Kommunalbericht 2020, Nr. 1 - Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände
- strukturell ungesunde Kommunalfinanzen und pandemisch bedingte Mehrbelastungen -
Zusammenfassende Darstellung
Die Kassen der rheinland-pfälzischen Kommunen schlossen 2019 wie bereits in den beiden Vorjahren insgesamt mit Überschüssen ab. Allerdings fielen diese mit 263 Mio. € um 40 % geringer aus als 2018. Zudem wiesen erneut fast 40 % (976) der 2.467 Gemeinden und Gemeindeverbände Defizite aus. Das verdeutlicht weiterhin die strukturellen Probleme der Kommunalfinanzen und relativiert zugleich den in der Gesamtbetrachtung erreichten Überschuss.
Die Einnahmen stiegen gegenüber 2018 um fast 0,6 Mrd. € auf 15,7 Mrd. €. Abweichend von den Vorjahren trugen die Steuereinnahmen mit einem Plus von 92 Mio. € nur vergleichsweise gering zu den höheren Einnahmen bei. Maßgeblicher war der Zuwachs der Einnahmen aus laufenden Zuwendungen (+ 436 Mio. €, davon 143 Mio. € Mehreinnahmen aus Schlüsselzuweisungen). Zu diesen Einnahmen zählen auch die Kreis- und Verbandsgemeindeumlagen, die um 159 Mio. € stiegen. Das bedeutet, dass ein Teil der Einnahmenverbesserung "binnenfinanziert" wurde.
Die Ausgaben übertrafen mit 15,4 Mrd. € den Vorjahreswert um mehr als 0,7 Mrd. €. Davon entfielen fast 0,6 Mrd. € auf Mehrausgaben für konsumtive und knapp 0,2 Mrd. € auf investive Ausgaben. Die Ausgaben für soziale Leistungen blieben seit 2016 nahezu unverändert. Überdurchschnittlich stiegen die Personalausgaben, was u. a. auf Anpassungen der tariflichen Vergütung und der Beamtenbesoldung zurückzuführen war.
Nachdem 2017 und 2018 die kommunale Verschuldung rückläufig war, erhöhte sie sich 2019 um 48 Mio. €. Der Gesamtbetrag von 12,1 Mrd. € setzte sich aus investiven Schulden von 6,1 Mrd. € (+2,7 %) und konsumtiven Schulden (Liquiditätskredite) von 6,0 Mrd. €1 (- 1,9 %) zusammen. Rechnerisch war jeder Rheinland-Pfälzer mit 2.958 € durch Kommunalkredite verschuldet. Im Ländervergleich war dies die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung nach den saarländischen Kommunen.
Die konjunkturell bedingt sehr gute Einnahmenentwicklung der Vorjahre führte zwar zu Kassenüberschüssen; jedoch resultierte hieraus in den letzten Jahren nur ein vergleichsweise geringer Schuldenabbau, da die Überschüsse nicht durchweg bei hoch verschuldeten Kommunen anfielen. Auch unter günstigen Bedingungen würden – bei Fortschreibung der Tilgungsleistungen der letzten Jahre – rechnerisch wenigstens drei Jahrzehnte benötigt, um die Liquiditätskreditverschuldung abzutragen. Wird ergänzend berücksichtigt, dass Abschreibungen und Rückstellungen zu finanzieren sind sowie ein Erhaltungsbedarf im Infrastrukturvermögen besteht, wurde auch 2019 die nach wie vor bestehende Notwendigkeit zur Verbesserung der rheinland-pfälzischen Kommunalfinanzen sichtbar.
Diese unbefriedigende Situation wird sich – bedingt durch die finanziellen Auswirkungen der aktuellen Pandemie – deutlich verschlechtern, worauf entsprechende Kennzahlen für das erste Halbjahr 2020 hindeuten. Bund und Land unternehmen zwar große Anstrengungen, um die Folgen für die Kommunen z. B. durch die gemeinsame Kompensation von Gewerbesteuerausfällen abzumildern. Dennoch werden Einnahmenrückgänge bei Steuern und Gebühren und beispielsweise konjunkturbedingt höhere Sozialausgaben die Kommunalhaushalte zusätzlich belasten. Selbst wenn sich die Steuereinnahmen wie prognostiziert vergleichsweise schnell wieder dem "Vorkrisenniveau" annähern sollten, werden bis dahin Defizite durch Schulden finanziert. Der zu deren Tilgung erforderliche Schuldendienst betrifft vornehmlich nachfolgende Generationen.
Die im Ausblick (Tz. 6) zusammengefassten und in den früheren Kommunalberichten im Einzelnen aufgezeigten Konsolidierungsmöglichkeiten für die Kommunalhaushalte sind daher nach wie vor aktuell. Diese sollten von Land und Kommunen zur Lösung der seit Jahrzehnten bekannten kommunalen Finanzprobleme aufgegriffen werden.
1. Einschließlich Wertpapierschulden.