Gemeinsamer Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten
1 Vorbemerkungen
Der gemeinsame Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten richtet sich an die politischen Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sowie an Behörden und Verwaltungen, die für den Bau, den Erwerb, die Anmietung oder die Bewirtschaftung von Immobilien oder Infrastruktur zuständig sind, und schließlich an die interessierte Öffentlichkeit.
Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sind der Auffassung, dass eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) eine wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen darstellt. Sie stellen sich damit nicht grundsätzlich gegen ÖPP-Projekte, sondern fordern den Nachweis, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Beschaffungsvariante gegenüber der Eigenbesorgung der öffentlichen Hand in jedem Einzelfall objektiv und transparent nachgewiesen wird. Dies leitet sich aus dem haushaltsrechtlichen Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Gelder ab.
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe am 3./4. Mai 2006 in München hat wesentliche Grundsätze im Umgang mit ÖPP-Projekten beschlossen, die bei jeder ÖPP-Entscheidung zu beachten sind, insbesondere:
- ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. Bei ÖPP-Projekten treten laufende Zahlungsverpflichtungen aus Projektverträgen an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise.
- Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein.
Inzwischen liegen den Rechnungshöfen aufgrund ihrer Prüfungstätigkeit zahlreiche Erkenntnisse vor, die belegen, dass diese Grundsätze bei der Realisierung von ÖPP-Projekten nicht ausreichend Beachtung finden.
Die Rechnungshöfe haben ihre Prüfungserkenntnisse zu ÖPP-Projekten in diesem Erfahrungsbericht zusammengefasst. Dabei geht es insbesondere um zu verallgemeinernde Problemstellungen vergleichbarer Projekte, häufige Fehler und die Schwierigkeit seriöser Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Der Bericht soll nicht als Leitfaden verstanden werden, sondern Hilfestellungen für objektive, nicht interessengeleitete Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen geben.
Die Aussagen in diesem Bericht basieren auf den Ergebnissen von 30 geprüften ÖPP-Projekten mit einem Gesamtprojektvolumen von 3,2 Mrd. Euro. In der nachfolgenden Tabelle sind die ÖPP-Projekte dargestellt, die überwiegend in einem Jahresbericht oder in anderer Form veröffentlicht wurden. Auf sie wird im Bericht beispielhaft Bezug genommen. Mit in die Bewertung eingeflossen sind Erkenntnisse aus ÖPP-Projekten, die nicht realisiert wurden.
Projekt-Nr. | Bundesland | ÖPP-Projekt | Vertragsmodell | Laufzeit | Projektvolumen (Zeitwerte)1 |
---|---|---|---|---|---|
1 | BB | Ministerium der Finanzen | Inhabermodell | 30 Jahre | 40 Mio. Euro |
2 | BW | Justizzentrum Heidelberg | Mietmodell | 15 Jahre | 60 Mio. Euro |
3 | BW | Justizvollzugsanstalt Offenburg | Inhabermodell | 20 Jahre | 108 Mio. Euro |
4 | BW | Duale Hochschule Heidenheim | Inhabermodell | 20 Jahre | 67 Mio. Euro |
5 | BW | Duale Hochschule Mannheim | Inhabermodell | 20 Jahre | 28 Mio. Euro |
6 | BW | Fachhochschule Aalen | Inhabermodell | 20 Jahre | 39 Mio. Euro |
7 | BW | Polizeirevier Ellwangen | Inhabermodell | 20 Jahre | 8 Mio. Euro |
8 | BY | Staatsstraße 2309 | Inhabermodell | 25 Jahre | 39 Mio. Euro |
9 | BY | Staatsstraße 2580 | Inhabermodell | 25 Jahre | 13 Mio. Euro |
10 | HH | Katharinenschule in der HafenCity | Inhabermodell | 25 Jahre | 25 Mio. Euro |
11 | HH | Neuorganisation im Hamburger Schulbau | Inhabermodell | 25 Jahre | 798 Mio. Euro |
12 | NI | Justizvollzugsanstalt Bremervörde | Inhabermodell | 25 Jahre | 462 Mio. Euro |
13 | RP | Berufsbild. Schulen II Kaiserslautern | Inhabermodell | 25 Jahre | 53 Mio. Euro |
14 | RP | Südbad Trier | Inhabermodell | 25 Jahre | 29 Mio. Euro |
15 | ST | Schulen und Kitas in Halle | Inhabermodell | 25 Jahre | 218 Mio. Euro |
16 | ST | Schulen in Magdeburg Paket I - 5 Schulen | Inhabermodell | 20 Jahre (Finanzierung über 30 Jahre) | 115 Mio. Euro |
17 | ST | Justizvollzugsanstalt Burg | Inhabermodell | 25 Jahre | 512 Mio. Euro |
18 | TH | Landesstraßen Saale-Holzland-Kreis | Inhabermodell | 30 Jahre | 41 Mio. Euro |
1 Investitionsausgaben für Planung, Bauerrichtung, Finanzierung und Betrieb.