Jahresbericht 2023, Nr. 13 - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

- Fehler bei der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Bauunterhal­tungsarbeiten -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Bei der Vergabe von Rahmenvereinbarungen für Bauunterhaltungsarbeiten wählte die Universitätsmedizin seit 2003 vielfach die falsche Verfahrensart. Teilweise schrieb sie Leistungen beschränkt statt öffentlich und national statt europaweit aus.

2020 verwendete sie ungeeignete Vergabeunterlagen, nutzte ein fehlerhaftes Ange­botswertungssystem und bezuschlagte Angebote, die auszuschließen waren. Sie hob Ausschreibungen nach Zuschlagserteilung auf. Eine Beratungsfirma, die sie bei der Ausschreibung unterstützte, beauftragte sie vergaberechtswidrig. Die mangel­hafte Leistung dieser Firma hatte keine Konsequenzen.

Aufgrund der fehlerbehafteten Vergabeverfahren wurden seit 2003 weitgehend die­selben Firmen beauftragt.

Die Vergabe von Einzelaufträgen aus den Rahmenvereinbarungen erfolgte regel­mäßig ohne vorherige Festlegung des Leistungsumfangs und ohne Kostenschät­zung. In vielen Fällen kam es zu nachträglichen Auftragserweiterungen. Bis zur Ab­rechnung erhöhten sich die Kosten durchschnittlich um knapp 400 %. Über Rah­menverträge wurden Einzelaufträge erteilt, die wegen der Auftragshöhe separat aus­zuschreiben gewesen wären.

Rechnungen bezahlte die Universitätsmedizin regelmäßig ungeprüft. Rechnungsbe­gründende Unterlagen fehl­ten. Eine Nachprüfung von acht Einzelbelegen ergab, dass die Rechnungen zwischen 12 % und 42 % überzahlt waren.

Eine Ausschreibungs-, Vergabe- und Abrechnungssoftware, um effizient Kosten­schätzungen und Leistungsverzeichnisse aufzustellen sowie Abrechnungen zu prü­fen, fehlte.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) bei Vergabe von Rahmenvereinbarungen für Bauunterhaltungsarbeiten:

- Aufträge die den EU-Schwellenwert überschreiten, europaweit auszuschreiben,

- die zulässigen Vertragslaufzeiten nicht ohne erneutes Vergabeverfahren zu verlängern,

- in die Auftragsbekanntmachungen alle erforderlichen Angaben aufzunehmen und bei Vertragsdauern von mehr als zwei Jahren Preisgleitklauseln zu vereinbaren,

- nur auftragsbezogene Eignungskriterien festzulegen und diese zu dokumentieren,

- die vergaberechtlich zwingenden Ausschlussgründe zu beachten,

- auf eigene Bewertungsmodelle nach Punkten zu verzichten und stattdessen dem im Vergabehandbuch vorgegebenen Preiswettbewerb zu folgen,

- Aufhebungen von Ausschreibungen rechtskonform durchzuführen,

b) bei der Beauftragung von Beratungsleistungen das Vergaberecht zu beachten und den beauftragten Dienstleister besser zu überwachen,

c) in Bezug auf Einzelaufträge aus Rahmenvereinbarungen:

- eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibungen mit Kostenermittlungen zu erstellen,

- Leistungen ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 20.000 € dem Wettbewerb zu unterstellen,

- Aufträge schriftlich vor Ausführungsbeginn zu erteilen,

- Rechnungen fachtechnisch, sachlich und rechnerisch unter Hinzuziehung aller rechnungsbegründenden Unterlagen zu prüfen und dies auf den Rechnungen - handschriftlich oder in elektronischer Form - kenntlich zu machen,

- einen Prozess zu etablieren, der das Servicecenter Technik vor der Festlegung des Vergabeverfahrens verpflichtet, dem Servicecenter Einkauf den geschätzten Auftragswert für den kompletten Auftrag mitzuteilen,

d) für das Servicecenter Technik in ausreichender Zahl Lizenzen für ein AVA-Programm mit elektronischen Standardleistungsbüchern zu beschaffen und damit befasste Mitarbeiter darin zu schulen,

e) das mit der Ausschreibung von Bauverträgen betraute Personal regelmäßig im Vergabe- und Vertragsrecht zu schulen,

f) die hauseigene Einkaufsrichtlinie zu überarbeiten,

g) die für Rahmenvereinbarungen im Vergabehandbuch vorgesehenen Vertragsbedingungen und Vergabeunterlagen zu verwenden und auf selbst erstellte Unterlagen zu verzichten,

h) die Anwendung des Vergabehandbuchs in der hauseigenen Einkaufsrichtlinie festzulegen.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert, über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben c und f zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/6307 S. 22):

"Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 c) und f):
Der Vorstand wird dem Aufsichtsrat in seiner kommenden Sitzung im Juni zu den getroffenen Maßnahmen und der weiteren Entwicklung berichten."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526  S. 11):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Universitätsmedizin zugesagt hat,

a) die aktuellen vergaberechtlichen Vorschriften, Wertgrenzen und Schwellenwerte künftig zu beachten,

b) die im Vergabehandbuch vorgegebene Höchstdauer für die Laufzeit von Rahmenvereinbarungen nicht mehr zu überschreiten,

c) bei der Ausschreibung von Zeitvertragsarbeiten widerspruchsfreie und vollständige Vergabeunterlagen zu erstellen, erforderliche Preisgleitklauseln zu vereinbaren und ausschließlich die für Rahmenvereinbarungen vorgesehenen Formblätter des Vergabehandbuchs zu benutzen,

d) bei der Prüfung von Angeboten Unterlagen nach einheitlichen Maßstäben nachzufordern, zwingende Ausschlussgründe zu beachten, auf die Einhaltung des Landestariftreuegesetzes zu achten und die Eignungskriterien auftragsbezogen zu definieren,

e) bei der Wertung von Angeboten statt auf eigene, fehlerhafte Punktesysteme auf das Vergabehandbuch zurückzugreifen,

f) keine Ausschreibungen nach Zuschlagserteilung mehr aufzuheben,

g) bei der Beauftragung von Beratungsfirmen die erwartete Leistung vorab eindeutig und abschließend zu beschreiben, im Falle einer Freihändigen Vergabe alle Bieter gleich zu behandeln und Dienstleister bei der Vertragsdurchführung zu kontrollieren.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) über die eingeleiteten Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Leistungsverzeichnisse von der Universitätsmedizin selbst aufgestellt werden, Schätzwerte vorab ermittelt, Vergleichsangebote eingeholt und Aufträge vor Ausführungsbeginn erteilt werden,

b) über die eingeleiteten Maßnahmen zur Einhaltung der Wertgrenze für die Erteilung von Einzelaufträgen auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen und den zulässigerweise abrufbaren Leistungen,

c) über die eingeleiteten Maßnahmen zur Optimierung des Rechnungslaufs,

d) über die eingeleiteten Maßnahmen zur Einführung einer Ausschreibungs-, Vergabe- und Abrechnungssoftware (AVA-Programm) und

e) über den Inhalt und die Einführung der neuen Einkaufsrichtlinie

zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 13):

"Der Vorstand der Universitätsmedizin hat dem Aufsichtsrat in einer Vorlage zur Aufsichtsratssitzung am 8. Dezember 2023 über den Stand der Aufarbeitung der vom Rechnungshof festgestellten Defizite berichtet. Der Vorstand wurde gebeten, die Vorlage dem Rechnungshof zur Verfügung zu stellen.

Zu Buchstabe a):
Der Vorstand hat mitgeteilt, dass das Organisationshandbuch für die Abteilung Technik bis Februar 2024 erstellt sein wird. Dasjenige der Stabstelle Bauplanung ist bereits erstellt. Bezüglich der Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche zwischen der Stabstelle Bauplanung, der Abteilung Technik und auch der Stabstelle Baumasterplanung hat die Universitätsmedizin inzwischen mitgeteilt, dass diese im Jahr 2024 zu einem Geschäftsbereich zusammengelegt werden sollen.
Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung von Vergabeverfahren werden diese in Zusammenarbeit mit dem Servicecenter Einkauf durchgeführt, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierfür geschult wurden. Ebenso werden im Servicecenter Einkauf Vorlagemuster und Formulare vorgehalten. Wenn dies notwendig ist, lässt sich das Servicecenter Einkauf rechtlich beraten oder nutzt den Erfahrungsaustausch mit der Einkaufsgemeinschaft UNICO.

Zu Buchstabe b):
Der Vorstand hat mitgeteilt, dass die Rahmenverträge, inklusive der Leistungsbeschreibungen, künftig mit dem Servicecenter Einkauf abgestimmt werden und große Einzelaufträge außerhalb des Leistungsspektrums eines Rahmenvertrages gesondert als Einzelaufträge vergeben werden.

Zu Buchstabe c):
Hierzu hat der Vorstand mitgeteilt, dass die Rechnungen künftig im Servicecenter Technik geprüft werden und das Ergebnis auf der Rechnung vermerkt wird. Die Prüfung erfolgt in einem strukturierten und mehrstufigen Verfahren.

Zu Buchstabe d):
Die Universitätsmedizin nutzt nach Auskunft des Vorstands inzwischen die Software „cosinex“, die auch vom Land Rheinland-Pfalz verwendet wird.

Zu Buchstabe e):
Die Einkaufsrichtlinie wird aktuell überarbeitet. Eine entsprechende Projektgruppe ist nach Auskunft des Vorstands gegründet. Die Überarbeitung soll bis Juni 2024 abgeschlossen sein."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Angelegenheit im Rahmen des Entlastungsverfahrens für erledigt zu erklären (Drucksache 18/10344 S. 21).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.