden soll. Auf eine Presseanfrage hin hat der Rechnungshof wie folgt Stellung genommen.
Mit der Bereitstellung von Kapital für die Krankenhaus GmbH St. Goar-Oberwesel durch die kommunalen Gesellschafter sollen offensichtlich nicht zusätzliche Gesellschaftsanteile durch die Gemeinden erworben werden, sondern es wird die Bereitschaft erklärt, einen Betrag von 1 Mio. € bereitzustellen, um daraus ggf. Verluste des Krankenhausbetriebs abzudecken.
Ob sich die kommunalen Gesellschafter lediglich verpflichten, Geld bereitzustellen, um eventuelle Verluste des Klinikbetriebs abzudecken ("Die Städte Oberwesel, St. Goar und die Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel sowie der Rhein-Hunsrück-Kreis geben eine schriftliche, verbindliche Zusage … für einen Zuschuss für das Jahr 2020 in Höhe von 1 Mio. Euro."), oder ob über die Verpflichtung hinaus der Gesellschaft Geld überwiesen wird ("Dieses Kapital wird auf ein Konto der Krankenhaus GmbH transferiert."), kann letztendlich offen bleiben, da Beurteilungsmaßstab für die Kapitalverstärkung auf jeden Fall der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist. Sofern es sich um eine Verpflichtung handelt, bedürfte diese der aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 104 Abs. 2 GemO.
Haushaltsrechtlich handelt es sich um freiwillige Leistungen. Ob diese mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der beteiligten Kommunen vereinbar sind, kann von hier aus nicht abschließend beurteilt werden, zumal aus der Vorlage nicht ersichtlich ist, wie sich der Betrag von 1 Mio. € auf die kommunalen Gesellschafter aufteilt.
Dessen ungeachtet wäre ein finanzielles Engagement unter wirtschaftlichen Aspekten nur vertretbar, wenn die 2020 für eine Verlustabdeckung bereitgestellten Haushaltsmittel mit hoher prognostischer Sicherheit dazu beitragen, dass in der dadurch gewonnenen Zeit die Grundlagen für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der Einrichtung geschaffen werden können. Anderenfalls ist die beabsichtigte Kapitalverstärkung durch die Kommunen nach Einschätzung des Rechnungshofs mit dem Haushaltsrecht nicht vereinbar. Die von den Gesellschaftern gemeinsam beauftragte Überprüfung der weiteren Geschäftsplanung für die Krankenhaus GmbH St. Goar-Oberwesel sollte daher sehr zeitnah erfolgen, um bereits für den Weiterbetrieb bis Ende 2020 eine positive Fortführungsprognose zu erhalten. Hierbei sollten auch die Voraussetzungen für die Nutzung von Strukturfondsmitteln berücksichtigt und die von den Gesellschaftern geforderte Klärung der dauerhaften Finanzierung der Konservativen Orthopädie herbeigeführt werden.
Ungeachtet dessen ist es fraglich, ob die kommunalen Gesellschafter wie beabsichtigt dem Unternehmen Kapital zur Verfügung stellen müssen. Die kommunalen Mittel sollen nach Angaben der Gesellschafter nur ersatzweise zur Verlustabdeckung eingesetzt werden, da die Gesellschaft noch über vorhandene Reserven von 3 Mio. € verfügt und bei einem Weiterbetrieb der beiden Standorte bis Ende 2020 mit Verlusten von 1,5 bis 2,0 Mio. € gerechnet wird. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass die beteiligten Kommunen bereits jetzt Haushaltsmittel aufbringen, obwohl der voraussichtliche Finanzbedarf der Einrichtung zum Ausgleich von Verlusten anderweitig gesichert ist.
Vom 14. bis 15. Oktober 2019 wird in Trier die diesjährige Herbstkonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder stattfinden. Gastgeber ist der Rechnungshof Rheinland-Pfalz, der am 1. Juli 2019 für ein Jahr den Vorsitz der Konferenz übernommen hat.
In der Präsidentenkonferenz werden zweimal jährlich übergreifende Fragen der externen Finanzkontrolle erörtert, Erfahrungen ausgetauscht und Prüfungsvereinbarungen geschlossen.
Themen der Herbstkonferenz in Trier werden u. a. die Ausgestaltung der EU-Datenschutzverordnung im Bereich der Rechnungshöfe, die Entwicklung der öffentlichen Investitionsausgaben und die Einführung von europäischen Rechnungslegungsstandards im öffentlichen Sektor (EPSAS) sein.
Heute hat der Rechnungshof Rheinland-Pfalz vom Bundesrechnungshof für ein Jahr den Vorsitz der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder übernommen. Der Präsident des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz, Jörg Berres, war bereits im März 2019 zum neuen Vorsitzenden gewählt worden.
In der Präsidentenkonferenz werden zweimal jährlich übergreifende Fragen der externen Finanzkontrolle erörtert. Ziel ist dabei, eine einheitliche Meinung in diesen Fragen herbeizuführen, Auffassungen in Einzelfällen zu koordinieren, Prüfungsvereinbarungen zu schließen und sich gegenseitig über Prüfungserfahrungen und -ergebnisse von grundsätzlicher Bedeutung zu informieren.
Auf der Herbstkonferenz 2018 in Bonn und der Frühjahrskonferenz 2019 in Bern waren unter Vorsitz des Bundesrechnungshofs u. a. die grundlegenden Themen „Nachhaltigkeit“ und „Digitalisierung“ in Bezug auf die externe Finanzkontrolle eingehend diskutiert worden.
Die nächste Präsidentenkonferenz wird in der Zeit vom 14. bis 15. Oktober 2019 in Trier stattfinden.
19.03.2019 Pressemitteilung: Haushaltsausgleich kann zu deutlichen Steuererhöhungen nötigen
Anlässlich der gemeinsamen Arbeitstagung von Rechnungshof und Gemeindeprüfungsämtern am 19. März in Ingelheim mahnt Rechnungshofpräsident Jörg Berres größere Anstrengungen der Kommunen zum Ausgleich ihrer Haushalte an.
2018 gaben noch immer fast 1.000 rheinland-pfälzische Gemeinden und Gemeindeverbände mehr Geld aus, als sie einnahmen - dies trotz günstiger Rahmenbedingungen. Betrachtet man zudem die anhaltend hohe Verschuldung der Kommunen aus Liquiditätskrediten, die der Rechnungshof wiederholt thematisiert hat, wird deutlich, wie wichtig die überörtliche Kommunalprüfung durch die Gemeindeprüfungsämter und den Rechnungshof ist.
Häufig hat es die Kommunalprüfung mit Gemeinden zu tun, die über Jahre defizitär wirtschaften und nicht alle Einspar- und Einnahmemöglichkeiten nutzen, um ihre Haushalte auszugleichen. Dabei verstößt dies klar gegen geltendes Recht, denn der Haushaltsausgleich ist gesetzlich vorgeschrieben. Rechnungshofpräsident Berres: "Die Kommunalaufsicht müsste viel häufiger von ihrem Beanstandungsrecht Gebrauch machen."
Anstatt kommunale Leistungen über Liquiditätskredite und damit künftige Generationen zu finanzieren, sollten die gegenwärtigen Nutzer die für den Haushaltsausgleich erforderlichen Einnahmen aufbringen. Steuer- oder Umlageerhöhungen sind allerdings keineswegs populär. Wenn eine Kommune jedoch der Auffassung ist, nicht ausreichend Finanzmittel vom Land zu erhalten, steht ihr der Rechtsweg offen.
Der Blick in die Nachbarländer Nordrhein-Westfalen und Hessen zeigt, dass die kommunalen Einnahmemöglichkeiten hierzulande keineswegs ausgeschöpft sind. So hat die hessische Stadt Offenbach den Hebesatz der Grundsteuer B unlängst auf 995 % festgesetzt. Dass die Kommunen zu solchen Steuererhöhungen verpflichtet sind, wenn sie ihre Haushalte nicht durch geringere Ausgaben ausgleichen können oder wollen, hat auch die Rechtsprechung bekräftigt. In Rheinland-Pfalz liegt bei den z. T. hochverschuldeten kreisfreien Städten der höchste Hebesatz für die Grundsteuer B bei 480 %. Es gibt allerdings auch wenige Kleinstgemeinden mit Hebesätzen von bis zu 900 %.
Rechnungshof und Gemeindeprüfungsämter unterstützen mit ihrer Arbeit die Kommunen und Räte bei der Konsolidierung der Haushalte. Dazu gehört, konkrete Möglichkeiten der Ausgabenminderung und Einnahmenerhöhung aufzuzeigen. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird durch die knappen personellen Ressourcen aufseiten der Prüfer allerdings nicht einfacher, zumal diese nicht nur für den Rechnungshof die Gemeinden prüfen, sondern als Rechnungsprüfungsamt in eigener Zuständigkeit ihre Kreisverwaltung. Rechnungshof und Gemeindeprüfungsämter werden ihren Wissens- und Erfahrungsaustausch auch in Zukunft fortsetzen und weiter intensivieren.
Neues Landesdatenschutzgesetz beeinträchtigt Prüfungen des Rechnungshofes
Die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (EU-DSGVO) wird ab 25. Mai 2018 unmittelbar in den Mitgliedsstaaten der EU gelten. Das Land Rheinland-Pfalz möchte ergänzend dazu ein neues Landesdatenschutzgesetz erlassen. Der diesbezügliche Gesetzentwurf ordnet die Geltung der EU-DSGVO auch für die Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Rechnungshofs an.
"Wir kritisieren die vorgesehene Regelung des Landes, da hiermit die Prüfungen des Rechnungshofes beeinträchtigt werden“, betonte Präsident Jörg Berres. Die EU-DSGVO gilt aufgrund der fehlenden Regelungskompetenz der EU im Bereich der nationalen Finanzkontrolle nicht für die Prüfungs- und Beratungstätigkeit von Rechnungshöfen. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz stellt den Datenschutz seit Jahrzehnten durch eigene Regelungen sicher. Seine Prüfungs- und Beratungstätigkeit ist mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Garantie einer unabhängigen und effektiven Finanzkontrolle weitgehend von der Geltung des bisherigen Landesdatenschutzgesetzes ausgenommen. In diese Garantie greift die nunmehr landesrechtlich vorgesehene Anwendung der EU-DSGVO auf den Rechnungshof in unzulässiger Weise ein.
Um die Lückenlosigkeit der Finanzkontrolle zu gewährleisten, muss der Rechnungshof regelmäßig personenbezogene Daten erheben und verarbeiten. Dies betrifft bspw. Prüfungen von Personalausgaben, Sozialleistungen, Steuerveranlagungen oder auch solche im Bereich von Schulen und Hochschulen. Nach dem beabsichtigten Landesdatenschutzgesetz müsste der Rechnungshof allerdings zukünftig umfängliche Informationspflichten gegenüber den Betroffenen erfüllen, was derzeit nicht der Fall ist. Erstmals würden ggf. zahlreiche Dritte über die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs informiert. Somit würde das bewusst nicht öffentlich ausgestaltete Prüfungsverfahren sozusagen „teilweise öffentlich“. Dies gefährdet die Effektivität und Vertraulichkeit der Prüfung. Deren Erfolg hängt wesentlich davon ab, dass der Rechnungshof mit den geprüften Behörden im Prüfungsverfahren eine sachgerechte Finanzkontrolle durchführen kann, ohne dass bereits über die Erfüllung von Informationspflichten gegenüber Dritten eine nicht auszuschließende öffentliche Erörterung diese Prüfung und deren Ergebnisse wesentlich beeinträchtigt. Darüber hinaus führen die Informationspflichten zu einem Mehraufwand für den Rechnungshof, der seine Prüfungskapazitäten spürbar vermindert. Die Möglichkeiten des Landtages, die Regierung und Verwaltung zu kontrollieren, würden damit geschwächt.
Derzeit wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Datenschutz bereits durch die Prüfungsordnung des Rechnungshofs sowie durch Dienstanweisungen Rechnung getragen. Der Rechnungshof hat im Rahmen der Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes vorgeschlagen, eine eigene Datenschutzordnung zu erlassen, um seine Datenschutzstandards transparent zu machen.