Jahresbericht 2020, Nr. 14 - Stiftung Staatliches Görres-Gymnasium Koblenz

- Mängel in Vermögensverwaltung, Rechnungslegung und Organisation -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die Stiftung hatte Ende 2017 Grundstücksflächen von mehr als 1,6 Mio. m² zu landwirtschaftlichen Zwecken verpachtet oder im Erbbaurecht vergeben. Möglichkeiten, die Pachten regelmäßig entsprechend den vertraglich vereinbarten Wertsicherungsklauseln anzupassen, nutzte sie nicht.

Erträge aus Wertpapierverkäufen wurden fehlerhaft ermittelt und zum Teil nicht zeitnah für Stiftungszwecke verwendet. Von den Zinserträgen legte die Stiftung jährlich 30 % erneut am Kapitalmarkt an, ohne zu prüfen, ob dies zur Erhaltung ihres Stiftungsvermögens geboten war.

Die dem Görres-Gymnasium zustehenden 25 % der Erträge verblieben im Haushalt der Stiftung und wurden für schulische Zwecke ausgegeben. Eine klare Trennung zwischen Schul- und Stiftungsausgaben fehlte.

Die Stiftung leistete Ausgaben für das Görres-Gymnasium, ohne diese auf dessen Ertragsanteil anzurechnen. Die Erträge, die dem Schulträger zu 75 % zustehen, wurden dadurch zu niedrig ausgewiesen.

Haushaltsrechtliche Bestimmungen wurden nicht immer beachtet. Ausgaben wurden bei unzutreffenden Titeln gebucht oder mit Einnahmen saldiert. Das trug zu falschen Rechnungsergebnissen bei.

Die fachgerechte Erhaltung und Erschließung der historischen Bibliothek war nicht dauerhaft sichergestellt.

Verantwortlichkeiten innerhalb der Stiftungsorganisation waren nicht hinreichend geregelt.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) im Rahmen der vertraglichen Regelungen zeitnah Pachtanpassungen vorzunehmenund ungenutzte Grundstücke soweit möglich einer ertragsbringenden Verwendung zuzuführen,

b) die Wertpapiererträge zutreffend zu ermitteln und vollständig in die auszukehrenden Stiftungserträge einzubeziehen,

c) die Notwendigkeit, jährlich 30 % der Zinserträge dem Stiftungskapital zuzuführen, zu prüfen,

d) sich um eine professionelle Unterstützung zur Verwaltung und wissenschaftliche Aufarbeitung der Bibliotheksbestände zu bemühen,

e) auf eine klare Trennung zwischen Schul- und Stiftungsausgaben hinzuwirken und die Stiftungserträge nicht um Ausgaben für das Gymnasium zu mindern,

f) die haushaltsrechtlichen Bestimmungen zur Buchführung zu beachten,

g) Verantwortlichkeiten innerhalb der Stiftungsorganisation klar zu regeln und den Handlungsrahmen für die Vermögensverwaltung festzulegen.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert, über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben c, d und g zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 17/11850 S. 31):

"Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 c):
Im Jahr 1999 war mit dem Rechnungshof ein sog. „Wiederanlagerabatt“ vereinbart worden, d.h. die Zuführung von 30 % der Zinserträge zum Stiftungskapital. Diese pauschalierte Zuführung zum Stiftungskapital sollte der dauerhaften Kapitalerhaltung und damit der dauerhaften Sicherung der Erfüllbarkeit des Stiftungszwecks dienen. Eine jährliche Prüfpflicht des Wiederanlagerabatts wurde nicht vereinbart. Die nun vorgeschlagene regelmäßige Prüfpflicht wird vor diesem Hintergrund als Bestätigung der guten Finanzlage der Stiftung gewertet und als Impuls, die Vorsorge zugunsten der Ausschüttung der Erträge zu reduzieren. Der Verwaltungsbeirat der Stiftung hat sich in seiner letzten Sitzung Ende 2019 für die Beibehaltung des bewährten Wiederanlagerabatts ausgesprochen, da er wesentlich zu einer Mehrung des Stiftungsvermögens und dauerhaften Sicherung der Erträge beigetragen hat.

Die Höhe des Wiederanlagerabatts (bis maximal 30 %) wird gleichwohl zukünftig regelmäßig überprüft und ggf. angepasst. Für das Haushaltsjahr 2020 wird auf den Wiederanlagerabatt vollständig verzichtet.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 d):
Der bedeutendste Teil der historischen Bibliothek (ca. 300 Handschriften und etwa 500 Inkunabeln), die bis auf das Jahr 1580 und das damals gegründete Jesuitenkolleg zurückgeht, liegt bereits seit dem 8. Oktober 1908 im „Königlichen Staatsarchiv“, dem heutigen Landeshauptarchiv Koblenz. Die 20 wertvollsten auf Pergament geschriebenen Codices stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert und sind teils mit aufwändigem Buchschmuck und Noten ausgestattet. 2012 übergab die Stiftung dem Landeshauptarchiv (unter Beibehaltung des Eigentums) 20 weitere wertvolle mittelalterliche Handschriften aus dem „Altbestand“ der Bibliothek. Das Landeshauptarchiv ist in der Lage, die kostbaren Bücher konservatorisch dauerhaft zu sichern und Dritten für die wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Um den kulturellen Wert insgesamt zu erhalten, wurde die Bibliothek in der Vergangenheit am Schulstandort mit engagierter ehrenamtlicher, persönlicher Unterstützung erhalten und über verschiedene Kataloge in Teilen für Recherchezwecke öffentlich gemacht.

Diese Unterstützung ist – altersbedingt – Mitte 2018 weggefallen. Die Schulleitung des Görres-Gymnasiums hat sich in ihrer Funktion als Vorsitzende des Verwaltungsbeirats um Ersatz bemüht, im Ergebnis jedoch ohne Erfolg.

Professionelle Unterstützung für die Bibliothek ist mit Kosten verbunden, die seitens der Stiftung vermieden wurden, um das Vermögen und die Erträge der Stiftung zugunsten der Schule und des Schulträgers als Essenz des Stiftungs-Zwecks nicht zu belasten.

Aufgrund der aktuellen umfangreichen Anpassungsprozesse bei der Stiftung und der dafür erforderlichen personellen Ressourcen ist derzeit eine Bestandserhaltung und sachgerechte Vorbereitung weiterer Schritte das anvisierte realistische Ziel.

Die Stiftung hält dafür fachkundige Beratung für notwendig und sinnvoll, um die historische Bibliothek zu erhalten und zukunftsfest auszurichten.   

Der Vorstand hat bereits Gespräche mit dem Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (MWWK) geführt. Wesentliches Ergebnis ist, dass eine umfassende aktuelle Bestands- und Zustandserhebung erforderlich ist, um darauf aufbauende nachfolgende Schritte zielsicher angehen zu können. Teilweise ist nur eine Revision des Bestandes erforderlich; ehrenamtliche Vorleistungen lassen sich gut verwerten.
Teilweise ist aber auch völlig neu aufzusetzen. Daher ist professioneller externer Sachverstand erforderlich. Hier bietet sich eine Kooperation mit der Universität Koblenz an (alternativ auch mit dem Landes- oder Bundesarchiv in Koblenz). Geeignete Kontakte werden hier derzeit angebahnt.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 g):
Die Landesverordnung über die "Stiftung Staatliches Görres-Gymnasium Koblenz" bildet den vorgegebenen organisatorischen Rahmen der Stiftung.

Die danach vorgegebenen Aufgaben der Schulleitung hinsichtlich der Führung der laufenden Geschäfte und des Vorsitzes des Verwaltungsbeirats der Stiftung sowie die in der Landesverordnung nicht unmittelbar vorgesehene Rolle des Vermögensverwalters wurden intern konkretisiert. Weitere Konkretisierungen und Abgrenzungen folgen. Auch ist derzeit eine Anlagerichtlinie als Handlungsrahmen für den Vermögensverwalter in Erarbeitung. Die Anordnungsbefugnisse für die Kassengeschäfte, die Haushaltsüberwachung, die Verfügungsberechtigungen, Form und Inhalt von Anordnungen sowie Zahlungsabwicklungen werden neu festgelegt.

Über das neu eingeführte schuleigene Konto ist die jeweilige Rolle der Schulleitung nunmehr klar abgrenzbar. Schulen sind nach § 73 Schulgesetz (SchulG) selbst nicht rechtsfähig. Dies hatte bisher eine einfache und klare Zuweisung des Anteils der Schule an den Stiftungserträgen verhindert, wie es gegenüber dem Schulträger hinsichtlich seines Anteils vollzogen wird. Seit Ende 2019 gibt es in Rheinland-Pfalz erstmals die Möglichkeit, ein schuleigenes Konto einzurichten. Davon hat das Görres-Gymnasium Anfang des Jahres 2020 auf Veranlassung des Stiftungsvorstandes Gebrauch gemacht.

Durch die klarere Trennung zwischen Stiftungs- und Schulverwaltung wird sich deutlich größere Transparenz einstellen. Darüber hinaus wurde im Haushalt der Stiftung ein Titel entsprechend dem für die Stadt Koblenz eingerichtet, über den die Stiftung die für die Schule bestimmten Beträge ausreicht.

Die Stiftung wickelt dementsprechend – bereits jetzt – ausschließlich Ausgaben der Stiftung über ihren Haushalt ab."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 17/12710 S. 11):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) eine Erhöhung der Einnahmen aus dem Grundvermögen angestrebt wird,

b) eine zutreffende Ermittlung der Wertpapiererträge sowie eine regelmäßige Prüfung, inwieweit eine Zuführung von Zinserträgen zum Stiftungskapital erforderlich ist, sichergestellt werden sollen,

c) künftig beachtet wird, dass Ausgaben für das Gymnasium die Erträge der Stiftung nicht mindern und nur Sach- und Personalausgaben der Stiftung über deren Verwaltungshaushalt abzuwickeln sind,

d) künftig die Ausgaben bei den zutreffenden Titeln gebucht und belegt werden,

e) die Aufgaben von Schulleitung und Vermögensverwalter konkretisiert wurden, weitere Zuständigkeitsabgrenzungen vorgenommen werden und eine Anlagerichtlinie als Handlungsrahmen für die Vermögensverwaltung erarbeitet wird.

Die Landesregierung wird aufgefordert, über die Ergebnisse der Bemühungen zur Optimierung der Verwaltung und wissenschaftlichen Aufbereitung der Bibliothek zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im August 2020 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 17/14372 S. 14):

"Das Landesbibliothekszentrum (LBZ) hat seinen Hauptsitz in Koblenz und bereits vergleichbar komplexe Projekte durchgeführt.
Da ein über Jahrhunderte gewachsener Buch- und Schriftenbestand als Gesamtheit eine kulturelle und auch identitätsstiftende Bedeutung hat, war es der Stiftung wichtig, den Bestand möglichst in Koblenz zu erhalten und mit dem LBZ einen regionalen Partner zu finden.  

Nach intensiven Beratungen ist es Ende September 2020 gemeinsam mit der Stadt Koblenz (Schulträger und Gebäudeeigentümer), dem Ministerium für Bildung (Vorstand der Stiftung), dem Ministerium für  Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie dem LBZ gelungen, eine Vorgehensweise zur Sicherung und Hebung des Kulturschatzes der historischen Stiftungsbibliothek zu vereinbaren.

Das LBZ stellt seine Kompetenz zur Verfügung und erarbeitet einen Fahrplan zu den sachgerechten nächsten Schritten und nimmt seinen gesetzlichen Auftrag wahr.

Eine erste Bestandsaufnahme des LBZ hat Anfang Oktober in der Stiftung stattgefunden. Daraus ergab sich bereits, dass der Aufwand zum Erhalt sowie zur Aufbereitung und Nutzbarmachung der historischen Bibliothek sehr umfangreich sein wird und viel Zeit und Ressourcen benötigt werden. Das Schulgebäude ist für eine sachgerechte Bestandserhaltung und Aufarbeitung nach heutigen Standards nicht mehr geeignet.

Das LBZ hat daher empfohlen, einen Teil der Buchbestände in drei Teilmengen auszulagern (bis zum Erscheinungsjahr 1700, bis 1816 sowie bis 1850). Mit den Bänden des 16. und 17. Jahrhunderts sollte begonnen werden. Zur Bearbeitung müssten diese auf die Pfälzische Landesbibliothek (PLB Speyer) und die Rheinische Landesbibliothek (RLB Koblenz) als Teile des LBZ aufgeteilt werden. Derzeit erstellt das LBZ ein Konzept.

Dabei hat das LBZ darauf hingewiesen, dass mit den vorhandenen Ressourcen eine Erfüllung der notwendigen Arbeiten unmöglich sein und dieses Projekt mit Blick auf die Zeit eine Aufstockung der Ressourcen erfordern wird.

Das vom LBZ zu erarbeitende Konzept wird die einzusetzenden Ressourcen eingehend zu beurteilen, darzustellen und zu begründen haben. Auf dieser Grundlage muss sodann über die weitere Vorgehensweise entschieden werden."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Angelegenheit im Rahmen des Entlastungsverfahrens für erledigt zu erklären (Drucksache 18/1075 S. 21).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2021 gefasst.