Jahresbericht 2020, Nr. 5 - Steuerliche Förderung mittelständischer Unternehmen

- Begünstigung verwaltungsaufwendig und fehleranfällig -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die steuerliche Förderung von Einzelunternehmern und Mitunternehmern von Personengesellschaften wies Mängel auf, die zum Teil erhebliche finanzielle Auswirkungen hatten. Hierzu trugen ein mehrstufiges Verwaltungsverfahren und lange Nachhaltefristen bei. Fünf Finanzämter des Landes hatten Gewinne von über 38 Mio. € zu Unrecht begünstigt besteuert. Außerdem hatten sie die Beträge, die in künftigen Jahren nachzuversteuern sind, um mehr als 20 Mio. € zu niedrig festgestellt. Steuerausfälle von fast 1,5 Mio. € und mögliche Steuernacherhebungen von über 3,7 Mio. € waren die Folge.

Die Überwachung der nachversteuerungspflichtigen Beträge erwies sich insbesondere in Fällen, in denen Steuerpflichtigen neue Steuernummern zugeteilt worden waren, als fehleranfällig. Prüfhinweise für die Bearbeiter der Finanzämter zu klärungsbedürftigen Ansätzen in den Steuererklärungen, wie z. B. zum Steuerbilanzgewinn oder zur Änderung des nachversteuerungspflichtigen Betrags, hatten die IT-Systeme nicht angezeigt.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert, darauf hinzuwirken, dass

a) hinsichtlich nachversteuerungspflichtiger Beträge unterbliebene Feststellungen nach­geholt sowie fehlerhafte Feststellungen und Steuerveranla­gungen im Rah­men der rechtlichen Möglichkeiten korri­giert werden,

b) das maschinelle Risikomanagementsystem bei übereinstimmenden Werten zum steu­erpflichtigen Gewinn und zum   Steuerbilanzgewinn sowie bei Abwei­chun­gen zwischen dem auf den 31. Dezember festgestellten nachversteue­rungs­pflichti­gen Betrag von dem bisher festgestellten Betrag Prüfhinweise für die Bearbeiter der Finanzämter ausgibt,

c) Mitteilungen zwischen Finanzämtern über die Besteuerungsgrundlagen ver­stärkt elektronisch übermittelt und ausgewertet sowie Medienbrüche vermieden werden,

d) Begünstigungen bei Mitunternehmern nur aufgrund der Angaben in den Mittei­lungen über die Besteuerungsgrundlagen gewährt werden,

e) Begünstigungen nicht mehr ohne den erforderlichen Antrag des Steuerpflichti­gen vorgenommen werden und hierzu ein maschinell erzeugter Hinweis für die Bear­beiter entwickelt wird.

 

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben c und e zu berichten,

b) darauf hinzuwirken, dass bei Wechseln der Steuernummern ein übergrei­fender maschineller Abgleich der nachversteuerungspflichtigen Beträge sicherge­stellt wird.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 17/11850 S. 4):

"Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 c):
Um Mitteilungen zwischen Finanzämtern über die Besteuerungsgrundlagen verstärkt elektronisch zu übermitteln und auszuwerten sowie Medienbrüche zu vermeiden, findet im Kalenderjahr 2020 in Nordrhein-Westfalen eine Pilotierung des Verfahrens „Elektronische Übermittlung und Aufbereitung von ESt-4-B-Mitteilungen“ statt. Erst nach Abschluss dieser Pilotierung wird in Abhängigkeit von den festgestellten Ergebnissen über einen bundesweiten Einsatz des Verfahrens entschieden werden.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 e):
Die Forderung, dass Begünstigungen nicht mehr ohne den erforderlichen Antrag des Steuerpflichtigen vorzunehmen und hierzu einen maschinell erzeugten Hinweis für die Bearbeiter zu entwickeln, wurde der fachlich zuständigen Arbeitsgruppe „ESt“ des Bundes und der Länder im November 2019 vorgetragen. Die Anregungen wurden zunächst nicht aufgegriffen. Es ist vorgesehen, die Anpassungsüberlegungen in einer weiteren Sitzung der Arbeitsgruppe „ESt“ erneut einzubringen.

Zu Ziffer 3.2 b):
Beim Wechsel der Steuernummern soll ein übergreifender maschineller Abgleich der nachversteuerungspflichtigen Beträge sichergestellt werden. Dies erfordert den Einsatz eines steuernummernübergreifenden Risikomanagementsystems (RMS), welches nach derzeitigem Stand nicht vor 2022 realisiert werden kann. Derzeit sind die Bearbeiterinnen und Bearbeiter angehalten, alle relevanten Informationen zu einem Steuerfall elektronisch über die “Festsetzungsnahen Daten“ abzulegen oder im RMSDatenblatt zu speichern. Weiter wird den Bearbeiterinnen und Bearbeitern eine Checkliste zur Verfügung gestellt werden, welche die notwendigen Arbeitsschritte beim Wechsel der Veranlagungsart einschließlich eines Hinweises auf den nachversteuerungspflichtigen Betrag umfasst."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 17/12710 S. 5):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) hinsichtlich nachversteuerungspflichtiger Beträge unterbliebene Feststellungen nachgeholt sowie fehlerhafte  Feststellungen und Steuerveranlagungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten korrigiert wurden,

b) Hinweise für die Bearbeiter der Finanzämter in die Festsetzungsprogramme aufgenommen wurden, nach denen die Übereinstimmung des steuerpflichtigen Gewinns mit dem Steuerbilanzgewinn zu überprüfen ist,

c) bei Fortbildungsveranstaltungen Sachbearbeiter und Sachgebietsleiter von Finanzämtern darauf hingewiesen wurden, Begünstigungen von Mitunternehmern nur aufgrund der Angaben in den Mitteilungen der Besteuerungsgrundlagen zu gewähren,

d) bei Wechsel der Steuernummern ein übergreifender maschineller Abgleich der nachversteuerungspflichtigen Beträge
angestrebt wird.

Die Landesregierung wird aufgefordert, über

a) die Folgerungen aus der Pilotierung des Verfahrens „Elektronische Übermittlung und Aufbereitung von ESt-4-B-Mitteilungen“ für einen bundesweiten Einsatz,

b) die Ergebnisse der Beratungen der Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder über die Entwicklung eines maschinell erzeugten Prüfhinweises, der auf einen erforderlichen Antrag auf Begünstigung des Steuerpflichtigen hinweist,

zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im August 2020 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 17/14372 S. 4):

"Zu Buchstabe a):
Nordrhein-Westfalen hat die Pilotierung der elektronischen Übermittlung von ESt-4-BMitteilungen im zweiten Halbjahr 2020 begonnen. Es ist vorgesehen, das Verfahren im ersten Halbjahr 2021 für alle Bundesländer bereitzustellen.

Zu Buchstabe b):
Die fachlich zuständige Arbeitsgruppe „ESt“ des Bundes und der Länder hat in 2020 die Ausgabe eines Prüfhinweises beschlossen, um bei Änderungsveranlagungen, bei denen sich der Begünstigungsbetrag nach § 34a EStG im Vergleich zur Vorveranlagung erhöht hat, auf das Erfordernis eines erneuten Antrags hinzuweisen."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Angelegenheit im Rahmen des Entlastungsverfahrens für erledigt zu erklären (Drucksache 18/1075 S. 21).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2021 gefasst.