Jahresbericht 2024, Nr. 14 - Wirtschaftsführung des Landesbetriebs Landesforsten Rheinland-Pfalz

- Haushaltsgesetzgeber und Aufsicht unzureichend informiert, unbegründet hohe Rücklagen und Haushaltsreste, keine mittelfristige Finanzplanung -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Der Landesbetrieb Landesforsten wird weit überwiegend mit Zuschussmitteln des Landes finanziert. In den Jahren 2023 und 2024 sind 106 Mio. € pro Jahr vorgesehen. Die Wirtschaftspläne enthielten nicht alle notwendigen Angaben. Erläuterungen fehlten vollständig. Eine Bewertung der Finanzplanungen, der wirtschaftlichen Lage und des Zuschussbedarfs war damit für den Haushaltsgesetzgeber und die Aufsicht nicht möglich.

Langfristige finanzielle Folgen eingetretener Schäden sowie erkannter Risiken - etwa durch den Klimawandel - waren nicht in einer mittelfristigen Finanzplanung abgebildet.

Der Landesbetrieb rief die Landeszuschüsse über seinen Bedarf hinaus ab. Die daraus resultierenden Jahresüberschüsse führte er regelmäßig der freien Rücklage zu. Sie belief sich Ende 2022 auf 22 Mio. €. Zusätzlich zu Kreditzinsen des Landes fielen hierfür von 2014 bis 2022 beim Landesbetrieb 465.000 € für Verwahrentgelte (sogenannte Strafzinsen) an. Außerdem fehlte die schriftliche Zustimmung des Ministeriums der Finanzen zur Verwendung gesperrter Mittel.

Nicht abgerufene Zuschussmittel von 25,4 Mio. € wurden als Haushaltsreste übertragen. Eine schriftliche Begründung für die Erforderlichkeit der Mittel im folgenden Haushaltsjahr fehlte.

Eine strikte organisatorische und personelle Trennung zwischen Bediensteten des Landesbetriebs und der Aufsicht war nicht sichergestellt. Eine unterjährige bedarfsgerechte Berichterstattung gegenüber der Aufsicht fehlte.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) den Wirtschaftsplan des Landesbetriebs um Ist-Werte mindestens des zuletzt abgeschlossenen Wirtschaftsjahres sowie Erläuterungen zu ergänzen,

b) die Zuschussmittel des Landes im Wirtschaftsplan differenziert darzustellen,

c) die Stellen für Aufgaben des Landesbetriebs ausschließlich in dessen Stellenplan bei Kapitel 14 10 auszuweisen,

d) die schriftliche Zustimmung des Ministeriums der Finanzen zur Aufhebung der Sperre, die zudem schriftlich zu begründen ist, zu beantragen,

e) die Aufsicht organisatorisch strikt vom Landesbetrieb zu trennen und diesen zu Berichten an das Aufsichtsgremium nach Maßgabe des § 90 AktG zu verpflichten.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) im Wirtschaftsplan die Leistungen des Landesbetriebs zu konkretisieren sowie differenziert und eindeutig darzustellen sowie Verteilschlüssel nachvollziehbar zu begründen,

b) ergänzend zum Wirtschaftsplan eine mittelfristige Finanzplanung zu erstellen,

c) Zuschüsse des Landes nur anzufordern bzw. an den Landesbetrieb zu zahlen, soweit dessen Liquiditätsbedarf dies erfordert,

d) die freie Rücklage des Landesbetriebs bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Haushaltsresten bei Kapitel 14 10 mit einzubeziehen,

e) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben c, d und e zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/9553 S. 20):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Dem Grundsatz der Haushaltsklarheit im Sinne einer transparenten, übersichtlichen, vollständigen und systematischen Darstellung der Ansätze des Wirtschaftsplans wird durch die bei der Umstellung des Wirtschaftsplans in acht Leistungsgruppen (LG) zugrunde gelegte Aufschlüsselung der Verteilung der finanziellen Mittel für jede der acht LG (mit ihren Leistungsebenen) bis auf die unterste Kontenebene vollumfassend Rechnung getragen.
Hinter jedwedem Ertrag bzw. Aufwand im Wirtschaftsplan des Landesbetriebs stehen konkrete Konten, welche wiederum Produkten aus dem Leistungskatalog des Landesbetriebs zugeordnet sind.
Für ca. die Hälfte der Aufwendungen und Erträge ist eine eindeutige rechnerische Zuordnung zu Produkt und Leistung möglich (z. B. Produkt (BAB X020201 X) „Wildbret“ --> 100 % zuordenbar zur Leistung „weitere Rohstoffe“ der LG 4 „versorgende Leistungen“).
Andere Produkte wiederum bedienen zwangläufig verschiedene Leistungsgruppen und -ebenen, bspw. die im Jahresbericht unter 2.1.2 erwähnten Maßnahmen zur Sicherung des Waldzugangs.
Diese dienen nicht nur der Aufrechterhaltung der Basisleistungen, sondern auch der Schützenden- oder Versorgenden-Leistungen der LG 2 und 4. Diese Zuordnung geschieht nicht willkürlich, sondern spiegelt sich konkret in der Zuordnung der finanziellen Mittel auf Produkt- und Kontenebene wider. Um hier eine möglichst exakte Zuordnung zur Wahrung der Haushaltsklarheit zu gewährleisten, wurden spezielle Verteilschlüssel verwendet:
- Umlageschlüssel für Produkte, die in jeder Leistungsebene jeder LG vertreten sind, z. B. für Wege. Hier erfolgt eine Orientierung am internen Personalkostenschlüssel. Die Personalkostenschlüsselung wird für jede Haushaltsaufstellung neu gewichtet.
- Zuführungsschlüssel für die Produkte, die in jeder Leistungsebene jeder LG vertreten sind und welche die Erträge aus Zuweisungen des Landes (konsumtive Zuführungen) sowie die Erträge aus Investitionszuschüssen des Landes erhalten. Die Schlüsselung erfolgt bei Aufstellung des Wirtschaftsplans dergestalt, dass in jeder LG die Deckung des Aufwands gewährleistet ist, d. h. jede LG prozentual so viele Zuführungen erhält, dass der in der LG entstehende Aufwand kompensiert wird. Ein leichtes positives Ergebnis bis zu der Höhe der Investitionssumme in jeder einzelnen LG ist zur Sicherstellung einer Finanzierung der Investitionen umgesetzt. Die Schlüsselung wird für jede Haushaltsaufstellung neu gewichtet.
- Verteilschlüssel von Produkten über mehr als eine Leistung für Produkte, die in mehr als einer, aber nicht in allen Leistungsgruppen vertreten sind. Für diese wenigen Fälle ist die zugrunde gelegte Gewichtung das Resultat einer am 8. Oktober 2019 erfolgten umfassenden Prüfung, Analyse, Aus- und Bewertung durch eine Expertengruppe des Landesbetriebs.
Hingegen sind z. B. beim Produkt (BAB X091699 X) „Regiejagdausübung“ nur 10 % des Aufwands der Leistung „weitere Rohstoffe“ zuzuordnen, 50 % dem „Schutz der Wälder“, 30 % der „Biodiversität“ und 10 % dem „Wasserrückhalt“.
Es ist hierbei anzumerken, dass diese Produkte oft für Staats-, Kommunal- und Privatwälder gleichermaßen auftreten, was die Anzahl der erfolgten Schlüsselungen im o. a. Sinne nochmals verringert.
Diese unterschiedliche Gewichtung der Verteilschlüssel je Produkt und Leistung ist in ähnlicher Form auch bei betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden wie der Nutzwertanalyse anzutreffen, was im vorliegenden Fall einerseits eine sinnvolle Methodik zur zielgerichteten Allokation der finanziellen Mittel darstellt, andererseits aber die Schwierigkeit mit sich bringt, nicht ausschließlich durch objektive Maßstäbe begründbar zu sein, sondern zwangsläufig ein gewisses Maß an Subjektivität aufzuweisen. Diese zu relativieren und objektivieren war letztlich Aufgabe der bereits genannten Expertengruppe mit ausreichender Sachkenntnis und Urteilsfähigkeit, welche die Verteilschlüssel in langwierigen und komplexen  Arbeitsprozessen für jedes Produkt gewichtet hat. Diese Schlüsselung wurde seit der Umstellung auf die acht LG noch nicht evaluiert, weil sich an der überschaubaren Anzahl der betroffenen Produkte nichts geändert hat.

Zu Ziffer 3.2 b):
Wiederholt wurden in der Vergangenheit Versuche einer finanziellen Mittelfristplanung unternommen, die jedoch trotz intensiver Vor- und Variantenplanung bereits nach kürzester Zeit in wesentlichen Positionen erkennbar obsolet waren. Durch die Klimaveränderungen und die damit einhergehenden Witterungsunbilden, Kalamitäten und daraus resultierenden Überwälzungen der regionalen, überregionalen und globalen Holzmärkte haben sich die Voraussetzungen für belastbare mehrjährige Finanzprognosen weiter verschlechtert.
Verdeutlichen lässt sich dies mit dem im Zuge des Klimawandels offenbar gewordenen Risiko der Trocknis und damit einhergehender Effekte auf der Ertragsseite. Eine interne Abfrage zum Anteil des Kalamitätsanteils am Gesamteinschlag der Geschäftsjahre 2018 bis 2023 hat ergeben, dass vor allem die Holzart Fichte auf anhaltende, sich über mehrere Jahre erstreckende Dürreperioden mit hohen Ertragsausfällen reagiert. Diese Baumart bildet ca. ein Fünftel des rheinland-pfälzischen Baumbestands, aufgrund der Kalamitätsnutzungen in den vergangenen drei Jahren jedoch 60 % der Verkaufsmenge bzw. 52 % des Umsatzes aus Holzverkäufen und hat eine planmäßige Umtriebszeit (Wachstumszeit bis zur Erntereife) von 80 bis 120 Jahren. Der Anteil kalamitätsbedingter Nutzungen über alle Baumarten ist seit 2018 auf über 40 % des Gesamteinschlages (mit Spitzenwerten von bis zu 64 % in 2020) angestiegen, was zu Mehreinnahmen aus Holzverkäufen bei gleichzeitigem Abbau des Anlagevermögens geführt hat. Bei überregionaler Marktstörung kann dies jedoch auch zu erheblichem, nicht prognostizierbarem Preisverfall führen, der in der Folge eine Marginalisierung der Deckungsbeiträge bewirkt. Im Jahr 2020 führte dieser Effekt zu der Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts, um die Zahlungsfähigkeit des Landesbetriebs sicherzustellen. Die Abfederung des Risikos eines Ernteausfalls dieser Holzart lässt sich folglich nicht mittelfristig planen und umsetzen.
Selbst die Entwicklung von Extremwetterereignissen, wie der seit 2018 anhaltenden Dürre, lässt sich mittelfristig nicht annähernd prognostizieren. So lässt sich gemäß jüngsten Aussagen von Klimaforschern selbst im April nicht sagen, wie sich die Witterung im Sommer entwickeln wird, eine Dürresituation über mehrere Jahre hat es in dieser Intensität seit 1867 nicht mehr gegeben. Die Wetterentwicklung hat z. B. direkte Auswirkungen auf den Aufwand der biologischen Produktion in den Bereichen Pflanzung und Nachbesserung.
Demgegenüber unterliegen bereits jetzt alle Aufwandskonten einer mittelfristigen Planung, die mit hinreichender Prognosesicherheit und mit entsprechendem Vorlauf über mehrere Jahre antizipiert werden können. Dazu zählen z. B. die mittel- und langfristige Personalkostenplanung, eine mehrjährige Investitionsplanung oder die Aufwandpositionen der Waldpflege (5-Jahres-Naturalplanung und Kosten der Waldpflege, Wegeinstandhaltung).
Die durch den Landesbetrieb ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung und Erhaltung der Wälder zielen folglich auf eine langfristige Sicherstellung der Klimaresilienz des Waldes ab. Die vorgeschlagene „Abschätzung“ dieser Risiken im Zuge einer mittelfristigen Finanzplanung neben der Darstellung „absehbarer“ Aufwands- und Ertragsentwicklungen stellt einen zusätzlichen Aufwand ohne hinreichenden Erkenntnisgewinn dar. Der enge Austausch zwischen dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität und dem Ministerium der Finanzen im Zuge der Wirtschaftsplanaufstellung stellt indes sicher, dass die Entwicklung wichtiger Einnahme- und Ausgabegruppen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, wie Inflation und erhöhte Personalausgaben, z. B. durch Tarifsteigerungen, Eingang in die Haushalts- bzw. Wirtschaftsplanung findet.

Zu Ziffer 3.2 c):
Im laufenden Haushaltsjahr 2024 erfolgt der erste Abruf von Zuführungen erstmalig im Monat März. Künftige Abrufe werden nur in der Höhe des jeweils prognostizierten  Liquiditätsbedarfs erfolgen.
Die verringerten Abrufe von Zuführungen resultieren regelmäßig aus zusätzlichen Erträgen aus Holzverkäufen, die i.d.R. aufgrund von Kalamitätsnutzungen erfolgen und damit der Liquidierung von Anlagevermögen des Landesbetriebs geschuldet sind.

Zu Ziffer 3.2 d):
Die freie Rücklage wurde bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Haushaltsresten in der Vergangenheit stets mit einbezogen. Die vergleichsweise hohe momentane freie Rücklage ist jedoch hauptsächlich die Folge gestiegener Holzgelderlöse in den letzten Geschäftsjahren. Diese Steigerung wiederum ist vor dem Hintergrund der Kalamitätssituation als negativ zu bewerten, da insbesondere der Abbau von Käferschadholz bei den Nadelhölzern eine Zwangsnutzung unter immensem Wertverlust darstellte und die erwirtschafteten Beträge folglich als notgedrungen umgewandeltes und um die Einbußen im Gesamtertrag aufgrund verfrühter Ernte- und Wertverlust des Schadholzes gemindertes Betriebsvermögen des  Landesbetriebs zu werten sind (vgl. Ausführungen zu Ziffer 3.2 b)).
Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist der Abbau der freien Rücklage im laufenden Geschäftsjahr 2024 für u. a. Wiederbewaldungsmaßnahmen zur Rückwandlung in Anlagevermögen durch Etablierung einer neuen Waldgeneration, mit dem Ziel, die Rücklagen auf ein mit den Haushaltsresten abgestimmtes Niveau zurückzuführen.

Zu Ziffer 3.2 e) i.V.m. Ziffer 3.1 c):
Es ist vorgesehen, die Haushaltsmittel und Stellen der Landesbetriebsleitung im Ministerium für den Bereich der Ministerialforstabteilung, die u. a. Aufgaben einer obersten Fachbehörde, die Politikberatung, die Fachaufsicht über die nachgeordneten Dienststellen und auch die gesamtbetriebliche Steuerung wahrnimmt, weiterhin im Kapitel 14 01 zu veranschlagen. Derzeit ist der Entwurf einer Änderung der Organisationsverfügung für den Landesbetrieb Landesforsten in der Abstimmung. Mit einer Umsetzung ist im Verlauf des Jahres zu rechnen.

Zu Ziffer 3.2 e) i.V.m. Ziffer 3.1 d):
Die schriftliche Genehmigung des Ministeriums der Finanzen zur Aufhebung des Sperrvermerks in schriftlich zu begründenden Ausnahmefällen wird zukünftig eingeholt.

Zu Ziffer 3.2 e) i.V.m. Ziffer 3.1 e):
Es ist beabsichtigt, die Forstkommission in Zukunft regelmäßig mit Berichten zu informieren und eine transparente Trennung zwischen Aufsicht und Betrieb herbeizuführen. Hierzu ist beabsichtigt, die Organisationsverfügung für die Forstkommission entsprechend anzupassen. Diese befindet sich derzeit in der Überarbeitung. Eine Umsetzung ist im Verlauf des Jahres vorgesehen."