Jahresbericht 2022, Nr. 11 - Staatstheater Mainz GmbH
- für einen krisenfesten Haushalt: Schulden tilgen, Zinsrisiken begrenzen -
Wesentliches Ergebnis der Prüfung
Die vom Land geförderte Staatstheater Mainz GmbH verfügte über 4,4 Mio. € Eigenkapital, das sie im Wesentlichen aus Überschüssen gebildet hatte. Dieses war bislang nicht zu einer Verminderung der Zuschüsse genutzt worden. Das Zuwendungsverfahren wies erhebliche Mängel auf. Insbesondere fehlten erforderliche Verwendungsnachweise sowie die Veröffentlichung einer Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft im Haushaltsplan des Landes.
Den Entscheidungen des Aufsichtsrats im März 2020 zur langfristigen Anmietung des heutigen Restaurants „Zum grünen Kakadu“, ehemals „Haus des Deutschen Weines“, sowie zur Übernahme der Theatergastronomie lagen überholte Planzahlen zugrunde. Aktualisierte Zahlen hätten statt zu einem erwarteten Gesamtgewinn bis zum Geschäftsjahr 2022/23 zu einem Gesamtverlust von 0,3 Mio. € geführt. Mittelfristig ist mit weiteren Defiziten zu rechnen.
Für das Geschäftsjahr 2020/21 hatte die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat keinen Wirtschaftsplan für den Gastronomiebetrieb zur Beschlussfassung vorgelegt.
Weder für den gesamten Gastronomiebetrieb noch für Teilbereiche war geprüft worden, ob der (weitere) Betrieb in privater Hand möglich ist. Für den Betrieb des Restaurants „Zum grünen Kakadu“ fehlte das erforderliche wichtige Landesinteresse. Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung gehen über den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Gegenstand des Unternehmens hinaus.
Die Wirtschaftlichkeit des Gastronomiebetriebs wurde nicht hinreichend geprüft. Bei dauerhaften Zuschüssen an die Gastronomie ist die Gemeinnützigkeit des Theaterbetriebs gefährdet. Die Trennungsrechnung ermöglichte noch keine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten von Theaterbetrieb und Gastronomie.
Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung
Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/3200 S.15):
"Zu Ziffer 3.2 a):
Ungeachtet der Klärung der Fragen, welchem Rechtskreis die Theaterfinanzierung zuzuordnen ist und welche Folgerungen hieraus für die Verwendung von Jahresüberschüssen zu ziehen sind, berücksichtigt das Land als Zuschussgeber bei der Bemessung seiner Leistungen natürlich auch die jeweilige Vermögenslage des Unternehmens.
In welcher Größenordnung das Unternehmen Liquidität zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung Vorhalten sollte, wird derzeit durch einen Wirtschaftsprüfer bewertet.
Allerdings wurden bereits bei der Finanzplanung ab der Spielzeit 2021/2022 vorhandene liquide Mittel zuschussmindernd berücksichtigt. Im Wirtschaftsplan ist zur Deckung der nicht durch eigene Erträge gedeckten Betriebskosten eine „Finanzierung aus Rücklagen und Einsparungen“ von 2,063 Mio. EUR vorgesehen. Die Planung erfolgte unter der Annahme, dass die Wiederaufnahme des vollen Spielbetriebs bei gleichzeitig weiterhin reduzierter Zulassung von Publikum den Zuwendungsbedarf über das übliche Maß erhöht. Der eingeplante Fehlbedarf und demnach auch die bewilligten Betriebskostenzuschüsse wurden entsprechend gemindert.
Diese Prämisse liegt auch der aktuellen Finanzplanüng zugrunde. Erhebliche zu erwartende Kostensteigerungen und Investitionen sollen zumindest teilweise durch Rücklagenentnahmen finanziert werden, was sich entsprechend zuschussmindernd auswirkt. Dies betrifft beispielsweise die prognostizierte Steigerung von Personalkosten (Festlegung deutlich höherer Mindestgagen durch den Deutschen Bühnenverein, Anhebung des Mindestlohns auf 12 EUR für Aushilfskräfte) und Sachkosten (z. B. Energie- und Rohstoffkosten, EDV-Ausstattung - Homeoffice), aber auch Investitionen zur Fortsetzung der Erneuerung der Scheinwerfertechnik auf eine zeitgemäße und energiesparende LED-Technik.
Der am 17. März 2022 beschlossene Wirtschaftsplan für die Spielzeit 2022/2023 wie auch die mittelfristige Finanzplanung basieren deshalb auf steten Rücklagenentnahmen zur Deckung des steigenden Finanzierungsbedarfs. Dadurch wird die Erhöhung der Zuschüsse deutlich abgemildert.
Die geplanten Rücklagenentnahmen sollen jedoch nicht zu einer Reduzierung der Rücklagen auf null führen. Die Landesregierung hat bereits in früheren Stellungnahmen ausgeführt, dass sie dies für untunlich hält, weil die Liquidität der Staatstheater Mainz GmbH stets gewährleistet sein muss. Vor diesem Hintergrund wird die künftige Finanzplanung auch die noch ausstehenden Ergebnisse der Expertise zum Liquiditätsbedarf zu berücksichtigen haben.
Zu Ziffer 3.2 b):
Als Zuschussgeber vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass die Betriebskostenzuschüsse zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der zwischen dem Land und der Stadt Mainz getroffenen Finanzierungsvereinbarung (Theatervertrag) geleistet werden.
Die Forderung des Rechnungshofs aufgreifend, ist die Landesregierung mit der Stadt Mainz in Gespräche darüber eingetreten, den Theatervertrag hinsichtlich einer Konkretisierung der Bezuschussungsgrundlage sowie gegebenenfalls weiterer Modalitäten zu überarbeiten.
Zu Ziffer 3.2 c) und d):
Die Geschäftsleitung der Staatstheater Mainz GmbH hat auch auf Bitten der von den zuständigen Ressorts der Landesregierung entsandten Aufsichtsratsmitgliedern diverse Prüfungen betreffend den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Gastronomie veranlasst.
Das Finanzamt hat die Erteilung einer verbindlichen Auskunft betreffend die Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit des Zweckbetriebs abgelehnt. Die Entscheidung über den hiergegen erhobenen Einspruch steht noch aus.
Unverbindlich hat das Finanzamt allerdings auf die aktuell bestehenden Risiken hingewiesen, weil derzeit nicht absehbar ist, ob und inwieweit der wirtschaftliche Erfolg der Gastronomie in Zukunft pandemiebedingt beeinträchtigt sein wird. Hinzu kommt, dass nicht absehbar ist, ob die seit 2021 im Gemeinnützigkeitsrecht für den Ausgleich pandemiebedingter Verluste wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe geltende steuerliche Erleichterung über das Jahr 2022 hinaus gelten wird.
Vor diesem Hintergrund hält die vom Unternehmen konsultierte Steuerberatungsgesellschaft nicht mehr an ihrer ursprünglichen Empfehlung fest, den Gastronomiebetrieb als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu führen, und schlägt nunmehr die Ausgliederung des Gastronomiebetriebs in eine neu zu gründende GmbH vor. Die Geschäftsleitung hat dem Aufsichtsrat anlässlich seiner 134. Sitzung mitgeteilt, dass sie diese Option grundsätzlich in Betracht zieht. Sie wurde gebeten, die damit zusammenhängenden Fragen, wie z. B. die Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells, beihilfe- und gemeinnützigkeitsrechtliche Fragestellungen sowie ggf. auch eine Teilprivatisierung der GmbH extern bewerten zu lassen.
Unabhängig davon sind die sich aktuell stellenden beihilferechtlichen Fragestellungen aufgegriffen worden. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat den im November 2021 erteilten Auftrag zur Jahresabschlussprüfung 2020/2021 und zur Prüfung des Lageberichts 2020/2021 um den Prüfungsstandard IDW PS 700 erweitert. Aus organisatorischen Gründen wird die Prüfung unabhängig von der Jahresabschlussprüfung erfolgen. Das Ergebnis wird zeitnah erwartet.
Zur Klarstellung, dass die Gesellschafter, die auch bisher eng in die Entscheidungsprozesse eingebunden waren, von der satzungsrechtlichen Konformität des Gastronomiebetriebs ausgehen, hat die Gesellschafterversammlung in ihrer Sitzung am 17. März 2022 folgenden Beschluss gefasst:
„Die Gesellschafterversammlung billigt die Aufnahme des Geschäftszweigs Gastronomie durch die Staatstheater Mainz GmbH. Die Ankündigung der Geschäftsführung, anhand der bisher gewonnenen Erkenntnisse und Möglichkeiten die Fortführung der Gastronomie in Form einer (Tochter-) GmbH zu prüfen, wird begrüßt.“
Zu Ziffer 3.2 e):
Eine regelmäßige Kontrolle des Geschäftsbereichs Gastronomie findet aktuell auch im Rahmen der Prüfung der Rechnungslegung statt. Inwieweit und mit welchen Maßgaben eine grundsätzliche Evaluierung erfolgen soll, könnte im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten des (geänderten) Geschäftsmodells festgelegt werden.
Zu Ziffer 3.2 f) i. V. m. Ziffer 3.1 a):
Die Unternehmensleitung ist der Aufforderung nachgekommen, die Wirtschaftspläne aussagekräftiger zu gestalten. Die Wirtschaftspläne für den ideellen Bereich (Theaterbetrieb) werden ab dem Geschäftsjahr 2022/2023 separat erstellt. Die Zahl der Aufsichtsratssitzungen ist auf vier Sitzungen p. a. erhöht worden. Eine Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat ist in Abstimmung. Aktualisierte Expertisen werden insbesondere mit Blick auf die mögliche Umgestaltung des Geschäftsbereichs Gastronomie eingeholt.
Zu Ziffer 3.2 f) i. V. m. Ziffer 3.1 b) bis d):
Vgl. Ausführungen zu Ziffer 3.2 c) und d).
Zu Ziffer 3.2 f) i. V. m. Ziffer 3.1 e):
Die Geschäftsführung hat unter Beachtung des Beihilferechts eine Trennungsrechnung für die Geschäftsjahre 2019/2020 und 2020/2021 erstellt. Die Trennungsrechnung für das Geschäftsjahr 2020/2021 wird ebenfalls extern geprüft."
Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.
Zu Ziffer 3.2 a:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, zu viel gezahlte und zweckfremd verwendete Zuwendungen zuschussmindernd zu berücksichtigen, merkt der Rechnungshof an, dass eine Fehlbedarfsfinanzierung grundsätzlich nicht zum Aufbau von Liquiditätspuffern dient. Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft kann durch andere Maßnahmen gewährleistet werden, wie etwa durch einen bedarfsorientierten Mittelabruf bis zu zwei Monate vor der zweckentsprechenden Verwendung oder durch eine Stammkapitalerhöhung. Künftige Zuschüsse sind an dem voraussichtlichen Fehlbedarf zu orientieren. Zu viel gezahlte Zuwendungen sind zurückzuzahlen.
Zu Ziffer 3.2 b:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, das Zuwendungsverfahren und den -bescheid an den haushaltsrechtlichen Bestimmungen auszurichten, insbesondere die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung zu prüfen sowie die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft im Landeshaushalt zu veröffentlichen, merkt der Rechnungshof das Folgende an:
Die haushaltsrechtlichen Maßgaben sind zu beachten. Der Rechnungshof teilt die Auffassung der Landesregierung, dass der Betriebskostenzuschuss im Hinblick auf die im Theatervertrag niedergelegte Finanzierungsvereinbarung geleistet wird. Da der Theatervertrag aber ausdrücklich der Fortführung der Staatstheater Mainz GmbH dient, deren Zweck wiederum die Förderung von Kunst und Kultur im Sinne der Abgabenordnung ist, ist auch die Zuwendung an diesen Zweck gebunden. Der Verweis im Förderbescheid auf den Aufsichtsratsbeschluss über den Wirtschaftsplan und die Zuschusshöhe beschreibt den Zuwendungszweck nicht hinreichend genau. Nach der Erweiterung des Tätigkeitsbereichs des Unternehmens auf die Gastronomie gewinnt dieser Aspekt eine besondere Bedeutung. Auf die Vorlage eines Verwendungsnachweises und dessen Prüfung durch die bewilligende Stelle kann nicht verzichtet werden. Auf dieser Grundlage ist zu prüfen, ob die Förderung für den vorgesehenen Zweck verwendet wurde. Die Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Wirtschaftsprüfer dient anderen Zwecken.
Die jährlichen Zuwendungen bedürfen der korrekten haushaltsrechtlichen Umsetzung durch ein vollständiges und ordnungsgemäßes Zuwendungsverfahren.
Zu den Ziffern 3.2 c und 3.2 d:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zu den Forderungen, eine (Teil-)Privatisierung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ umfassend zu prüfen sowie konkrete Lösungsmöglichkeiten zu den steuer- und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen aufzuzeigen und den notwendigen Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Aufnahme des Gastronomiebetriebs nachzuholen, bemerkt der Rechnungshof:
Das Nachholen des Beschlusses zur Aufnahme des Gastronomiebetriebs und die Ausführungen zu den steuer- und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen sowie zur Prüfung der Erfolgsaussichten nimmt der Rechnungshof zur Kenntnis. Vor dem Hintergrund der maßgeblichen Beteiligung des Landes an der Staatstheater Mainz GmbH ist aber auch vor Begründung einer mittelbaren Beteiligung das Landesinteresse zu berücksichtigen. Selbst wenn man dies für einzelne Teile der Gastronomie bejaht, sollte vor der Gründung einer (Tochter-) GmbH eine Prüfung der Privatisierung des gesamten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ oder alternativ einzelner Abteilungen erfolgen.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 9):
"Die Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass
a) ggf. zu viel gezahlte und zweckfremd verwendete Zuwendungen zuschussmindernd berücksichtigt werden,
b) das Zuwendungsverfahren und der -bescheid an den haushaltsrechtlichen Bestimmungen ausgerichtet werden. Dabei sind insbesondere die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung zu prüfen sowie die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft im Landeshaushalt zu veröffentlichen,
c) eine vollständige oder Teilprivatisierung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ umfassend geprüft wird,
d) für den Fall einer ganz oder teilweisen Fortführung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ durch die Staatstheater Mainz GmbH oder eine ggf. neu gegründete (Tochter-)GmbH die hiermit verbundenen rechtlichen Fragestellungen geprüft und die Erfolgsaussichten aufgezeigt werden sowie eine grundlegende Erfolgskontrolle (Evaluierung) angestoßen wird,
e) über den Fortgang des steuerlichen Auskunftsverfahrens berichtet und der (prognostizierte) Gesamtverlust der Gastronomie einer steuerlichen Bewertung unterzogen wird,
f) über das Ergebnis der gesonderten beihilferechtlichen Prüfung berichtet und die testierte Trennungsrechnung für das Geschäftsjahr 2020/21 vorgelegt sowie
über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu a) bis d) berichtet wird."
Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.
Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 10)
"Zu Buchstabe a):
Ungeachtet der Klärung der Fragen, welchem Rechtskreis die Theaterfinanzierung zuzuordnen ist und welche Folgerungen hieraus für die Verwendung von Jahresüberschüssen zu ziehen sind, berücksichtigt das Land als Zuschussgeber bei der Bemessung seiner Leistungen natürlich auch die jeweilige Vermögenslage des Unternehmens. Die Geschäftsführung der Staatstheater Mainz GmbH hat die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Schüllermann und Partner um eine Expertise gebeten, in welcher Größenordnung das Unternehmen Liquidität zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung vorhalten sollte. In der Beurteilung vom 6. September 2022 nehmen Schüllermann und Partner zu einer angemessenen Liquiditätsausstattung sowohl unter gemeinnützigkeitsrechtlichen als auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten Stellung. Sie kommen zu dem Schluss, „dass der durchschnittliche Finanzmittelbestand der letzten Jahre ungefähr dem unter Beachtung der Sorgfaltspflichten der Gesellschaftsorgane mindestens vorzuhaltenden Finanzmittelbestand entspricht“.
Dessen ungeachtet wurden bereits bei der Finanzplanung ab der Spielzeit 2021/2022 vorhandene liquide Mittel zuschussmindernd berücksichtigt.
Auch die aktuelle Finanzplanung stellt darauf ab, dass erhebliche zu erwartende Kostensteigerungen und Investitionen zumindest teilweise durch Rücklagenentnahmen finanziert werden sollen, was sich entsprechend zuschussmindernd auswirkt. Dadurch wird die Erhöhung der Zuschüsse deutlich abgemildert.
Die geplanten Rücklagenentnahmen sollen jedoch nicht zu einer Reduzierung der Rücklagen auf null führen. Die Landesregierung hält dies für untunlich, weil die Liquidität der Staatstheater Mainz GmbH stets gewährleistet sein muss. Diese Auffassung wird durch die eingangs angeführte Beurteilung durch Schüllermann und Partner gestützt.
Zu Buchstabe b):
Als Zuschussgeber vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass die Betriebskostenzuschüsse zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der zwischen dem Land und der Stadt Mainz getroffenen Finanzierungsvereinbarung (Theatervertrag) geleistet werden. Es handelt sich um keine Förderung. In Gesprächen, die das Land mit der Stadt Mainz führt, wird es neben der Überarbeitung des Theatervertrags auch um eine Konkretisierung des Bezuschussungsverfahrens in diesem Sinne ab dem Jahr 2023 gehen.
Zu Buchstaben c) und d):
Die Geschäftsführung der Staatstheater Mainz GmbH wurde vom Aufsichtsrat der Staatstheater Mainz GmbH in dessen 135. Sitzung gebeten, die mit dem Businessplan für die Gründung einer Betriebsgesellschaft „Gastronomie und Service“ zusammenhängenden Fragen (Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells sowie beihilfe- und gemeinnützigkeitsrechtliche Fragestellungen) extern bewerten zu lassen.
Dem Aufsichtsrat wurden in dessen 136. Sitzung am 13. September 2022 zwei Analysen der betriebswirtschaftlichen Daten und des geplanten Bewirtschaftungskonzepts vorgelegt. Sowohl die cbg Beratung Gastronomie & Hotellerie GmbH als auch die Dornbach GmbH kommen zu einer positiven Einschätzung. Der Geschäftsführung wurde in der 136. Aufsichtsratssitzung aufgegeben, eine Fachkanzlei mit der Prüfung der Beihilferechts- und Gemeinnützigkeitskonformität unter Berücksichtigung des prognostizierten Gesamtverlaufs zu beauftragen.
In seiner 137. Sitzung am 2. Dezember 2022 wurde dem Aufsichtsrat eine erste indikative Einschätzung der Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steurberatungsgesellschaft aus gemeinnützigkeitsrechtlicher und beihilferechtlicher Sicht vorgelegt. Ein ausführliches Gutachten sowie die Entwicklung einer Strategie zur Herstellung der Gemeinnützigkeits- und Beihilferechtskonformität werden als Alternative zur (Teil-)Ausgliederung der Gastronomie zeitnah erarbeitet. Der Aufsichtsrat hat in o. g. Sitzung beschlossen, eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Gesellschafter Land und Stadt sowie der Geschäftsführung der Gesellschaft zur Prozessbegleitung zu gründen. Diese wird sich Ende Januar 2023 erstmals mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Ernst & Young treffen.
Zu Buchstabe e):
Die Staatstheater Mainz GmbH hat auf Anraten der mit dem Vorgang befassten Steuerberatungskanzlei den Einspruch gegen die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft betreffend die Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit des Zweckbetriebs mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen.
Zu Buchstabe f):
Eine durch die Prüfungsgesellschaft testierte Trennungsrechnung für das Geschäftsjahr 2020/2021 liegt mittlerweile vor. Zur beihilferechtlichen Prüfung vgl. Ausführungen zu Buchstaben c) und d)."
Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.
Zu Buchstabe a:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass ggf. zu viel gezahlte und zweckfremd verwendete Zuwendungen zuschussmindernd berücksichtigt werden, merkt der Rechnungshof an:
Die vorgelegte Expertise zur Liquiditätsausstattung erfolgte vorwiegend unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die zuwendungsrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Betriebskostenzuschüsse wurden nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Fehlbedarfsfinanzierung darf nicht der Bildung von Liquiditätsreserven dienen. Das Haushaltsrecht steht diesem Vorgehen bei einer Fehlbetragsfinanzierung entgegen. Zu viel gezahlte bzw. zweckfremd verwendete Zuwendungen sind zurückzuzahlen. Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft kann über eine vorausschauende Wirtschafts- und Liquiditätsplanung sowie über einen bedarfsorientierten Mittelabruf sichergestellt werden.
Das Förderverfahren kann optimiert werden, indem die Auszahlung der Mittel von bisher monatlich gleichbleibenden auf bedarfsorientierte Teilbeträge umgestellt wird. Darüber hinaus sollte zum Ausgleich von Schwankungen eine kurzfristige Kreditlinie für die Gesellschaft eingerichtet werden. Auf diese Weise würde auch die verursachergerechte Zuordnung einer Zinslast sichergestellt.
Im Geschäftsjahr 2019/20 wurde mit dem Betriebskostenzuschuss auch der Verlust aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Gastronomie“ von 360.000 € finanziert.[1] Die Landesregierung äußerte sich nicht dazu, ob und wie die bisher bei der Staatstheater Mainz GmbH aufgelaufenen Verluste des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ durch die Betriebskostenzuschüsse finanziert wurden. Eine zweckfremde Mittelverwendung kann daher auch künftig nicht ausgeschlossen werden.
Zu Buchstabe b:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass das Zuwendungsverfahren und der -bescheid an den haushaltsrechtlichen Bestimmungen ausgerichtet werden, bemerkt der Rechnungshof:
Er vertritt weiter die Auffassung, dass das Zuwendungsverfahren und der -bescheid an den haushaltsrechtlichen Bestimmungen ausgerichtet werden müssen. Die Ausführungen der Landesregierung, dass es sich hier nicht um eine Förderung handele, überzeugen nicht. Eine hinreichende rechtliche Begründung zu dieser Äußerung fehlt.
In ihrer Stellungnahme zu dem aktuellen Jahresberichtsbeitrag „Kulturförderung“ weist die Landesregierung darauf hin, dass das Land zeitnah seiner Verpflichtung nachkomme, eine nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz erforderliche Richtlinie für die Finanzzuweisungen an die Staatstheater Mainz GmbH zu erlassen. Bei dem Theatervertrag handelt es sich um eine Finanzierungsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Staatstheater Mainz GmbH. Die dementsprechend geleisteten Zahlungen des Landes, die im Landeshaushaltsplan als Zuwendungen veranschlagt sind, bedürfen der ordnungsgemäßen haushaltsrechtlichen Umsetzung.
Zu Buchstaben c und d:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass eine vollständige oder Teilprivatisierung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ umfassend geprüft wird sowie für den Fall einer ganz oder teilweisen Fortführung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ durch die Staatstheater Mainz GmbH oder eine ggf. neu gegründete (Tochter-)GmbH die hiermit verbundenen rechtlichen Fragestellungen geprüft und die Erfolgsaussichten aufgezeigt werden sowie eine grundlegende Erfolgskontrolle (Evaluierung) angestoßen wird, merkt der Rechnungshof an:
Er ist weiterhin der Auffassung, dass ein wichtiges Landesinteresse für den Betrieb eines Restaurants nicht zu erkennen ist. Private Anbieter können diese Leistung ebenso gut erbringen. Eine vollständige oder teilweise Privatisierung der „Gastronomie“ ist bislang nicht erfolgt. Die Landesregierung geht zudem im Schlussbericht nicht auf die vom Landtag geforderte Initiierung einer grundlegenden Erfolgskontrolle ein. Evaluierungszeitraum und -zeitpunkt sollten sich insbesondere wegen der Gemeinnützigkeit an der steuerlichen Frist für unschädliche Anlaufverluste orientieren.
Zu Buchstabe e:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass über den Fortgang des steuerlichen Auskunftsverfahrens berichtet und der (prognostizierte) Gesamtverlust der Gastronomie einer steuerlichen Bewertung unterzogen wird, verweist der Rechnungshof auf die unverbindliche Auskunft des Finanzamts, das auf aktuell bestehende Risiken bezüglich der Gemeinnützigkeit hingewiesen hat.[2]
[1] Ohne Berücksichtigung der Gemeinkosten.
[2] Vgl. Drucksache 18/3200 S. 17 zu Ziffer 3.2 c) und d).
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S.16):
"Es wird zur Kenntnis genommen, dass die Staatstheater Mainz GmbH Berichte zu den Erfolgsaussichten des Geschäftsmodells und eine testierte Trennungsrechnung für das Geschäftsjahr 2020/2021 vorgelegt hat.
Die Landesregierung wird aufgefordert,
a) darauf hinzuwirken, dass ggf. zu viel gezahlte und zweckfremd verwendete Zuwendungen vollumfänglich zuschussmindernd berücksichtigt werden,
b) zu der Rechtsauffassung, dass es sich bei den geleisteten Zahlungen an die Staatstheater Mainz GmbH nicht um eine Förderung handelt, Stellung zu nehmen und über den Erlass der bereits zugesagten Richtlinie für Finanzzuweisungen sowie zur Überarbeitung des Theatervertrags zu berichten,
c) darauf hinzuwirken, dass eine vollständige oder Teilprivatisierung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ umfassend geprüft wird und für den Fall einer ganz oder teilweisen Fortführung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Gastronomie“ durch die Staatstheater Mainz GmbH oder eine ggf. neu gegründete (Tochter-)GmbH die hiermit verbundenen rechtlichen Fragestellungen geprüft werden sowie eine grundlegende Erfolgskontrolle (Evaluierung) angestoßen wird,
d) darauf hinzuwirken, dass im Falle einer Fortführung des wirtschaftlichen Gastronomiebetriebs die Gemeinnützigkeit der Staatstheater Mainz GmbH sichergestellt ist und das (prognostizierte) Gesamtergebnis der Gastronomie steuerlich bewertet wird sowie
über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu a) sowie c) bis d) zu berichten."
Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.
Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 23):
"Zu Buchstabe a):
Der Forderung des Rechnungshofs wurde insoweit gefolgt, dass die liquiden Mittel zuschussmindernd berücksichtigt und zwischenzeitlich bis auf eine betriebswirtschaftlich notwendige Reserve abgebaut wurden.
Zu Buchstabe b):
Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Mitgesellschafter Stadt Mainz im Juli 2023 den überarbeiteten Entwurf des Theatervertrags vorgelegt, der neben der Rückkehr zur bis 2018 gültigen jeweils hälftigen Finanzierung auch eine Konkretisierung des Bezuschussungsverfahrens
vorsieht. Land und Stadt befinden sich dazu derzeit in intensiven Gesprächen auf Leitungsebene. Die Richtlinie (VV) für die Finanzzuweisungen kann erst nach deren Abschluss erlassen werden.
Zu Buchstaben c) und d):
Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Ernst & Young hat die Betätigung der Staatstheater Mainz GmbH im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Gastronomie“ steuerlich sowie gemeinnützigkeits- und beihilferechtlich gewürdigt. Eine Gefährdung
der Gemeinnützigkeit wird von ihr deshalb nicht gesehen, weil die Gastronomie sowohl den steuerbegünstigen Zwecken des Staatstheaters dient, indem den Gästen ein kulturelles Gesamterlebnis geboten wird, als auch davon auszugehen ist, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb künftig positive Ergebnisse erzielen wird. Eine Ausgliederung wird daher aus Sicht der Landesregierung als nicht notwendig erachtet.
Die zurückliegenden Verluste im Gastronomiebereich insgesamt sind nämlich durch coronabedingte Schließungen, aber insbesondere auch durch die Vergünstigungen in der Kantine entstanden. Werden die Ausgaben der Kantine für die Vergangenheit korrekt dem Zweckbetrieb statt dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet, so verringert sich der Verlust gegenüber der bisherigen Annahme. Für die Zukunft ist bei korrekter Zuordnung und einem laufenden Geschäftsbetrieb ohne außerplanmäßige Schließungen ein geringer Überschuss zu erwarten."
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Landesregierung aufzufordern, "die Ergebnisse der Abstimmungen zur Überarbeitung des Theatervertrags mit dem Mitgesellschafter Stadt Mainz sowie über den Erlass der Richtlinie für Finanzzuweisungen" möglichst bald zu berichten (Drucksache 18/10344 S. 19)."
Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.