Jahresbericht 2023, Nr. 19 - Zahlung von Funktions-Leistungsbezügen an Präsidiumsmitglieder der Hochschulen

- starker Anstieg der Bezüge gefährdet Angemessenheit des Besoldungsgefü­ges -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die hauptamtlichen Präsidiumsmitglieder der Hochschulen verzeichneten seit 2004 erhebliche Besoldungszuwächse.

Bei den Universitäten erhöhten sich die Gesamtbezüge der Kanzlerinnen und Kanz­ler um bis zu vier und die der Präsidenten um teilweise mehr als vier Besoldungs­gruppen. Das Besoldungsniveau der Präsidenten lag zuletzt durchgehend oberhalb der Besoldungsgruppe B 9. Deren monatliche Gehaltszuwächse betrugen mindes­tens 3.200 €.

Wesentliche Bestandteile der Bezüge sind Leistungsbezüge. Das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit verstieß bei deren Gewährung häufig gegen gesetz­liche Vorgaben:

  • Teilweise wurde die gesetzlich festgelegte B 10-Obergrenze überschritten, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen.
  • Teilweise wurden Funktions-Leistungsbezüge unzulässigerweise für Tätigkei­ten gewährt, die nicht zu den Aufgaben der Hochschulleitung bzw. der Hoch­schulselbstverwaltung gehörten.
  • Die vereinbarten Ziele waren überwiegend als Grundlage für eine Erhöhung der Leistungsbezüge nicht geeignet.
  • Der Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung wurde nicht immer beach­tet.

Das entstandene Besoldungsgefüge ist sowohl im Vergleich zwischen den Hoch­schulen als auch in Relation zu vergleichbaren Funktionen in der Landesverwaltung nicht mehr angemessen.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) die gesetzlichen Voraussetzungen für die Überschreitung der B 10-Obergrenze einzuhalten und das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands konkret und nachvollziehbar zu begründen,

b) sicherzustellen, dass Zielvereinbarungen als Grundlage für die Bemessung bzw. Erhöhung variabler Leistungsbezüge konkrete und messbare Ziele enthalten, die einen konkreten Leistungsbezug aufweisen und sich von den allgemeinen Aufgaben der Mitglieder der Präsidien unterscheiden sowie für die Zielerreichung einen konkreten Termin festzulegen,

c) die Rückforderung rechtswidrig gewährter Leistungsbezüge zu prüfen,

d) die maßgeblichen Aspekte der Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen in den Personalakten nachvollziehbar zu dokumentieren,

e) die Bemessung der festen Funktions-Leistungsbezüge orientiert an der Größe der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in der Landesverordnung über Leistungsbezüge (HSchulForschZulV) verbindlich zu regeln.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) sicherzustellen, dass bei der Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen die Angemessenheit des Besoldungsgefüges beachtet wird,

b) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben c, d und e zu berichten."

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/6307 S. 28):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Das Besoldungssystem hat sich durch die Reform nicht nur für Professorinnen und Professoren, sondern auch für Hochschulleitungsmitglieder verändert und ermöglicht nun frei verhandelbare Gehaltsbestandteile, also eine im Besoldungssystem der Beamten untypische, flexible Vergütungsstruktur. Neben der Honorierung von individuellen Leistungen findet auch der Verdienst vor der Übernahme des Hochschulleitungsamtes Berücksichtigung. Das führt zu individuell unterschiedlichen Bezügen und vereinzelt zu einer hohen Anfangsvergütung. Gleichzeitig haben sich Aufgaben und Anforderungen an Hochschulleitungen gerade in den letzten Jahren stark gewandelt, die Aufgaben sind vielfältiger und komplexer geworden; die Anforderungen sind daher gestiegen, dies rechtfertigt auch die gestiegenen Bezüge. Zudem stehen die Hochschulen in zunehmenden Wettbewerb um die Gewinnung von hoch qualifizierten Wissenschaftsmanagerinnen und -managern als Führungspersonal. Dies wirkt sich letztlich auch auf die Höhe der Bezüge aus.

Zukünftig wird die Angemessenheit des Besoldungsgefüges noch stärker in den Blick genommen werden. Primäre Bezugsgröße sind allerdings die Hochschulen des Landes mit den o. g. Parametern, die bei der Gewährung und Bemessung ausschlaggebend sind.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1. c):
Die Prüfungen über die Rückforderung rechtswidrig gewährter Leistungsbezüge sind noch nicht abgeschlossen.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1. d):
Die Dokumentation der maßgeblichen Aspekte der Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen in den Personalakten erfolgt zukünftig so, dass die Gründe nachvollziehbar sind.

Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1. e):
Die Festlegung der festen Funktions-Leistungsbezüge in § 5 Abs. 2 der Landesverordnung über Leistungsbezüge der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HSchulForschZulV) erfolgte unbeschadet der Ansehung des jeweiligen Amtes einheitlich mit dem Ziel, die Besoldungseinbußen, die bei einem Wechsel aus dem Amt der Besoldungsgruppe B bzw. A in das Amt W2 bzw. W3 (ohne Leistungsbezüge) entstehen, zu 95 % auszugleichen. Vor diesem Hintergrund liegt der Festlegung der festen Funktions-Leistungsbezüge durchaus ein einheitlicher Maßstab bei allen Ämtern zugrunde.

Dieser einheitliche Maßstab würde aufgegeben, wenn nunmehr einzelne Hochschulleitungsämter eine andere Behandlung bei der Festlegung der festen Funktions-Leistungsbezüge erfahren sollen. Damit würde auch letztlich der Systematik, die der Regelung des § 5 Abs. 2 HSchulForschZulV zugrunde liegt, widersprochen.

Dazu bedürfte es gewichtiger und verfassungsrechtlich tragender Gründe, damit eine unterschiedliche Behandlung bei der Festlegung der festen Funktions-Leistungsbezüge innerhalb der Hochschulleitungsebene verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

Die Regelungen über die Funktions-Leistungsbezüge generell auf den Prüfstand zu stellen und ggf. dabei auch zwischen den hauptamtlichen und nichthauptamtlich wahrgenommenen Aufgaben zu differenzieren, wird aktuell diskutiert."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S. 15 ):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) die Angemessenheit des Besoldungsgefüges bei der Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen künftig stärker berücksichtigt und ein Konzept zur Herstellung von Transparenz bezüglich der Höhe der Bezüge der Präsidiumsmitglieder der Hochschulen erstellt wird,

b) die Landesverordnung über die Gewährung von Leistungsbezügen überarbeitet wird und hierbei eine gestufte Zuordnung der festen Funktions-Leistungsbezüge analog zu anderen Hochschulen und Ämtern erfolgen soll,

c) künftig mehr konkrete sowie quantitative Elemente in die Zielvereinbarungen aufgenommen werden und durch konkrete Formulierungen klargestellt wird, dass Funktions-Leistungsbezüge auch gekürzt werden können,

d) die maßgeblichen Aspekte der Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen künftig in den Personalakten nachvollziehbar dokumentiert werden,

e) ein Konzept zur Herstellung von Transparenz hinsichtlich der Höhe der Bezüge der Präsidiumsmitglieder der Hochschulen erarbeitet wird und die Verpflichtung zur Transparenz gesetzlich verankert werden soll.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) über das Ergebnis der Prüfung der Rückforderung rechtswidrig gewährter Leistungsbezüge zu berichten,

b) über das Ergebnis der Überarbeitung der Landesverordnung über die Gewährung von Leistungsbezügen zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 21):

"Zu Buchstabe a):
Die Prüfung der Rücknahme einzelner Leistungsbezüge wurde umfassend durchgeführt. Die erforderlichen Rückforderungen wurden eingeleitet.
Die Vorlage der ausführlichen Prüfungsvermerke, die auch geschützte personenbezogene Daten enthalten, erfolgt unmittelbar beim Rechnungshof im Rahmen des Beantwortungsverfahrens.

Zu Buchstabe b):
Im Rahmen der in dieser Legislaturperiode angestrebten Novellierung des Hochschulgesetzes (HochSchG) wird auch das damit zusammenhängende Nebenrecht wie die Landesverordnung über die Leistungsbezüge sowie Forschungs- und Lehrzulagen im Hochschulbereich (HSchulForschZulV) angepasst. Die weitere Berichterstattung wird im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens erfolgen."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Buchstabe a)

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, über das Ergebnis der Prüfung der Rückforderung rechtswidrig gewährter Leistungsbezüge zu berichten, weist der Rechnungshof auf Folgendes hin: 

Die Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen für Präsidiumsmitglieder ist nur für Aufgaben der Hochschulleitung oder der Hochschulselbstverwaltung zulässig, die ihnen nach dem Hochschulgesetz obliegen. Funktions-Leistungsbezüge für sonstige vom Ministerium übertragene Aufgaben sind gesetzlich nicht vorgesehen. Es bedarf dazu einer entsprechenden Regelung im Landesbesoldungsgesetz. 

In einem Fall hatte die unzulässige Gewährung von Funktions-Leistungsbezügen zur Folge, dass der Präsident einer kleinen Hochschule für angewandte Wissenschaften insgesamt höhere Bezüge erhielt als die Präsidenten von deutlich größeren Universitäten oder Hochschulen. Dies verstößt gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Besoldung.
 

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/10344 S. 17):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) die Prüfung der Rücknahme einzelner Leistungsbezüge durchgeführt und die erforderlichen Rückzahlungen bereits vereinnahmt wurden,
b) in dieser Legislaturperiode bei der beabsichtigten Novellierung des Hochschulgesetzes auch die Landesverordnung über die Leistungsbezüge angepasst werden soll."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.