Jahresbericht 2021, Nr. 19 - Zahlung von Leistungsbezügen an Professoren

- ergänzende und konkretisierende Bestimmungen erforderlich -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die Regelungen zur Gewährung besonderer Leistungsbezüge in den Grundordnungen mehrerer Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften waren unzureichend. Die Kriterien zur Bemessung der individuellen Leistungen waren vielfach ungeeignet. Notwendige Bestimmungen zur Vergleichsgruppe, zur Ermittlung des Leistungsdurchschnitts und zum Bewertungssystem fehlten. Dadurch war die Bewilligung nach einheitlichen und transparenten Maßstäben nicht gewährleistet.

Teilweise wurden Leistungsbezüge für die Wahrnehmung von Funktionen gewährt, die in den Grundordnungen nicht geregelt waren.

An zwei Hochschulen für angewandte Wissenschaften kam die Gewährung von Leistungsbezügen regelmäßigen Besoldungsanpassungen für den weit überwiegenden Teil der Professoren gleich. Dies widersprach den gesetzlichen Vorgaben sowie den Grundsätzen einer leistungsorientierten Bezahlung. Eine der Hochschulen umging zudem einen gesetzlich vorgesehenen Anrechnungstatbestand, indem sie die Leistungsbezüge rechtswidrig und ohne Antrag der Professoren erhöhte.

Bei den Leistungsbezügen, die anlässlich von Berufungen gezahlt wurden, war nicht erkennbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt waren.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) die Grundordnungen entsprechend den rechtlichen Vorgaben zur Gewährung von besonderen Leistungsbezügen zu ergänzen und zu konkretisieren,

b) Leistungsbezüge für Funktionen oder die Wahrnehmung besonderer Aufgaben in der Hochschulselbstverwaltung oder der Hochschulleitung nur zu gewähren, soweit diese in den Grundordnungen geregelt sind,

c) die Praxis der Gewährung von besonderen Leistungsbezügen an den Hochschulen Kaiserslautern und Koblenz, die einer regelmäßigen Besoldungsanpassung gleichkommen, auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen,

d) die Möglichkeiten zur Rückforderung der von der Hochschule Koblenz zusätzlich gewährten Leistungsbezüge zum Ausgleich der Anrechnung von Leistungsbezügen auf die Erhöhung des Grundgehalts zu prüfen,

e) bei der Entscheidung über die Gewährung von Berufungs- und Leistungsbezügen die gesetzlichen Vorgaben zu beachten und diese nachvollziehbar zu dokumentieren.

3.2 Folgende Forderung ist nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert, über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 17/15003 S. 43):

"Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 a):
Maßgebend sind die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage, mithin des §9der Landesverordnung über Leistungsbezüge sowie Forschungs- und Lehrzulagen im Hochschulbereich (HSchulForschZulV) vom 16. Juni 2004, Gesetz- und Verordnungsblatt GVBl. 2004, S. 364; zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 22.12.2015 (GVBl. 2015, S. 461).

Danach regeln die Hochschulen in ihrer Grundordnung das konkrete Verfahren zur Gewährung von Leistungsbezügen sowie das Verfahren zur Gewährung von Forschungs- und Lehrzulagen. Sie legen dabei auch die Kriterien zur Bewertung der individuellen Leistung fest und berücksichtigen dabei das jeweilige Profil der Hochschule und ihre Entwicklungsziele. Die Hochschulen können in ihrer Grundordnung festlegen, dass Leistungsbezüge nach § 4 nur auf Antrag gewährt werden.

Die vorliegenden Grundordnungen der Hochschulen enthalten sowohl formelle Verfahrensregelungen im Hinblick auf die Gewährung von Leistungsbezügen als auch Kriterien, anhand derer die individuellen Leistungen bewertet werden können.

Aus § 9 HSchulForschZulV ergibt sich indes nicht, dass auch materielle Verfahrensregelungen, wie z. B. ein wissenschaftsadäquates Verfahren zur individuellen Leistungsbemessung oder ein Bewertungssystem, in der Grundordnung zu regeln sind. Dies entspricht auch nicht dem Ziel des Verordnungsgebers.

Aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 Grundgesetz (GG – Wissenschaftsfreiheit) folgt für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) das Recht auf eine sachkundige Leistungsbewertung (vgl. BVerfG –1 BvR 3389/08; BVerwGE 95, 237). Dies erfordert, dass bei der Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens und des Bewertungssystems gewährleistet sein muss, dass der zur sachkundigen Bewertung erforderliche fachwissenschaftliche Sachverstand maßgeblich Berücksichtigung bei der Bewertungsentscheidung findet (vgl. BVerwGE 95, 237, 244 f. zum Habilitationsverfahren). Zur wissenschaftsadäquaten Beurteilung wissenschaftlicher Leistung führt das BVerfG in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2004 – 1 BvR 911/00 näher aus, dass für die Sicherung wissenschaftsadäquater Evaluationskriterien und zur Vermeidung wissenschaftsinadäquater Steuerungspotentiale eine angemessene Beteiligung der Vertreter der Wissenschaft im Verfahren der Festlegung der Kriterien unabdingbar sei. Dabei sei auch darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Kriterien in den verschiedenen Disziplinen unterschiedlich sein können und ggf. auch sein müssen. Außerdem – so das BVerfG a. a. O. weiter – seien disziplinübergreifende Unterschiede in Rechnung zu stellen, etwa hinsichtlich einer abstrakt-theoretischen Grundlagenforschung mit ggf. ungewissem langfristigem Ertrag ggü. einer kurzfristig ausgerichteten anwendungs- und nachfrageorientierten wissenschaftlichen Tätigkeit.

Das Entwickeln eines der Wissenschaftsfreiheit hinreichend Rechnung tragenden materiellen Verfahrens liegt allein in der autonomen Verantwortung der Hochschulen. Ein Fachressort ist weder in der Lage zu beurteilen, welche Verfahren zur Leistungsbeurteilung wissenschaftsadäquat sind, noch kann es selbst eine solche Bewertungen ohne Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vornehmen.

Vor diesem Hintergrund wurde in § 9 HSchulForschZulV ausschließlich die Ermächtigung und die Pflicht zur Regelung des förmlichen „Vergabeverfahrens“ (Verfahren zur Gewährung) und der Kriterien im Sinne des § 4 Abs. 2 HSchulForschZulV in der jeweiligen Grundordnung normiert. Vorgaben zu einem wissenschaftsadäquat ausgestalteten Bewertungsverfahren, mithin materielle Vorgaben, sind in der Grundordnung daher nicht vorgesehen.

Insoweit sind die Voraussetzungen für die Gewährung von besonderen Leistungsbezügen in den Grundordnungen der Hochschulen entsprechend den rechtlichen Vorgaben umgesetzt und nicht zu beanstanden.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 b):
Das MWWK und die betroffenen Hochschulen (es handelt sich um die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und die Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (HWG)) haben sich der Auffassung des Rechnungshofes angeschlossen und werden dieser durch entsprechende Änderungen der Grundordnungen Rechnung tragen. Die Prüfung einer möglichen Rückforderung dauert an.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 c):
In enger Zusammenarbeit mit allen Hochschulen wurden Handreichungen entwickelt, die eine rechtskonforme Anwendung der Gewährung von besonderen Leistungsbezügen an den Hochschulen sicherstellen.

An der Hochschule Koblenz wird auf der Grundlage dieser Handreichungen ein neues Konzept für die Gewährung von Leistungsbezügen an Professorinnen und Professoren erarbeitet.

Die Vergabepraxis der Hochschule Kaiserslautern orientiert sich an einem Stufenmodell. Leistungsbezüge werden dabei allerdings nicht automatisch gewährt, sondern es erfolgt zu den im Stufenmodell angegebenen Zeitpunkten eine individuelle Leistungsbeurteilung. Maßstab für diese Leistungsbeurteilung war jeweils eine individuelle Zielvereinbarung.

Zu Ziffer 3.2i.V.m. Ziffer 3.1 d):
Die Landesregierung teilt die Einschätzung, dass die antragslose Gewährung von besonderen Leistungsbezügen ohne vorausgehende individuelle Prüfung der Leistungen der Professorinnen und Professoren rechtswidrig war.

Daher wurde der Hochschule Koblenz aufgegeben, in sämtlichen Fällen eine Rücknahme zu prüfen und das Ergebnis dem Fachressort vorzulegen. Die Hochschule Koblenz hat sämtliche beanstandeten Fälle und solche, bei denen gleichermaßen vorgegangen wurde, individuell geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei keiner Professorin und keinem Professor eine Rücknahme in Betracht kommt. Bei der jeweiligen Ermessensentscheidung nach § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) i. V .m. § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) wurde berücksichtigt, dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme der Leistungsbezüge nicht besteht, wenn eine nachträgliche individuelle Leistungsbewertung zu dem Ergebnis kommt, dass Leistungsbezüge hätten rechtmäßig vergeben werden können. Diese Ermessensentscheidungen sind aus Sicht des Fachressorts nicht zu beanstanden.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 e):
Den Hochschulen wurde aufgegeben, ihren Dokumentationspflichten nachzukommen."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.1 a:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die Grundordnungen entsprechend den rechtlichen Vorgaben zur Gewährung von besonderen Leistungsbezügen zu ergänzen und zu konkretisieren, merkt der Rechnungshof an:

Nach den derzeitigen Regelungen in den Grundordnungen ist der gesetzlich gebotene Leistungsvergleich nur schwer möglich und eine Gewährung von Leistungsbezügen nach einheitlichen, transparenten Maßstäben nicht sichergestellt. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat im Beantwortungsverfahren deshalb zugesagt, die Regelun­gen über die Gewährung von Leistungsbezügen für besondere Leistungen entsprechend den Anmerkungen des Rechnungshofs in der Grundordnung zu ergänzen und zu konkretisieren. Die Technische Universität Kaiserslautern hat auf die systematische Aufarbeitung des gesamten Verfahrens verwiesen. Die Hochschulen Ludwigshafen und Koblenz haben angekündigt, die Feststellungen des Rechnungshofs zum Anlass zu nehmen, die Grundordnung zu überarbeiten bzw. das Verfahren zur Gewährung besonderer Leistungsbezüge zu überprüfen. Lediglich die Universität Koblenz-Landau sowie die Hochschulen Kaiserslautern und Trier haben erklärt, sie sähen keinen Handlungsbedarf.

Zu Ziffer 3.1 c:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die Praxis der Gewährung von besonderen Leistungsbezügen an den Hochschulen Kaiserslautern und Koblenz, die einer regelmäßigen Besoldungsanpassung gleichkommen, auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, weist der Rechnungshof darauf hin, dass besondere Leistungsbezüge nur für erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen gewährt werden dürfen. Den gesetzlichen Vorgaben widerspricht es, wenn bis auf wenige Ausnahmen alle Professoren die­ser Hochschule besondere Leistungsbezüge erhalten. Die Gewährungspraxis ist daher rechtswidrig.

Zu Ziffer 3.1 d:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die Möglichkeiten zur Rückforderung der von der Hochschule Koblenz zusätzlich gewährten Leistungsbezüge zum Ausgleich der Anrechnung von Leistungsbezügen auf die Erhöhung des Grundgehalts zu prüfen, weist der Rechnungshof darauf hin, dass eine Rückforderung nur dann ausgeschlossen ist, wenn sich die begünstigten Professoren zu Recht auf Vertrauensschutz berufen können. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Auf den Vertrauensschutz können sich die Begünstigten nicht berufen, wenn sie die Rechtswidrigkeit der Gewährung kannten oder kennen mussten. Da die Mehrzahl der Professoren bereits in der Vergangenheit besondere Leistungsbezüge auf der Grundlage ihrer Anträge erhalten hatte, war Ihnen das Erfordernis der Antragstellung bekannt. Das Antragserfordernis ist zudem explizit in der öffentlich bekannt gemachten Teilgrundordnung der Hochschule geregelt.

Eine konkrete Prüfung, dass die Leistungsbezüge in allen Fällen aufgrund von individuellen Leistungsbewertungen und -vergleichen nachträglich rechtmäßig hätten gewährt werden können, liegt dem Rechnungshof bislang nicht vor.

Zu Ziffer 3.1 e:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, bei der Entscheidung über die Gewährung von Berufungs- und Leistungsbezügen die gesetzlichen Vorgaben zu beachten und diese nachvollziehbar zu dokumentieren, bemerkt der Rechnungshof, dass die Dokumentation der Entscheidungen allein nicht ausreichend ist. Es muss auch nach­vollziehbar sein, dass und wie die gesetzlichen Voraussetzungen bei der Entscheidung über die Gewährung berücksichtigt wurden. Der Rechnungshof geht davon aus, dass das Fachressort auch da­rauf hinwirkt, dass bei künftigen Entscheidungen über die Gewäh­rung von Berufungs-Leistungsbezügen die Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Ermessenskriterien sichergestellt wird.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/1075 S. 15).

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) sich das zuständige Ministerium und die betroffenen Hochschulen der Rechtsauffassung des Rechnungshofs zur Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen angeschlossen haben und dieser durch entsprechende Änderungen in der Grundordnung Rechnung tragen werden,

b) die Hochschule Koblenz auf der Grundlage der neu entwickelten Handreichung des Ministeriums ein Konzept für die Gewährung von Leistungsbezügen erarbeitet,

c) den Hochschulen aufgegeben wurde, ihren Dokumentationspflichten hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei der Gewährung von Berufungs-Leistungsbezügen nachzukommen.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

darauf hinzuwirken, dass

a) alle Hochschulen ihre Grundordnungen entsprechend den formalen rechtlichen Vorgaben zur Gewährung von besonderen Leistungsbezügen ergänzen und konkretisieren,

b) auch die Hochschule Kaiserslautern besondere Leistungsbezüge künftig auf der Grundlage der Handreichung des Ministeriums gewährt,

c) an der Hochschule Koblenz die Einstellung der Zahlungen und eine Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungsbezüge unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben erneut geprüft werden

und über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2021 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/2128 S. 21):

"Zu Buchstabe a):
Allen Hochschulen des Landes liegen die gemeinsam erarbeiteten Handreichungen zu den besonderen Leistungsbezügen vor. Diese wurden auch in der Landespräsidentenkonferenz so besprochen und verabschiedet. Aktuell ändern die Hochschulen aufgrund der Änderung des Hochschulgesetzes ihre Grundordnungen und damit auch die Regelungen zu den besonderen Leistungsbezügen. Dabei orientieren sie sich an den Hinweisen in den Handreichungen.

Die ersten Ordnungen wurden bereits eingereicht und befinden sich im Genehmigungsverfahren (bspw. Hochschule Koblenz, Hochschule Ludwigshafen, Johannes Gutenberg-Universität Mainz). Die Hochschule Kaiserslautern überarbeitet aktuell in formaler Hinsicht ihre rechtliche Regelung für die Gewährung besonderer Leistungsbezüge. Mit der Universität Koblenz-Landau und der Hochschule Trier befindet sich das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit (MWG) im Gespräch, ob und welche Anpassungen vorzunehmen sind.

Zu Buchstabe b):
In gemeinsamen Gesprächen des MWG mit der Hochschule Kaiserslautern wurde die bisherige Gewährungspraxis der Hochschule kritisch beleuchtet und unter Zugrundelegung der mit den Hochschulen gemeinsam erarbeiteten Handreichungen überarbeitet. Insbesondere wurde mit der Hochschule besprochen, dass bei der Vergabe der Leistungsbezüge auf die individuellen Leistungen jeder einzelnen Professorin und jedes einzelnen Professors abgestellt werden müsse und nicht aufgrund gleichlautender Zielvereinbarungen Leistungsbezüge vergeben werden können.

Die Hochschule Kaiserslautern wird künftig ihre Gewährungspraxis an den Handreichungen des MWG orientieren. Darüber hinaus wird die Grundordnung der Hochschule zeitnah überarbeitet werden.

Zu Buchstabe c):
Die Hochschule Koblenz hat 67 Professorinnen und Professoren antragslos und ohne vorausgehende individuelle Prüfungen der Leistungen einen besonderen Leistungsbezug gewährt. Diese Bewilligungen waren auch nach Ansicht der Landesregierung rechtswidrig, weil sie ermessensfehlerhaft erfolgt sind. Eine individuelle Leistungsbeurteilung hatte nicht stattgefunden. Insofern wurde der Hochschule Koblenz aufgegeben, die Rücknahme der Bewilligungen zu prüfen.

Im Rahmen der Rücknahmeprüfung nach § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) ist zu prüfen, ob die Bewilligung formell und/oder materiell rechtswidrig war und ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bewilligung bestand. Die Rücknahmeprüfung endet aber nicht bei Prüfung des schutzwürdigen Vertrauens. Auch die Rücknahmeentscheidung selbst ist eine Ermessensentscheidung der Hochschule. Selbst bei fehlendem schutzwürdigen Vertrauen, z. B. weil die Professorinnen und Professoren die Rechtswidrigkeit der Gewährung hätten kennen müssen, kann die Rücknahme ausgeschlossen sein und den Begünstigten der Vorteil belassen werden.

Im Rahmen dieser Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens ist der Zweck der Ermächtigung, also der Rücknahme nach § 48 VwVfG, zu berücksichtigen. Dieser liegt bei der Rücknahme darin, das öffentliche Interesse an der Rücknahme durchzusetzen. Ob ein öffentliches Interesse an der Rücknahme besteht und welches Gewicht dieses hat, hängt maßgeblich davon ab, inwiefern es mit den Regelungen der Leistungsbezügeverordnung und der Hochschule Koblenz vereinbar wäre, der oder dem Betroffenen die bereits erfolgte Bewilligung zu belassen. Folglich wäre es ermessensfehlerhaft, eine Bewilligung ausschließlich deshalb zurückzunehmen, weil diese, wie in den Fällen der Hochschule Koblenz, ermessensfehlerhaft, also ohne individuelle Prüfung der Leistungen, erfolgt war. Die Hochschule muss im Rahmen der Entscheidung über die Rücknahme vielmehr eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nachholen, also prüfen, ob eine Bewilligung hätte rechtmäßig ergehen können, weil die Professorinnen und Professoren die entsprechenden Leistungen erbracht haben. Sofern ein solcher Fall vorliegt, kann alleine aus diesem Grund von der Rücknahme abgesehen werden, unabhängig davon, ob ein schutzwürdiges Vertrauen vorliegt oder nicht.

Die Hochschule Koblenz ist aufgrund der individuellen Bewertung des Leistungsbildes der einzelnen Professorinnen und Professoren zu dem Ergebnis gekommen, dass in sämtlichen 67 Fällen Leistungsbezüge rechtmäßig hätten bewilligt werden können."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Buchstabe c:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass an der Hochschule Koblenz die Einstellung der Zahlungen und eine Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungsbezüge unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben erneut geprüft werden, merkt der Rechnungshof das Folgende an:

Nach der Grundordnung der Hochschule Koblenz setzt die Gewährung von Leistungsbezügen zwingend einen Antrag der jeweiligen Hochschullehrerin bzw. des jeweiligen Hochschullehrers voraus. In diesem hat die Professorin bzw. der Professor das Erbringen von besonderen Leistungen darzulegen. Ohne die Informationen zu seinen Leistungen fehlt der Hochschullei­tung die Grundlage für die Entscheidung über die Leistungsbezüge.

Dieses Antragserfordernis war den Professorinnen und Professoren regelmäßig aus früheren Bewilligungen bekannt. Schon deshalb kön­nen sich die begünstigten Professorinnen und Professoren nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bewilligung der Leis­tungsbezüge berufen.

Das fehlende schutzwürdige Vertrauen hat zur Folge, dass das Ermes­sen der Hochschule Koblenz hinsichtlich der Rücknahme der Bewilli­gungen reduziert ist. Es besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Rück­nahme der rechtswidrigen Bewilligungen. Zum Vorliegen atypischer Fälle, die in Einzelfällen eine Ausnahme begründen könnten, hat die Landesregierung nichts vorgetragen.

Der Rechnungshof weist ergänzend darauf hin, dass die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres nach Kenntnisnahme der Rechtswidrigkeit der Bewilligung zulässig ist. Wäre die gesetzliche Frist ohne die gebo­tene Rücknahme verstrichen, so wären Haftungsansprüche des Lan­des zu prüfen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 15):

"Die Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die Hochschule Koblenz in allen 67 vom Rechnungshof beanstandeten Fällen das Prüfungsergebnis bezüglich der Rücknahme der rechtswidrigen Leistungsbezüge unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben differenziert und nachvollziehbar darlegt."

Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 22)

"Die Hochschule Koblenz hat sämtliche Professorinnen und Professoren individuell an den Leistungskriterien Forschung, Lehre und akademische Selbstverwaltung geprüft, begründet und das Ergebnis dokumentiert. Die entsprechenden Dokumente wurden dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit vorgelegt. Die Begründungen der Prüfungsergebnisse sind in den 67 Fällen plausibel und nachvollziehbar."

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/6307 S. 32):

"Zwischenzeitlich wurden auch die Grundordnungen bzw. Teilgrundordnungen über die Gewährung von Leistungsbezügen sowie Forschungs- und Lehrzulagen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität Koblenz, der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern entlang der Handreichungen und unter Berücksichtigung der Anmerkungen des Rechnungshofs überarbeitet und genehmigt.

Die Prüfungsergebnisse des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit für alle 67 vom Rechnungshof beanstandeten Fälle an der Hochschule Koblenz sind dem Rechnungshof zugesandt worden."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Der Landtag hatte die Landesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die Hochschule Koblenz in allen 67 vom Rechnungshof beanstandeten Fällen das Prüfungsergebnis bezüglich der Rücknahme der rechtswidrigen Leistungsbezüge unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben differenziert und nachvollziehbar darlegt.

Hierzu hatte die Landesregierung erklärt, die Hochschule habe sämtliche Professorinnen und Professoren individuell an den Leistungskriterien Forschung, Lehre und akademische Selbstverwaltung geprüft, dies begründet und das Ergebnis dokumentiert. Die entsprechenden Dokumente seien dem Ministerium vorgelegt worden.

Der Rechnungshof hat die von der Hochschule dem Ministerium vorgelegten Dokumente summarisch geprüft:

Die Hochschule hat lediglich Übersichten mit Leistungskriterien und eine Auflistung von Tätigkeiten oder Mitgliedschaften für jede begünstigte Professorin bzw. jeden begünstigten Professor vorgelegt, um damit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungsbezüge im Nachhinein zu bestätigen. Inwieweit in jedem Einzelfall die Voraussetzungen für die Rücknahme der rechtswidrigen Gewährung der Leistungsbezüge geprüft wurden und welche Ermessenserwägungen hierbei berücksichtigt worden sind, ist aus den vorgelegten Listen nicht erkennbar.

Im Übrigen setzt die Gewährung von Leistungsbezügen zwingend einen vorherigen Antrag der jeweiligen Professorinnen und Professoren voraus. Dieses Antragserfordernis war den Betroffenen in der Regel auch bekannt. Aus den vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Betroffenen im Nachgang einen Antrag auf Gewährung von Leistungsbezügen gestellt haben. Nach den Vorgaben der Grundordnung hätten sie darin ihre Leistungen konkret darlegen müssen. Fehlt ein solcher Antrag auf Bewilligung von Leistungsbezügen, können sich die Betroffenen nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, das einer Rückforderung entgegenstehen könnte. Das fehlende schutzwürdige Vertrauen hat zur Folge, dass das Ermessen der Hochschule grundsätzlich reduziert ist. Sie ist in diesen Fällen prinzipiell zur Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungen verpflichtet. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur in atypischen Sonderfällen gegeben. Zum Vorliegen atypischer Fälle hat weder das Ministerium noch die Hochschule etwas ausgeführt. Eine entsprechende Prüfung und Dokumentation der die Entscheidung tragenden Gründe ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.

Im Übrigen ist die in den vorgelegten Dokumenten enthaltene bloße Auflistung von Tätigkeiten und Mitgliedschaften der Professorinnen und Professoren nicht ausreichend. Es kann auf dieser Grundlage nicht beurteilt werden, ob diese überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben. Ob und wie eine Vergleichsgruppe bestimmt und der erforderliche Leistungsdurchschnitt ermittelt wurde, geht aus den vorgelegten Unterlagen ebenfalls nicht hervor.

Der Rechnungshof hält daher an seiner Auffassung fest, dass die Bewilligungen der Leistungsbezüge, die auch nach Auffassung des Ministeriums rechtswidrig waren, grundsätzlich zurückzunehmen sind.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S. 16):

"Es wird zur Kenntnis genommen, dass der Rechnungshof die Auffassung der Landesregierung, die Begründungen der Prüfungsergebnisse seien in den 67 Fällen plausibel und nachvollziehbar, nicht teilt. Der Rechnungshof hält auch weiterhin eine Rücknahme der unstreitig rechtswidrig gewährten Leistungsbezüge grundsätzlich für geboten, sofern kein atypischer Sonderfall vorliegt. Hierzu hat die Landesregierung nichts vorgetragen."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.