Jahresbericht 2025, Nr. 6 - Geschäftsstellen bei den Finanzämtern
- erhebliche Einsparpotenziale und Mängel bei der Führung der Personalakten -
Wesentliches Ergebnis der Prüfung
In den Geschäftsstellen der Finanzämter können durch die Optimierung und Digitalisierung von Arbeitsabläufen, den Verzicht auf Aufgaben und einen bedarfsgerechten Personaleinsatz bis zu 77 Vollzeitäquivalente eingespart oder für andere Aufgaben eingesetzt werden. Dies entspricht Personalkosten von bis zu 6,6 Mio. € jährlich.
Der arbeitstägliche Belegtransport zwischen dem Landesamt für Steuern in Koblenz und den Finanzämtern durch eigenes Personal und mit Dienstkraftfahrzeugen des Landesamtes war nicht wirtschaftlich. Durch Postversand können jährlich 273.000 € eingespart werden. Wird die steuerliche Ausgangspost der Finanzämter zentral beim Landesamt ausgedruckt und versandt, sind weitere 240.000 € jährlich einsparbar.
Die Führung der Personalakten wies Mängel auf. Insbesondere enthielten Akten unzulässig personenbezogene Daten Dritter, waren Gesundheitszeugnisse nicht immer verschlossen und versiegelt abgelegt und wurden formale Anforderungen nicht beachtet.
Der Einsatz von Steuerbeamtinnen und -beamten in den Geschäftsstellen war nicht zweckmäßig. Er verursachte erhöhten Aufwand für die Einarbeitung und entzog dem Kernbereich der Steuerverwaltung dort benötigtes Personal.
Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung
(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)
3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:
Der Rechnungshof hatte gefordert,
a) die Abläufe in den Poststellen zu optimieren und einheitliche Arbeitsanweisungen zu erstellen,
b) steuerliche Ausgangspost der Finanzämter künftig zentral beim Landesamt für Steuern zu drucken und zu versenden,
c) das Informationsangebot der Finanzämter im Internet zu verbessern,
d) die ordnungsgemäße Führung der Personalakten sicherzustellen und festgestellte Mängel unverzüglich zu beseitigen.
3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:
Der Rechnungshof hat gefordert,
a) die Pfortendienste außerhalb der Öffnungszeiten der Finanzämter einzustellen,
b) auf den arbeitstäglichen Belegtransport zu allen Finanzämtern zu verzichten,
c) die Telefonvermittlung zu automatisieren,
d) in den Geschäftsstellen statt Steuerbeamtinnen und -beamten Verwaltungsfachkräfte einzusetzen,
e) das bestehende Einsparpotenzial in den Poststellen, beim Pfortendienst, dem Belegtransport, der Telefonvermittlung, dem Hausmeisterdienst und in der Personalverwaltung von bis zu 77 VZÄ zu nutzen,
f) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben a, b und d zu berichten.
Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/12123 S. 8):
"Zu Ziffer 3.2 a):
Die Feststellungen des Rechnungshofs wurden zum Anlass genommen, die Handhabung in der Praxis nochmals zu überprüfen. Die Finanzämter wurden mit Rundverfügung vom 28. Februar 2025 aufgefordert, die Organisation der Einlasskontrolle an den Öffnungstagen der Service-Center zu überprüfen und sicherzustellen, dass das dort eingesetzte Personal während der Schließzeiten mit anderen Tätigkeiten ausgelastet ist.
Zu Ziffer 3.2 b):
Es besteht ein organisatorischer Bedarf an einem täglichen Materialtransport, der durch die Nutzung externer Dienstleister nicht gleichwertig sichergestellt werden kann. Insbesondere kann ein möglichst schneller Versand von Steuerbescheiden und sonstigen eiligen Schriftstücken, welche nicht über den Zentralversand abgewickelt werden können, zurzeit nur mit dem internen Transportsystem sichergestellt werden. Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung und einer perspektivisch rein digitalen Übermittlung steuerlicher Akten und sonstigen Schriftverkehrs, wird die Entwicklung des Transportbedarfs zu beobachten und damit die Notwendigkeit des internen Belegtransports erneut zu bewerten sein.
Zu Ziffer 3.2 c):
Im Bereich der Telefonvermittlung waren bereits unabhängig von der Überprüfung des Rechnungshofs organisatorische Veränderungen angestoßen worden. Die Erteilung von Auskünften durch die Bediensteten der Telefonzentrale soll die Bediensteten der Innendienste von einer Vielzahl einfach gelagerter Fragen entlasten und die Anliegen sollen möglichst unmittelbar im telefonischen Erstkontakt abschließend bearbeitet werden. Dies verbessert den Service und entlastet die übrigen Arbeitsbereiche der Finanzämter. Durch die Umstellung verlängern sich die Gesprächszeiten. Dies hat Auswirkungen auf den Personalbedarf. Eine Einschätzung hierzu kann erst nach einer längeren Praxisphase im Echtbetrieb erfolgen. Die stetige Entwicklung des digitalen Angebots der Steuerverwaltung insbesondere bei ELSTER3 und sich verändernde Servicebedarfe der Steuerpflichtigen werden auch künftig bei der Gestaltung des Serviceangebots der Steuerverwaltung berücksichtigt werden.
Eine umfassende automatisierte Verteilung von Anrufen nach Steuernummern auf z. B. alle rund 600 Gruppenrufnummern der Finanzämter über ein elektronisches Sprachdialogsystem ist erstrebenswert, jedoch derzeit technisch nicht umsetzbar.
Aufgrund der Organisation innerhalb der Finanzämter sind grundsätzlich verschiedene Arbeitsgebiete für eine Steuernummer zuständig. So ist für eine Steuernummer je: nach Anliegen beispielsweise das Arbeitsgebiet Veranlagung, Vollstreckung oder die Umsatzsteuerstelle verantwortlich. Diese differenzierte Organisation stellt eine Automation bei der Telefonvermittlung vor besondere Herausforderungen. Dennoch ist es auch ein Ziel der Steuerverwaltung, im Rahmen der fortlaufenden Anpassung der Telekommunikationsinfrastruktur technische Optionen, wie z. B. ein Interactive Voice
Response System, zu nutzen.
Zu Ziffer 3.2 d):
Der Anteil des steuerlich ausgebildeten Personals in den Geschäftsstellen beträgt ca. 24 % des dort eingesetzten Personals. Hieraus ist ersichtlich, dass für die meisten Aufgaben bereits auf nicht steuerlich ausgebildetes Personal zurückgegriffen wird. Für die Organisation eines Finanzamts sind insbesondere für die Führungsebene der Geschäftsstellen (Geschäftsstellenleitungen sowie Personalsachbearbeitung) Fachkenntnisse über die Arbeitsweise der einzelnen Arbeitsbereiche sehr wichtig. So ist für die amtsindividuelle Verteilung des Personals ein Verständnis für Arbeitsinhalt und Einschätzung der Arbeitsmengen unabdingbar. Ein Personaleinsatz nach rein mathematischen Größenordnungen wird den Anforderungen, die in der Praxis an ein Finanzamt gestellt werden, nicht gerecht. Zudem sind bei Einstellungsverfahren und der Personalentwicklung von Tarifbeschäftigten fundierte Kenntnisse über die Arbeitsinhalte erforderlich, damit ein sachgerechter Personaleinsatz gelingt; dies auch vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren sowohl demografisch bedingt, aber auch anlassbezogen, wie z. B. im Rahmen der Grundsteuerreform, der Bedarf an Neueinstellungen von Tarifbeschäftigten deutlich gestiegen ist.
Viele Geschäftsstellenleitungen übernehmen nach ihrer Tätigkeit in der Geschäftsstelle im Sinne eines Personalentwicklungsschritts die Position einer Sachgebietsleitung, für die wiederum steuerliche Fachkenntnisse unerlässlich sind. Eine weitere Reduzierung oder sogar ein kompletter Verzicht auf steuerlich vorgebildetes Personal wird aus diesem Grund abgelehnt.
Zu Ziffer 3.2 e):
Für die Berechnung des Personalbedarfs der Finanzverwaltungen gibt es auf Bund- Länder-Ebene die Arbeitsgruppe Personalbedarfsberechnung. Vor dem Hintergrund, dass die Finanzämter bundesweit gleichgelagerte Aufgaben wahrnehmen und sich auch in der Organisation oft ähneln, werden in dieser Arbeitsgruppe Informationen und Erfahrungen zur Berechnung des Personalbedarfs ausgetauscht. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe werden sog. Bundesmuster zur Berechnung eines Personalbedarfs für einzelne Arbeitsbereiche erstellt. Den Mustern liegen Untersuchungen nach organisationswissenschaftlichen Methoden zugrunde. Die rheinland-pfälzische Finanzverwaltung führt alle drei Jahre eine vollständige Personalbedarfsberechnung für die Finanzämter durch und verwendet, soweit keine länderspezifischen Besonderheiten eine Abweichung erforderlich machen, die Bundesmuster. So wird auch der Personalbedarf für die Geschäftsstellen berechnet. .
Der Rechnungshof hat sich bei einzelnen Bereichen der Geschäftsstelle für eine Ermittlung im Wege des Benchmarkings und damit für eine andere organisationswissenschaftliche Methode entschieden.
Aus Sicht des Ministeriums der Finanzen ist die Berechnungsmethodik der Arbeitsgruppe Personalbedarfsberechnung sachgerechter.
Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 a):
Die Feststellungen des Rechnungshofs hinsichtlich der Arbeitsabläufe in den Poststellen wurden zum Anlass genommen, die Finanzämter über bestehende Optimierungspotentiale zu informieren. Mit Rundverfügung vom 28. Februar 2025 wurden die Finanzämter aufgefordert, die Arbeitsabläufe in den Poststellen zu prüfen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 b):
Die Auffassung des Rechnungshofs, dass durch eine Ausweitung des Zentraldrucks Portokosten reduziert werden können, wird geteilt. Die Einsparung von Portokosten und eine Vereinfachung der Arbeitsabläufe waren letztlich Gründe für die vom Landesamt für Steuern in 2023 eingeleitete Umstellung des lokalen Druckens und der manuellen Papierverarbeitung auf eine zentrale und maschinell gesteuerte Verarbeitung. Die Ansteuerung des Zentraldrucks erfolgt über UNIFA4-Office. Sämtliche Vorlagen wurden mit Einsatz des Zentraldrucks geprüft und können somit unmittelbar dem Druckzentrum der ZDFin5 zugeleitet werden. Einzelne Vorlagen der UNIFA-Vorlagenauswahl wurden aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen vom Zentraldruck ausgenommen. Dies betrifft insbesondere solche Vorlagen, die nur hausintern Verwendung finden oder ausnahmsweise einer eigenhändigen Unterschrift bedürfen.
Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 d):
Die in der Personalverwaltung eingesetzten Bediensteten wurden mit Rundverfügung vom 5. Februar 2025 zur Beachtung der geltenden Regelungen zur Führung von Personalakten angehalten und insbesondere darauf hingewiesen, dass Schriftstücke mit personenbezogenen Daten von Dritten nicht in den Personalakten abgelegt werden dürfen.
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3 Elektronische Steuererklärung.
4 Universeller Finanzamtsarbeitsplatz.
5 Zentrale Datenverarbeitung der Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz."