Jahresbericht 2025, Nr. 10 - Ausgewählte Anrechnungsstunden sowie Anrechnungspauschale für besondere unterrichtliche Belastungen und Sonderaufgaben

- Bedarfsermittlung nicht transparent, mangelhafte Kontrolle -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Der Bedarf an Anrechnungsstunden war nicht immer begründet. Die Dokumentation war verbesserungsbedürftig.

Schulen bzw. Lehrkräfte nahmen mehr Anrechnungsstunden in Anspruch, als ihnen rechtlich zustanden oder ihnen gewährt worden waren. Allein bei den Integrierten Gesamtschulen und Realschulen plus entsprach dies im Schuljahr 2022/2023 einer Arbeitszeit im Umfang von mindestens 16 VZÄ. Rechtliche Vorgaben wurden bei der Bewilligung nicht immer beachtet.

Die Datenbank des Ministeriums für Bildung war zur Überwachung der Gewährung und Inanspruchnahme von Anrechnungsstunden nur bedingt geeignet.

Die Schulaufsicht kontrollierte die Inanspruchnahme von Anrechnungsstunden unzureichend. Verbesserungen im Schulverwaltungsprogramm zur Vermeidung von Eintragungsfehlern und zur Unterstützung der Kontrolle waren angezeigt.

Die Methodik zur Berechnung der Anrechnungspauschale war nur eingeschränkt geeignet, eine angemessene Entlastung für besondere unterrichtliche Belastungen und schulbezogene Sonderaufgaben abzubilden. Regelmäßige Überprüfungen der Grundsätze für die Verteilung der Anrechnungspauschale an den Schulen waren nicht vorgegeben.

Mit einem verstärkten Einsatz von Verwaltungs-, technischen sowie Bibliotheksfachkräften könnten pädagogische Ressourcen für eine verbesserte Unterrichtsversorgung freigesetzt werden.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

a) die Festlegung des Gesamtbudgets an Anrechnungsstunden und dessen Verteilung zu begründen und zu dokumentieren,

b) die Daten der Datenbank der Schulaufsicht zur Verfügung zu stellen,

c) durch organisatorische Maßnahmen wie Schulungen, Leitfäden oder Eingabehilfen und technische Unterstützungen wie die Hinterlegung von Höchstgrenzen bzw. systemischen Plausibilitätsprüfungen die Fehlerquoten bei der Eintragung im Schulverwaltungsprogramm zu reduzieren,

d) darauf hinzuweisen, bei der Inanspruchnahme von Anrechnungsstunden die rechtlichen Vorgaben einzuhalten,

e) die Gewährung von Anrechnungsstunden angemessen zu dokumentieren und deren Inanspruchnahme besser zu kontrollieren,

f) das Erfordernis der Funktionsstelle einer Koordinatorin bzw. eines Koordinators der schulartübergreifenden Aufgaben für die Sekundarstufe I an den kooperativen Gesamtschulen zu prüfen,

g) objektive Entscheidungskriterien für angemessene Entlastungen für die Aufgaben der staatlichen Lehrkräfte an den Kommunalen Medienzentren zu definieren,

h) die aus der Konzeptionsphase stammenden Anrechnungsstunden für die Hochbegabtenzüge an den vier Hochbegabtengymnasien nicht mehr zu gewähren,

i) einheitliche und transparente Maßstäbe für die Gewährung einer erhöhten Anrechnungspauschale an Schulen in sozialen Brennpunkten zu entwickeln,

j) den verstärkten Einsatz von Verwaltungskräften zur Entlastung der Lehrkräfte anzustreben,

k) über die Evaluation der Vereinbarung des Landes mit den kommunalen Spitzenverbänden über die Arbeitsteilung bei Bereitstellung, Betrieb, Wartung und Support von digitalen Lehr-Lerninfrastrukturen an Schulen sowie den daraus gezogenen Folgerungen zu berichten.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) die Methodik zur Ermittlung der Anrechnungspauschale unter Berücksichtigung der Hinweise des Rechnungshofs zu überarbeiten,

b) schulartspezifische und schulbezogene Besonderheiten wie auch die besonderen Belastungen und Sonderaufgaben an Grundschulen in den Überlegungen zur Fortentwicklung der Anrechnungspauschale zu berücksichtigen,

c) die besonderen unterrichtlichen Belastungen und Sonderaufgaben zu evaluieren und darauf aufbauend einen Musterkatalog zu erstellen, um die Höhe der Anrechnungspauschale angemessen bestimmen zu können,

d) die Regelungen der LehrArbZVO, soweit erforderlich, anzupassen,

e) Lehrkräfte, soweit möglich und wirtschaftlich, durch den verstärkten Einsatz von technischen Fachkräften sowie von Bibliotheksfachkräften von nicht unterrichtlichen Aufgaben zu entlasten,

f) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben a bis j zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/12123 S. 16):

"Zu Ziffer 3.2 a) und b):
Die vormalige Regelung zu Anrechnungsstunden für besondere unterrichtliche Belastungen und Sonderaufgaben an Grundschulen wurde aufgehoben, nachdem im Rahmen der „Vollen Halbtagsschule“ das „betreute Frühstück“ als neue Aufgabe in allen Grundschulen eingeführt wurde und teilweise über die Lehrerwochenstundenzuweisung abgedeckt werden konnte (§ 5 Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung (LehrArbZVO)). Es ist zutreffend, dass an Grundschulen davon unabhängig weitere besondere unterrichtliche Belastungen und schulbezogene Sonderaufgaben vorliegen können. Die Prüfung einer Wiedereinführung einer Anrechnungspauschale für Grundschulen, verbunden mit einer Prüfung der Methodik zur Ermittlung der Anrechnungspauschale, könnte im Rahmen einer zukünftigen Änderung der LehrArbZVO in Erwägung gezogen werden. Dies kommt allerdings derzeit aus den in der Stellungnahme zu Ziffer 3.2 d) genannten Gründen nicht in Betracht.

Zu Ziffer 3.2 c):
Die geltenden Regelungen zur Berechnung der Anrechnungspauschalen haben sich in der Praxis insgesamt bewährt. Zwar verändern sich die zusätzlichen Aufgaben an den Schulen stetig, aber die Pauschale bietet die Möglichkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Starre Beispielkataloge würden der stetigen Veränderung der Aufgaben nur bedingt gerecht und müssten regelmäßig mit hohem Aufwand aktualisiert werden. Darüber hinaus kann die gleiche Aufgabe an unterschiedlichen Schulen — abhängig beispielsweise von der Schülerzahl, der sozialen Struktur der Schülerschaft oder der administrativen Unterstützung durch Verwaltungskräfte — mit höchst unterschiedlichem Arbeitsaufwand verbunden sein. Die vom Rechnungshof geforderte Überprüfung der Angemessenheit der Entlastungen von Lehrkräften kann deswegen nur vor Ort unter Beteiligung der Personalvertretungen erfolgen.

Zu Ziffer 3.2 d):
Die Landesregierung hat einen möglichen Anpassungsbedarf der Regelungen der LehrArbZVO zu den Anrechnungsstunden im Blick.
Für die Änderung der LehrArbZVO wird die Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zur Aufzeichnung der Arbeitszeit wegweisend sein, die daher abgewartet werden muss. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat anlässlich dieser Rechtsprechung im vergangenen Jahr bereits einen ersten Referentenentwurf erstellt, der alle Lehrkräfte im Beschäftigtenverhältnis erfasst. Es ist zum derzeitigen Zeitpunkt nach wie vor noch nicht absehbar, ob und inwieweit der Entwurf Auswirkungen auch auf die Lehrkräfte im Beamtenverhältnis hat. Die Kultusministerkonferenz strebt weiterhin die Schaffung von Bereichsausnahmen für Lehrkräfte von einer auch die ungebundene Arbeitszeit betreffende Verpflichtung zur lückenlosen Erfassung der Arbeitszeit an. Von dem Ergebnis dieser Bestrebungen und einem etwa vom Bundesgesetzgeber erlassenen Gesetz, in dem die Erfassung der Arbeitszeit weitergehend ausgestaltet wird, hängt das weitere Vorgehen in Bezug auf eben diese ab. Zum aktuellen Zeitpunkt befinden sich die rechtlichen Grundsatzfragen länderübergreifend noch in der Klärung. Das Ministerium für Bildung (BM) beobachtet die weiteren Entwicklungen nach wie vor und wird zur gegebenen Zeit, also nach Vorbereitung einer möglichen länderübergreifenden technischen Umsetzung im Rahmen einer Gesamtregelung der Arbeitszeiterfassung für alle Lehrkräfte, auch die Regelung der spezifisch zu Anrechnungsstunden auftretenden Fragestellungen vornehmen..

Zu Ziffer 3.2 e):
Es wird geprüft und angestrebt, wo organisatorisch und arbeitsmarktgegeben möglich, verstärkt technische Fachkräfte und/oder Bibliothekskräfte zur Entlastung von Lehrkräften eingesetzt werden können. Dabei darf aber auch nicht verkannt werden, dass Lehrkräfte häufig mit großem Idealismus gegen eine sehr geringe Entlastung an Lehrerwochenstunden die Bibliotheken leiten. Insoweit wäre es teurer, Bibliotheksfachkräfte, auch in Teilzeit, hierfür einzustellen.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 a), b) und e):
Die Festlegung des Gesamtbudgets ergibt sich aus der Realisierung schulfachlich erforderlicher Maßnahmen. Bei der Vergabe von Anrechnungsstunden geht es nicht in erster Linie um die Verteilung auf die Abteilungen, sondern um die Umsetzung schulfachlich erforderlicher Maßnahmen innerhalb eines abteilungsübergreifend festgelegten und einzuhaltenden Budgetrahmens. Die Verteilung der Stunden auf die Abteilungen ergibt sich aus der fachlichen Zuständigkeit für die einzelnen Maßnahmen.
Die Dokumentation und Begründung für die einzelnen zu berücksichtigenden Maßnahmen ergeben sich aus Entscheidungen der Hausleitung für oder wider bestimmte Vorhaben, die auf Grundlage fachlicher Vermerke der jeweiligen Abteilung erfolgen. Die abteilungsübergreifende Sitzung dient also nicht per se der Dokumentation und Begründung jeder einzelnen Maßnahme. Dies erfolgt vielmehr bei jeder einzelnen Maßnahme in den hausinternen Entscheidungsprozessen und nicht gesammelt an einer Stelle.
Im Vorfeld der abteilungsübergreifenden Abstimmung, die insbesondere dazu dient, innerhalb des Gesamtbudgets bei Bedarf (z. B. Überschreitung des Gesamtbudgets) Prioritäten zu setzen, evaluieren die Abteilungen intern umfassend auf Grundlage von schulfachlichen Bewertungs- und Abwägungsprozessen, welche Maßnahmen unverändert fortgeführt werden müssen, mit reduzierten Stunden fortzuführen sind oder auslaufen. Frei werdende Stunden gehen in einen abteilungsübergreifenden Puffer, der dann von allen Abteilungen bei Bedarf für erforderliche und von der Hausleitung befürwortete Maßnahmen genutzt werden kann.
Was die Forderung des Rechnungshofs anbelangt, die Daten der Datenbank der Schulaufsicht zur Verfügung zu stellen, so hat das BM dies in einem ersten Schritt im Rahmen der bestehenden Access-Datenbank gelöst, indem der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zweimal jährlich die Daten in Form einer Excelliste übermittelt werden. 
In einem zweiten Schritt soll ein webbasiertes Portal geschaffen werden. Über dieses sollen zukünftig die Beantragung, Vergabe, Verwaltung und Archivierung von Anrechnungs- und Abordnungsstunden sowie das Controlling erfolgen. Mit der Umsetzung wurde bereits begonnen.
Nach erfolgreicher Programmierung kann die Access-Datenbank nach aktuellem Planungsstand ab dem Schuljahr 2026/2027 abgelöst werden. Durch eine direkte Anbindung an vorhandene Anwendungen (IPEMA6, eGov-Suite, Schulverwaltungsprogramm) soll eine bessere Datenqualität erzeugt werden. Somit wird noch mehr Transparenz geschaffen und ein verlässlicher sowie einheitlicher Informationsfluss zwischen den Dienststellen gewährleistet. Mit den Personalvertretungen sind noch Mitbestimmungsverfahren durchzuführen.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 c) und d):
Die technischen Anpassungen in den Bereichen Plausibilitätsprüfungen und Hinterlegung von Höchstgrenzen werden bis August 2025 konzipiert und umgesetzt und stehen größtenteils voraussichtlich für die Statistikmeldung 2025/2026 zur Verfügung. Einige wenige Anrechnungsgründe können erst für die Statistik 2026/2027 plausibilisiert werden. Die neuen Plausibilitätsprüfungen und Höchstgrenzen werden jeweils zeitgleich in die Schulungsunterlagen und die online verfügbaren Anleitungen übernommen.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 f):
Die fachliche Prüfung, ob an kooperativen Gesamtschulen die Funktionsstelle einer Koordinatorin bzw. eines Koordinators der schulartübergreifenden Aufgaben für die Sekundarstufe I weiterhin erforderlich ist, wird voraussichtlich bis zum Schuljahresende 2024/2025 abgeschlossen sein.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 g):
Die Definition der Kriterien wird mit Hinzuziehung von Expertise des Digitalen Kompetenzzentrums erfolgen. Ein Entwurf hierzu wird voraussichtlich am Ende des Schuljahres 2024/2025 vorliegen.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1. h):
Die Versorgung der Hochbegabtenzüge insgesamt wurde seitens des BM mit den Schulen sowie der Schulaufsicht diskutiert. Eine Gewährung von Stunden für die Konzeption eines Hochbegabtenzuges wird es zukünftig nicht mehr geben.

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 i):
Das BM hat einen Besprechungstermin im zweiten Quartal 2025 festgelegt, um gemeinsam mit der ADD einheitliche und transparente Maßstäbe für die Gewährung einer erhöhten Anrechnungspauschale an Schulen in sozialen Brennpunkten zu entwickeln. 

Zu Ziffer 3.2 f) i.V.m. Ziffer 3.1 j):
Das BM wird erneut flächendeckend auf die Möglichkeit der Einstellung von Schulverwaltungskräften hinweisen, darüber informieren und dafür werben. Erfahrungen mit dem Einsatz von Schulverwaltungskräften aus den vergangenen Jahren werden gesammelt und dokumentiert sowie als best-practice-Beispiele verbreitet. Die Landesregierung wird über Veranlasstes sowie Erreichtes berichten.

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6 Integriertes Personalmanagementsystem."