Jahresbericht 2023, Nr. 5 - Mittelbare Beteiligung des Landes an der Messe Pirmasens GmbH
- trotz fehlenden Landesinteresses und dauerhafter Defizite Beteiligung fortgeführt -
Wesentliches Ergebnis der Prüfung
Für die Beteiligung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz A. ö. R. an der Messe Pirmasens GmbH fehlte ein wichtiges Landesinteresse. Der von der Landesregierung im Jahr 2008 in Aussicht gestellte Ausstieg aus der GmbH wurde trotz langjähriger Verhandlungen bisher nicht vollzogen. Seither hat sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft weiter verschlechtert. Eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses wurde nicht geprüft.
Die Messe Pirmasens GmbH war dauerhaft defizitär. Der Verlustvortrag 2020 von fast 7,3 Mio. € resultierte u. a. aus Überkapazitäten von Hallenflächen. Allein auf die Geschäftsjahre 2018 bis 2020 entfiel ein Gesamtfehlbetrag von 2,1 Mio. €.
Die Gesellschafter beschlossen, bei einer Bewertung der Geschäftsanteile einseitig von der Stadt Pirmasens übernommene Verluste von mehr als 3,4 Mio. € zu deren Gunsten anzurechnen. Der hierfür erforderliche Satzungsänderungsbeschluss wurde allerdings nicht rechtswirksam vollzogen.
Für das im Eigentum der Gesellschaft stehende Messegelände beschloss der Stadtrat der Stadt Pirmasens im Jahr 2018 eine neue Nutzungskonzeption. Die erforderliche Befassung der Gesellschafterversammlung sowie diesbezügliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlten.
Bedeutendste Mieterin der Messe Pirmasens GmbH ist deren Hauptgesellschafterin, die Stadt Pirmasens. Die Gesellschaft erstellte keine Mietpreiskalkulationen. Dadurch konnte die Wirtschaftlichkeit der vereinbarten Mieten nicht überprüft werden. Für die von der Stadt mietfrei genutzten Flächen wurden zudem nicht alle Betriebskosten weiterberechnet.
Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung
(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)
3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:
Der Rechnungshof hatte gefordert,
a) auf die Einhaltung der Zustimmungsvorbehalte in der Gesellschafterversammlung zu achten, das gesellschaftsrechtlich verankerte Mitbestimmungsrecht einzufordern und dieses im Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen,
b) vor grundlegenden Nutzungsänderungen die Vorlage von Wirtschaftlichkeitsberechnungen einzufordern,
c) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung umzusetzen und die Gesellschaftsverhältnisse transparent und nachvollziehbar zu regeln.
3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:
Der Rechnungshof hat gefordert,
a) auf die Erfüllung des vertraglich geschuldeten auskömmlichen Betriebskostenersatzes einschließlich der Geltendmachung auch von Ansprüchen für die Vergangenheit und die Erstellung von Mietpreiskalkulationen hinzuwirken,
b) bei einer dauerhaft angestrebten Nutzung zu anderen als Messezwecken auf eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags hinzuwirken,
c) auf eine Prüfung alternativer Nutzungsmöglichkeiten der Flächen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und auf eine Prüfung zumindest der Übernahme der von der Stadt Pirmasens genutzten Flächen hinzuwirken,
d) im Zuge weiterer Verkaufsverhandlungen die Defizite aus der überwiegend kommunalen Nutzung und aus den von der Stadt eingebrachten Überkapazitäten angemessen zu berücksichtigen,
e) zeitnah den Ausstieg aus der MPG zu vollziehen und auf eine Übernahme der Geschäftsanteile der ISB - idealerweise mit Besserungsschein - durch die Stadt Pirmasens im Verhandlungswege hinzuwirken oder andernfalls eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu prüfen.
Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/6307 S. 3):
"Der Vorstand der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) hat unverzüglich anlässlich der Prüfung durch den Rechnungshof die Verkaufsverhandlungen mit der Stadt Pirmasens wiederaufgenommen. Mittlerweile liegt ein zwischen der ISB und der Stadt Pirmasens endverhandelter Vertragsentwurf zur Übernahme der Geschäftsanteile an der Messe Pirmasens GmbH vor. Der Verwaltungsrat der ISB hat in seiner Sitzung vom 27. März 2023 einer Veräußerung der Anteile zugestimmt. Mit Schreiben gleichen Datums wurde der Rechnungshof gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Landeshaushaltsordnung über den geplanten Verkauf unterrichtet. Gemäß Auskunft der Stadt Pirmasens soll der Stadtrat von Pirmasens noch im Laufe des zweiten Quartals 2023 über den Kauf der Geschäftsanteile beschließen.
Zu Ziffer 3.2 a), b) und c):
Im Falle des Verkaufs der Gesellschaftsanteile erübrigen sich diese Punkte. Sollte wider Erwarten ein Verkauf doch noch scheitern, wird zugesagt, auf die geforderten Prüfungen bzw. eine entsprechende Anpassung des Gesellschaftsvertrags hinzuwirken.
Zu Ziffer 3.2 d):
Die Defizite aus der überwiegend kommunalen Nutzung sowie aus den von der Stadt Pirmasens eingebrachten Überkapazitäten wurden neben anderen preisbildenden Faktoren bei den Verkaufsverhandlungen bestmöglich im Rahmen einer Gesamtlösung berücksichtigt.
Zu Ziffer 3.2 e):
Der Vertragsentwurf inkludiert einen Besserungsschein."
Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.
Zu Ziffer 3.2 e:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, zeitnah den Ausstieg aus der MPG zu vollziehen und auf eine Übernahme der Geschäftsanteile der ISB - idealerweise mit Besserungsschein - durch die Stadt Pirmasens im Verhandlungswege hinzuwirken oder andernfalls eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu prüfen, merkt der Rechnungshof an:
Der Stadtrat hat am 24. April 2023 den Erwerb der Geschäftsanteile der ISB beschlossen. Nun muss noch die Aufsichtsbehörde zustimmen. Der Rechnungshof wurde gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Landeshaushaltsordnung über den geplanten Verkauf unterrichtet.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S. 5 ):
"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Defizite aus der überwiegend kommunalen Nutzung sowie aus den von der Stadt Pirmasens eingebrachten Überkapazitäten nach Angabe der Landesregierung neben anderen preisbildenden Faktoren bei den Verkaufsverhandlungen bestmöglich im Rahmen einer Gesamtlösung berücksichtigt worden seien.
Die Landesregierung wird aufgefordert, über den Verkauf der Geschäftsanteile der ISB an der MPG weiter zu berichten.
Für den Fall des Scheiterns eines Verkaufs der Beteiligung wird die Landesregierung aufgefordert,
a) auf die Prüfung einer Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses hinzuwirken,
b) über die ISB auf die Erfüllung des vertraglich geschuldeten auskömmlichen Betriebskostenersatzes einschließlich der Geltendmachung auch von Ansprüchen für die Vergangenheit und die Erstellung von Mietpreiskalkulationen hinzuwirken,
c) auf eine Prüfung alternativer Nutzungsmöglichkeiten der Flächen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und auf eine Prüfung zumindest der Übernahme der von der Stadt Pirmasens genutzten Flächen hinzuwirken,
d) bei einer dauerhaft angestrebten Nutzung zu anderen als Messezwecken auf eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags hinzuwirken sowie
über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu a) bis d) zu berichten."
Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.
Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 3):
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12. Oktober 2023 wurden die Geschäftsanteile der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz A.ö.R. an der Messe Pirmasens GmbH an die Stadt Pirmasens verkauft.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Angelegenheit im Rahmen des Entlastungsverfahrens für erledigt zu erklären (Drucksache 18/10344 S. 21).
Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.