Jahresbericht 2022, Nr. 16 - Stütz- und Sicherungsbauwerke an Landesstraßen

- Mängel bei der Bauwerksprüfung und -erhaltung, Verantwortlichkeiten oft ungeklärt, keine nachhaltige Erhaltungsstrategie -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Der Landesbetrieb Mobilität prüfte und überwachte Stützbauwerke häufig nicht ordnungsgemäß. Die vorgeschriebenen Prüfintervalle wurden teilweise erheblich - in einigen Fällen sogar um Jahrzehnte - überschritten.

Die erforderlichen Erhaltungsausgaben wurden zwischen 2007 und 2016 im Mittel um 35 % unterschritten. Weil Erhaltungsmaßnahmen unterblieben oder aufgeschoben wurden, kam es zu teilweise gravierenden Zustandsverschlechterungen und in mehreren Fällen zu Teileinstürzen.

Der Anteil der Stützbauwerke, für die mittelfristig größere bauliche Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind, ist deutlich angestiegen. Aufgrund der Altersstruktur der Bauwerke werden zudem langfristig größere Erhaltungsmaßnahmen verstärkt erforderlich.

Die Datenlage zur Bau- und Unterhaltungslast von Stützbauwerken war in einer Vielzahl von Fällen unzureichend. Bei 695 Bauwerken hat der Landesbetrieb die Baulast Stellen außerhalb der Landesverwaltung („Sonstige“) und bei 76 Bauwerken die Baulast privaten Eigentümern zugeordnet. Tatsächlich lag die Baulast in mehreren geprüften Fällen beim Land.

Eine nicht geklärte Baulastträgerschaft und zu geringe Erhaltungsausgaben bergen Risiken. Insbesondere Extremwetterlagen können die Standsicherheit der Stützbauwerke und die Sicherheit des Verkehrs auf den Landesstraßen gefährden.

Für Sicherungsbauwerke, z. B. Steinschlag- und Schneeschutzzäune, fehlten Regelungen zur turnusmäßigen Prüfung. Der Landesbetrieb verfügte auch nicht über hinreichende Daten, um die Erhaltung der Sicherungsbauwerke landesweit zu kontrollieren und wirtschaftlich zu steuern.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) durch eine verbesserte Arbeitsorganisation sicherzustellen, dass der Landesbetrieb Mobilität die Stützbauwerke in dem nach DIN 1076 vorgeschriebenen Turnus zukünftig ordnungsgemäß prüft und überwacht,

b) Gehölz- und Grünschnittarbeiten intern besser abzustimmen und zu intensivieren, um Schadensausbreitungen an Stützbauwerken zu vermeiden.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) alle im Eigentum Dritter befindlichen Stützbauwerke, bei denen eine Baulastträgerschaft des Landes in Betracht kommt, im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltungslast zu überprüfen,

b) die Vulnerabilität von Stützbauwerken im Hinblick auf die mit Extremwetterereignissen verbundenen Gefahren zu untersuchen und Risiken bei der Dringlichkeitsbewertung von Erhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen,

c) eine Strategie für Stützbauwerke zu entwickeln und umzusetzen, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauern ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann,

d) die für den Straßenbau veranschlagten Mittel nach dem Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ verstärkt für den Erhalt von Stützbauwerken einzusetzen, um so verfrühte und kostenträchtige Ersatzneubauten zu vermeiden,

e) die für das Erhaltungsmanagement der Sicherungsbauwerke erforderlichen Daten zu erfassen, in einer Datenbank zu pflegen, regelmäßig auszuwerten sowie spezifische Regelungen für die turnusmäßige Prüfung und Zustandsbewertung von Sicherungsbauwerken einzuführen,

f) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/3200 S. 24):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Gemäß den Ausführungen des Rechnungshofs besteht die Straßenbaulast für ein Stützbauwerk unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an dem Bauwerk bzw. an dem Grundstück, auf dem das Bauwerk errichtet ist. Maßgeblich ist allein, ob das Bauwerk rechtlich als Straßenbestandteil einzuordnen ist. Das ist der Fall, wenn ein funktionaler Zusammenhang zur Straße besteht, d. h. das Stützbauwerk zur Erfüllung der Aufgaben aus der Straßenbaulast erforderlich ist und daher überwiegend der Straße dient.
Aufgrund der Entwicklung der Datenbank zu den Bauwerksdaten vom Lochkartenformat zum Programmsystem SIB-Bauwerke können erst seit Ende 2000 umfassende Datenerfassung und Speicherung von Dokumenten erfolgen.
Für alle neuen Bauwerke - oder nach umfangreichen Instandsetzungen - erfolgt die Datenerhebung im Umfang des Gesamtdatenbestandes. Für bestehende Stützwände in sonstiger Baulast ist i. d. R. nur ein sehr geringer Datenumfang vorhanden. Es handelt sich bei diesen Stützwänden vorrangig um alte Bauwerke, für die überwiegend keine historischen Dokumente, Unterlagen und Vereinbarungen aufzufinden sind.
Es wurden bereits umfangreiche Nacherfassungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten vorgenommen. Gleichwohl verbleibt ein erheblicher Restbestand aufzuarbeiten. Externe Dienstleister mit der Ermittlung der noch offenen Baulastträgerfrage zu beauftragen, wurde geprüft: Zur Klärung werden vielfach Gespräche mit privaten Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern erforderlich, daher erscheint es äußerst schwierig, diese Aufgaben an Dritte zu übertragen. Ferner ist oftmals auch die Frage nach dem funktionalen Zusammenhang offen, d. h. wem dient die Stützwand - der Straße oder dem Grundstückseigentümer/der Grundstückseigentümerin? Erfahrungen zeigen hierbei, dass eine Lösung in vielen Fällen nur auf dem Rechtsweg möglich war. Vor diesem Hintergrund ist die Landesregierung der Ansicht, dass diese Aufgabe dem originären Arbeitsbereich der Straßenbauverwaltung und damit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) zuzuordnen ist. Dazu ist eine ausreichende Personalausstattung erforderlich. Derzeit stehen der proaktiven Abarbeitung durch den LBM jedoch insbesondere akute Stellenbesetzungsprobleme entgegen.

Zu Ziffer 3.2 b):
Die Auswirkung von Extremwetterereignissen auf die verkehrliche Infrastruktur ist seit der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 besonders in den Fokus gerückt. Die Verkehrsministerkonferenz hat sich bereits mit dieser Thematik beschäftigt. Bund und Länder haben vereinbart, einheitliche Maßstäbe zur Beurteilung der Gefährdung und ein Auditkonzept zu entwickeln. In diesem Rahmen sind auch die Stützbauwerke zu betrachten. Ein erstes Treffen zur Besprechung des konzeptionellen Vorgehens hat im März 2022 stattgefunden.

Zu Ziffer 3.2 c):
Seitens der Wissenschaft sind noch keine allgemein verbindlichen Vorgaben hinsichtlich der Erstellung einer Erhaltungsstrategie für Stützbauwerke entwickelt worden. Auch der Bund als Baulastträger der Bundesfernstraßen hat bisher keine einheitlichen Vorgaben hierzu erstellt. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Stützbauwerke geprägt sind durch eine hohe Vielzahl von unterschiedlichen Ausführungsvarianten in Verbindung mit stark variierenden örtlichen Verhältnissen, wie beispielsweise Erddruck, Grundwasser, Schichtenwasser.
Der LBM verfolgt eine reaktive Erhaltungsstrategie, die auch in den Richtlinien für den Entwurf, die konstruktive Ausbildung und Ausstattung von Ingenieurbauten (RE-ING) als „Standardstrategie zur Optimierung der Bauwerkserhaltung aus wirtschaftlichen Erwägungen“ ausgewiesen wird. Dieser Ansatz basiert auf folgenden Überlegungen: Jede Erhaltungsmaßnahme erzeugt - unabhängig vom Maßnahmenumfang - einen Grundaufwand. Daher ist es betriebswirtschaftlich sinnvoll, auftretende Bauwerksschäden solange zu kumulieren, wie keine Gefahr von erheblichen Folgeschäden besteht, um sie dann gebündelt zu beseitigen. Ferner wird durch die Maßnahmenbündelung im Allgemeinen die Verfügbarkeit des Straßennetzes optimiert.
Eine präventive Erhaltungsstrategie, die zustandsnotengesteuert eingreift, erfordert deutlich höhere personelle und finanzielle Ressourcen. Sie kann beispielsweise bei Brücken in hochbelasteten Streckenabschnitten sinnvoll sein. Vorzeitige Maßnahmen an Stützbauwerken sind auf Fälle beschränkt, wo Synergieeffekte mit anderen Baumaßnahmen dazu führen, dass Eingriffe in den Verkehr minimiert werden können.

Zu Ziffer 3.2 d):
Der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ bezieht sich nicht auf den Ersatzneubau einer bestehenden Straße bzw. ihrer Bestandteile, sondern auf die erstmalige Fierstellung einer Straßeninfrastruktur.
Aus den vom Landtag zur Verfügung gestellten Baumitteln zum Erhalt der Landesstraßeninfrastruktur werden die Fahrbahnen, Brückenbauwerke und auch die Stützbauwerke finanziert. Dabei kann es auch zu Verschiebungen bzw. Unterdeckungen der einzelnen Bereiche kommen. Gleichwohl zeigt eine aktuelle Auswertung (Stand 10/2021), dass sich rd. 80 % der Stützwände in einem mindestens befriedigenden, und mehr als 90 % in einem ausreichenden Zustand befinden.

Zu Ziffer 3.2 e):
Die Erhebung der Basisdaten von Sicherungsbauwerken läuft derzeit im Rahmen des MABEIS1-Projekts mit den Partnern Johannes Gutenberg-Universität Mainz und dem Landesamt für Geologie und Bergbau.
Grundsätzlich befürwortet der LBM die Regelung für die turnusmäßige Prüfung und Zustandsbewertung von Sicherungsbauwerken. Die Prüfung, ob die erforderliche technische Überwachung durch externe Büros wahrgenommen werden kann, dauert an.

Zu Ziffer 3.2 f) i. V. m. Ziffer 3.1 a) und b):
Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen liegen noch nicht vor."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.2 a:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, alle im Eigentum Dritter befindlichen Stützbauwerke, bei denen eine Baulastträgerschaft des Landes in Betracht kommt, im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltungslast zu überprüfen, bemerkt der Rechnungshof:

Es ist sowohl aufgrund der bestehenden finanziellen als auch der haftungsrechtlichen Risiken nicht vertretbar, die Lösung des seit fast drei Jahrzehnten bekannten Problems weiter aufzuschieben. Angesichts des zwei­felhaften Erhaltungszustands zahlreicher Stützbauwerke mit ungeklärter Baulast wird darauf hingewiesen, dass die Verkehrs­sicherungspflicht des Straßenbaulastträgers nicht nur den unmit­telbaren Verkehrsraum erfasst, sondern auch die Beseitigung von Gefahren beinhaltet, die dem Straßenverkehr von benachbarten, fremden Grundstücken oder Anlagen drohen. Soweit einer Klä­rung der vielfach offenen Baulastträgerfrage weiterhin Stellenbe­setzungsprobleme entgegenstehen und externe Dienstleister nicht hinzugezogen werden sollen, stehen für die Abarbeitung der Problemstellung zwangsläufig nur die vorhandenen personellen Ressourcen zur Verfügung. So wäre ein Vorgehen sachgerecht, bei dem die zu bearbeitenden Fälle nach dem Gefährdungspoten­zial für den Straßenverkehr priorisiert in Form von Jahreskontin­genten abgearbeitet werden. In seinen Prüfungsmitteilungen hat der Rechnungshof dem Landesbetrieb bereits Hinweise für ein Überprüfungsverfahren gegeben, die mitberücksichtigt werden sollten.

Zu Ziffer 3.2 c:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, eine Strategie für Stützbauwerke zu entwickeln und umzusetzen, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauern ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann, merkt der Rechnungshof das Folgende an

Der Landesbetrieb Mobi­lität hatte zwischen 2007 und 2020 den Anforderungen an eine reaktive Erhaltungsstrategie in zu vielen Fällen nicht hinreichend Rech­nung getragen. In zahlreichen Fällen kam es nachweislich zu gravierenden Schadensausweitungen, kritischen Bauwerks­zuständen und in mehreren Fällen zu Teileinstürzen. Die erforder­lichen Arbeiten an Stützbauwerken sollten daher über kürzere Zeiträume zu kleineren Instandsetzungsmaßnahmen gebündelt werden. Aus Sicht des Rechnungshofs setzt eine wirtschaftliche Erhaltungs­strategie eine konsequente Rückführung der aufgetre­tenen Vollzugsdefizite voraus.

Zu Ziffer 3.2 d:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die für den Straßenbau veranschlagten Mittel nach dem Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ verstärkt für den Erhalt von Stützbauwerken einzusetzen, um so verfrühte und kostenträchtige Ersatzneubauten zu vermeiden, bemerkt der Rechnungshof, dass zu geringe Erhaltungs­ausgaben Risiken bergen. Aufgrund der Gefahren, die von Ext­remwetterlagen ausgehen, hält es der Rechnungshof für beson­ders dringlich, die Priorisierungsregelungen für Erhaltungsmaß­nahmen von Stützbauwerken an Gewässerläufen, Rutschhängen, Verkehrswegebündelungen und Landesstraßen mit hohem Ver­kehrsaufkommen schnellstmöglich einzuführen. Die von der Lan­desregierung vertretene, positive Interpretation der angeführten aktuellen Auswertung wird vom Rechnungshof nicht geteilt. Denn die Auswertung belegt auch, dass aktuell über zwei Drittel der Flä­che des Stützbauwerksbestands an Landesstraßen einen lediglich befriedigenden bis ungenügenden Zustand aufweisen. Nach den Richtlinien erfordert bereits ein befriedigender Zustand eine mittel­fristige Instandsetzung eines Bauwerks. Insgesamt betrachtet ist eine Verschlechterung eingetreten: Der Anteil der Bauwerke, die mittelfristig einer Instandsetzung bedürfen, hat gegenüber 2007 zugenommen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 12):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) organisatorische Maßnahmen eingeleitet wurden, durch die Stützbauwerke in dem nach DIN 1076 vorgeschriebenen Turnus zukünftig ordnungsgemäß geprüft und überwacht werden,

b) Gehölz- und Grünschnittarbeiten intern besser abgestimmt und intensiviert werden, um Schadensausweitungen an Stützbauwerken zu vermeiden,

c) die Basisdaten von Sicherungsbauwerken erhoben werden.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass
- vorrangig alle erfassten Stützbauwerke, die sich im Eigentum Dritter befinden und für die eine Baulastträgerschaft des Landes in Betracht kommt, im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltungslast überprüft werden,
- die Vulnerabilität von Stützbauwerken im Hinblick auf die mit Extremwetterereignissen verbundenen Gefahren schnellstmöglich beurteilt und bei der Dringlichkeitsbewertung berücksichtigt wird,
- eine Strategie für Stützbauwerke entwickelt und umgesetzt wird, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauer der Bauwerke ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann,
- die Basisdaten für Sicherungsbauwerke in einer Datenbank gepflegt, regelmäßig ausgewertet sowie spezifische Regelungen für die turnusmäßige Prüfung und Zustandsbewertung von Sicherungsbauwerken eingeführt werden,

b) über die Ergebnisse der Umsetzung der jeweils eingeleiteten Maßnahmen zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 13)

"Zu Buchstaben a) und b)

Erster Spiegelstrich:

Bereits heute überprüft der Landesbetrieb Mobilität (LBM) grundsätzlich vor Durchführung von Bau- und Erhaltungsmaßnahmen, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, die Baulastträgerschaft. Die Überprüfung aller erfassten Stützbauwerke, unabhängig von einer Baumaßnahme, hätte vor dem Hintergrund der aktuell zur Verfügung stehenden Personalkapazitäten zur Folge, dass dafür vorrangige Bau- und Erhaltungsmaßnahmen im Ingenieurbau zurückgestellt werden müssten. Die Landesregierung hat mit dem Haushaltsplan 2023/2024 weitere technische Stellen geschaffen und die Wettbewerbsfähigkeit des LBM gegenüber anderen Arbeitgebern verbessert. Mit Entspannung der Personalsituation wird die Überprüfung intensiviert werden können. Parallel soll eine Konzeption für ein Überprüfungsverfahren mit Priorisierung erarbeitet werden.

Zweiter Spiegelstrich:

Im Auftrag der Verkehrsministerkonferenz koordiniert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr die Aktivitäten zur Entwicklung von Grundlagen für die Durchführung von Audits zur Hochwassergefährdung der Straßeninfrastruktur. Über diese Aktivitäten auf Bundesebene zur Entwicklung einheitlicher Maßstäbe zur Beurteilung der Gefährdung der verkehrlichen Infrastruktur hinaus prüft der LBM, ob aus dem vorhandenen Bauwerksbestand, der einer systematischen Auswertung zugänglich ist, Kriterien für die Nutzwertanalyse im Rahmen der Dringlichkeitsbewertung für den nächsten Investitionsplan abgeleitet werden können, die in einem evidenten Zusammenhang mit tatsächlich vorhandenen Risiken stehen.

Dritter Spiegelstrich:

Die Richtlinien für die strategische Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken (RPE-ING) wurden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Schreiben vom 29. Januar 2021, dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 05/2021 (ARS 05/2021), bekannt gegeben. Die bundesweiten Erfahrungen mit der noch relativ neu eingeführten RPE-ING und deren Auswertung sollten in die geforderte Strategie einfließen können. Die vom Rechnungshof festgestellten Defizite beruhen auch auf der bereits thematisierten Personalsituation.

Vierter Spiegelstrich:

Die Basisdaten von Sicherungsbauwerken liegen als Datensatz in der Bestandserfassung dem LBM vor. Gegenwärtig läuft die geotechnische Erfassung und Prüfung (Sichtprüfung) der Sicherungsbauwerke nach Priorisierung hinsichtlich der Bedeutung des jeweiligen Verkehrsweges im Rahmen des MABEIS1-Projektes. Voraussichtlich ab Ende 2023 wird der LBM zusätzlich eine Erfassung und Prüfung der Sicherungsbauwerke extern beauftragen. In Abstimmung mit anderen Bundesländern wird der LBM eine Prüfanweisung für Sicherungsbauwerke in Anlehnung an die Bauwerksprüfung gem. DIN 1076 einführen. Diese enthält Vorgaben für die turnusmäßige Prüfung und Zustandsbewertung."

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1 Massenbewegungsinformationssystem.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/6307 S.31):

"Zu Buchstaben a) und b), zweiter Spiegelstrich:
Für die Aufstellung des Investitionsplans 2024-2028 wurde für die Dringlichkeitsbewertung der Stützbauwerke ein zusätzliches Zielkriterium mit der Bezeichnung „Vulnerabilität“ entwickelt. Damit werden Erhaltungsmaßnahmen an Stützbauwerken mit obenliegenden Straßen, die an Gewässern liegen, die aus Mauerwerk bestehen und/oder deren Höhe über 5 m beträgt, im Rahmen der nutzwertanalytischen Dringlichkeitsbewertung besonders priorisiert."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Buchstabe a:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass vorrangig alle erfassten Stützbauwerke, die sich im Eigentum Dritter befinden und für die eine Baulastträgerschaft des Landes in Betracht kommt, im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltungslast zu überprüft, weist der Rechnungshof darauf hin, dass der LBM an den Stütz­bauwerken mit ungeklärter Baulast bislang erst dann Bau- und Erhaltungsmaßnahmen plant, durchführt oder von Dritten einfor­dert, wenn kritische Bauwerkszustände eingetreten sind. Darüber hinaus bleiben diese Bauwerke weiterhin ungeprüft und die daraus resultierenden finanziellen und verkehrlichen Risiken bestehen.

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass die Vulnerabilität von Stützbauwerken im Hinblick auf die mit Extremwetterereignissen verbundenen Gefahren schnellstmöglich beurteilt und bei der Dringlichkeitsbewertung berücksichtigt wird, merkt der Rechnungshof an:

Nach den Ausführungen der Landesregierung dürften sich die Aktivitäten auf Bundesebene noch in einem sehr frühen Stadium befinden. Insofern sind kurzfristiger zu realisierende Maßnahmen auf Landesebene grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings erachtet der Rechnungshof es für geboten, bei der nutzwertanalytischen Dringlichkeitsbewertung Stützbauwerke an Gewässern unabhängig von ihrer Bauart und Höhe zu priorisieren.

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass eine Strategie für Stützbauwerke entwickelt und umgesetzt wird, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauer der Bauwerke ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann, merkt der Rechnungshof an:

Die Länder sollen dem Bundes­ministerium bis 30. Dezember 2023 über ihre Erfahrungen mit der vorgenannten Richtlinie berichten. Wann eine Auswertung der Berichte erfolgt und Ergebnisse vorliegen werden, ist offen. Aus Sicht des Rechnungshofs sollte daher mit der Erarbeitung der vom Landtag geforderten Strategie nicht weiter abgewartet werden. Die Richtlinie zur Planung von Erhaltungsmaßnahmen ist seit mehr als zwei Jahren in Kraft. Falls erforderlich, könnte ein kurzfristiger Erfahrungsaustausch mit anderen Bundesländern erfolgen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S. 17):

"Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass vorrangig alle erfassten Stützbauwerke, die sich im Eigentum Dritter befinden und für die eine Baulastträgerschaft des Landes in Betracht kommt, im Hinblick auf die Bau- und Unterhaltungslast überprüft werden, und hierüber zu berichten,

b) darauf hinzuwirken, dass Erhaltungsmaßnahmen für Stützbauwerke an Gewässern im Hinblick auf die mit Extremwetterereignissen verbundenen Gefahren bei der Dringlichkeitsbewertung grundsätzlich priorisiert werden, und über die Ergebnisse auf Landesebene und die Ergebnisse der Aktivitäten auf Bundesebene zu berichten,

c) darauf hinzuwirken, dass eine Strategie für Stützbauwerke entwickelt und umgesetzt wird, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauer der Bauwerke ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann, und über den Stand der Entwicklung einer Erhaltungsstrategie für Stützbauwerke zu berichten,

d) über den Stand der Erfassung und Prüfung der Sicherungsbauwerke sowie der angekündigten Prüfanweisung und deren wesentliche Inhalte zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 24):

"Zu Buchstabe a):
Nach Erstellung eines Leitfadens und eines Formblatts zur Ermittlung der Bau- und Unterhaltungslast von Stützbauwerken an Landesstraßen wurden die regionalen Dienststellen mit Schreiben vom 30. August 2023 aufgefordert, für die nach aktueller Datenlage ermittelten 720 Stützbauwerke zu prüfen. Die Anzahl der zu prüfenden Stützbauwerke variiert zwischen den Dienststellen von 22 bis 140. Da die bisherige Verwaltungspraxis zeigt, dass die Klärung der Bau- und Unterhaltungslast von Stützbauwerken äußerst komplex und langwierig sein kann, wird die Überprüfung von 10 bis 15 Stützbauwerken je Dienststelle und Jahr als angemessene Zielgröße erachtet.

Zu Buchstabe b):
Die Anwendung des neuen Kriteriums „Vulnerabilität für Stützbauwerke“ wird erstmals im Laufe des Jahres 2024 erfolgen.
Der Bund hat letztmals zur Verkehrsministerkonferenz im März 2023 über die Aktivitäten zur Entwicklung von Grundlagen für die Durchführung von Audits zur Hochwassergefährdung der Straßeninfrastruktur berichtet: Es ist absehbar, dass sich u. a. die Entwicklung eines Indikators für die Risikobewertung der Infrastruktur aufgrund fehlender einheitlicher Datengrundlagen der Länder als schwierig erweist. Hierzu werden weitere Projekte initiiert, die eine grobe Überflutungs-Bewertung der Straßeninfrastruktur auf Netzebene sowie einen Leitfaden zur Berücksichtigung von Starkregen als Grundlage für weitergehende Planungsaktivitäten liefern sollen. Diese sollen voraussichtlich ab dem Jahr 2025 zur Verfügung gestellt werden. Das Thema wird erneut Gegenstand der Frühjahrskonferenz 2024 sein.

Zu Buchstabe c):
Eine separierte „Strategie für Stützbauwerke“ wird aus fachlicher Sicht angesichts des Handlungs- bzw. Sanierungsbedarfs bei den übrigen Ingenieurbauwerken nicht als geeignetes Instrument angesehen. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) verfolgt die „reaktive Erhaltungsstrategie mit kontrollierter Alterung“ als Standarderhaltungsstrategie für alle Ingenieurbauwerke, um trotz der knappen zur Verfügung stehenden Ressourcen das Erhaltungsziel „Zustandsniveau erhalten“ weiterhin anstreben zu können.
Der Schadensausweitung bei Stützbauwerken durch bausubstanzgefährdenden Bewuchs wird durch Verbesserung des Informationsflusses zwischen der Zentralen Bauwerksprüfung des LBM und den Straßenmeistereien in Form von jährlichen Informationsschreiben entgegengewirkt.

Zu Buchstabe d):
Im Rahmen des MABEIS2-Projektes wurden (Stand 12/23) 304 von 764 Sicherungsbauwerken fachtechnisch geprüft und in einer Datenbank erfasst. 36 Sicherungsbauwerke wurden neu erfasst und ebenfalls geprüft (bisher nicht in den Bestandsdaten — „Bestand-Ul“ (Unterhaltung Instandhaltung) — enthalten). Die geprüften Sicherungsbauwerke konzentrieren sich auf die vulnerablen Streckenabschnitte der Hauptverkehrswege wie Rhein, Mosel und Lahn. Die Prüfungsergebnisse sind digital verfügbar und werden im Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) (Projektpartner) vorgehalten.
Der LBM hat eigene Erfassungsbögen zur Dokumentation von Schadensereignissen („Ereigniskataster“) und zur Sichtprüfung von Sicherungsbauwerken aufgestellt. Die Erfassung der Schadensereignisse wird vom Betriebsdienst sowie den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den regionalen Dienststellen durchgeführt. Die Prüfung der übrigen Sicherungsbauwerke übernehmen Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler bzw. Fachingenieurinnen und Fachingenieure des LBM mit regionaler Zuständigkeit. Zum 1. Januar 2024 wurde vom LBM eine „Prüfanweisung für Sicherungsbauwerke“ eingeführt. Wesentliche Inhalte sind die Kriterien für eine Zustandsbewertung mit Benotung in Anlehnung an die DIN 1076 sowie eine Festlegung der zeitlichen Abstände von Haupt- und Sichtprüfungen. Die o. g. Daten werden Bestandteil der gemeinsamen MABEIS-GIS-Anwendungen des LGB bzw. des LBM, welche u. a. Gegenstand einer angestrebten MABEIS Ill-Projektphase sein sollen.

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2 Massenbewegungsinformationssystem.

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Buchstabe c:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung des Landtags, darauf hinzuwirken, dass eine Strategie für Stützbauwerke entwickelt und umgesetzt wird, damit unnötige Schadensausweitungen vermieden, Infrastrukturausfallrisiken verringert, die Lebensdauer der Bauwerke ausgeschöpft und dem absehbar stark ansteigenden Erhaltungsbedarf entgegengewirkt werden kann, und über den Stand der Entwicklung einer Erhaltungsstrategie für Stützbauwerke zu berichten, merkt der Rechnungshof Folgendes an:

Die gewählte Strategie setzt eine regelmäßige, der einschlägigen DIN[1] entsprechende Kontrolle der Bauwerke und ein unmittelbares Tätigwerden voraus, sobald die Eingriffsschwelle[2] erreicht ist. Andernfalls drohen durch unterlassene Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen teure Schadensausweitungen und ein frühzeitiger Verfall. Die Prüfung des Rechnungshofs hatte gezeigt, dass gerade das in der Vergangenheit vielfach nicht funktionierte. Grundsätzlich bestehen Bedenken, die Frage nach der Instandsetzungswürdigkeit pauschal anhand des Bauwerksalters statt objektbezogen und unter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungen zu entscheiden.
 


[1]    DIN 1076.

[2]    Zustandsnote 2,5 (ausreichender Bauwerkszustand).

 

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Landesregierung aufzufordern, "über

- den Stand und die Ergebnisse
- der Überprüfung der Bau- und Unterhaltungslast von aktuell 720 Stützbauwerken,
- der Anwendung des Kriteriums „Vulnerabilität“ für die Dringlichkeitsbewertung von Erhaltungsmaßnahmen an Stützbauwerken,
- der Datenerfassung und Prüfung der insgesamt 764 Sicherungsbauwerke sowie der Umsetzung der MABEIS-GIS-Anwendungen für den Landesbetrieb Mobilität

 möglichst bald zu berichten” (Drucksache 18/10344 S. 20).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.