Kommunalbericht 2022, Nr. 2 - Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen
- Leistungsarten präziser abgrenzen und Regelungen zu Kosten der Unterkunft und Heizung anpassen -
Zusammenfassende Darstellung
Im Jahr 2020 wandten die rheinland-pfälzischen Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe 30,3 Mio. € (netto) für Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen auf. Solche Leistungen stehen nur Personen zu, die keinen Anspruch auf andere Leistungen der Mindestsicherung, insbesondere der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder im Alter und bei Erwerbsminderung, haben.
Im Unterschied zu den genannten Grundsicherungsleistungen, die ganz oder weit überwiegend der Bund finanziert, gehen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt vollständig zulasten der kommunalen Haushalte. Die Empfängerzahlen und damit die kommunale Haushaltsbelastung differierten unter den örtlichen Trägern der Sozialhilfe erheblich.
Eine Prüfung bei sieben der 36 Träger der Sozialhilfe ergab, dass überdurchschnittliche Empfängerzahlen nicht allein der unterschiedlichen örtlichen Sozialstruktur, sondern wesentlich auch Fehlern bei der Abgrenzung von Hilfearten geschuldet waren.
Ein Landkreis konnte infolge der Prüfung seine Empfängerzahl um 40 % reduzieren. Bei drei weiteren Trägern der Sozialhilfe wurde ein – teilweise auch aus sonstigen Mängeln des Verwaltungsvollzugs resultierendes – jährliches Einsparpotenzial von zusammen etwa 2,0 Mio. € festgestellt.
Wie auch bei anderen Sozialleistungen erwies es sich als nachteilig, wenn Landkreise die Leistungsgewährung an ihre verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden delegiert hatten. Die Fehleranfälligkeit der Sachbearbeitung war hier höher.
Die Sozialämter beachteten häufig nicht, dass Hilfe zum Lebensunterhalt nur dann zu zahlen ist, wenn andere Mindestsicherungsleistungen nicht greifen. Insbesondere bei Fallabgaben durch die Jobcenter nutzten sie ihre gesetzlichen Möglichkeiten – Widersprüche gegen Feststellungen der Jobcenter und Ersuchen an die DRV zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit – nicht oder nicht zeitnah. Das hatte finanziell nachteilige Auswirkungen. Selbst wenn die DRV auf späteres Ersuchen der Kommunen Erwerbsfähigkeit oder dauerhafte volle Erwerbsminderung feststellte, ließen sich die bis dahin getätigten Aufwendungen für die Hilfe zum Lebensunterhalt aus Rechtsgründen meist nicht mehr durch Erstattungsansprüche gegen die Jobcenter oder interne Umbuchungen auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung refinanzieren.
Hilfe zum Lebensunterhalt erbrachten Kommunen auch dann, wenn ein Anspruch nicht oder nicht in der angenommenen Höhe bestand. So gewährten sie beispielsweise Leistungen für
- Leistungsberechtigte, deren Bedarf bei Geltendmachung von Wohngeldansprüchen gedeckt gewesen wäre,
- Kinder, deren Lebensunterhalt durch Jugendhilfeleistungen der Vollzeitpflege bereits anderweitig sichergestellt war,
- Mitglieder einer Wohngemeinschaft, ohne deren Bedürftigkeit im Hinblick auf vorhandene Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft zu hinterfragen,
- Krankenversicherung, ohne günstigere oder beitragsfreie Versicherungsmöglichkeiten zu prüfen,
- Stromkosten, obwohl diese bereits mit dem bewilligten Regelsatz abgedeckt waren, sowie
- Warmwasserbereitung, auch wenn deren Kosten bereits in den ebenfalls übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung enthalten waren.
Im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung bis zur Grenze der Angemessenheit zu übernehmen. Einige der geprüften Kommunen legten deutlich höhere Angemessenheitsgrenzen zugrunde, als es bei Anwendung nach der Rechtsprechung zulässiger Methoden erforderlich gewesen wäre. Soweit für Neben- und Heizkosten Pauschalen gewährt wurden, waren diese in einer Höhe festgesetzt, die rechtlich nicht geboten war und zumeist über den tatsächlichen Kosten lag.
Neben einem Bedarf setzt die Hilfe zum Lebensunterhalt Bedürftigkeit voraus. Diese liegt vor, wenn Personen ihren Bedarf nicht selbst, insbesondere durch Einsatz von eigenem Einkommen und Vermögen decken können. Die Bedürftigkeitsprüfung durch die Träger der Sozialhilfe wies vielfach Mängel auf. Bei der Ermittlung des Einkommens
- blieben Renten- und Kindergeldzahlungen ganz oder teilweise unberücksichtigt und
- wurden mögliche Renten-, Kindergeld-, Unterhaltsvorschuss- und Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten nach Grund oder Höhe nicht ausreichend geprüft.
Hinweisen auf Vermögen der Leistungsberechtigten, etwa in Gestalt von Sparguthaben, Kraftfahrzeugen oder Immobilien, gingen die Kommunen des Öfteren nicht mit der gebotenen Sorgfalt nach.