Kommunalbericht 2021, Nr. 1 - Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände
- rückläufige Überschüsse bei anhaltend hohen Herausforderungen -
Zusammenfassende Darstellung
Die rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände wiesen 2020 trotz pandemiebedingter Beeinträchtigungen ihrer Haushaltswirtschaft im vierten Jahr in Folge einen Kassenüberschuss aus. Dieser blieb jedoch mit 198 Mio. € deutlich unter dem Vorjahresergebnis von 263 Mio. €.
Erstmals seit 2009 verzeichneten die Kommunen einen Rückgang ihrer Steuereinnahmen. Diese blieben um 290 Mio. € hinter dem Vorjahresbetrag zurück.
Dass dennoch die Gesamteinnahmen mit 16,1 Mrd. € den Wert des Jahres 2019 um 3 % oder 466 Mio. € übertrafen, war auf den Anstieg der Zuweisungen zurückzuführen. Hier betrug das Einnahmenplus 737 Mio. €, wovon allein 412 Mio. € auf Zahlungen von Bund und Land zum Ausgleich pandemiebedingter Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer entfielen. Da die Mindereinnahmen lediglich 241 Mio. € betrugen, führten die Zahlungen zu einer Überkompensation in Höhe von 171 Mio. €.
Die Ausgaben stiegen wie in den Vorjahren deutlich an. Der Zuwachs betrug 3,4 % oder 531 Mio. €. Der Gesamtbetrag belief sich auf 15,9 Mrd. €. Insgesamt wurden 14,3 Mrd. € für "konsumtive" Zwecke und 1,6 Mrd. € für Investitionen und die Förderung Investitionen Dritter verausgabt. Der im Vergleich zu den Einnahmen deutlichere Anstieg der Ausgaben zeigt, dass die Kommunalhaushalte nach wie vor im Wesentlichen einnahmenseitig konsolidiert werden.
Die kommunale Gesamtverschuldung ging um 179 Mio. € auf 12,4 Mrd. € zurück. Dabei entfielen 6,3 Mrd. € auf Schulden für Investitionen, während 6,1 Mrd. € auf die Aufnahme von Liquiditätskrediten zurückzuführen waren. Der Pro-Kopf-Schuldenstand von 3.035 € war der höchste im Vergleich der Flächenländer.
Abweichend von der langjährigen Entwicklung fiel die Verschuldung aus Liquiditätskrediten zuletzt geringer aus als die investive Verschuldung. Da die Schulden nicht nachhaltig reduziert wurden, muss für das Problem der Liquiditätskredite eine dauerhaft tragfähige Lösung gefunden werden.
Trotz der im Saldo erzielten Kassenüberschüsse der Vorjahre erwirtschafteten nach wie vor zahlreiche Kommunen (im Jahr 2020 insgesamt 958, das entsprach 39 %) Finanzierungsdefizite. Ihnen fehlten zusammen 457 Mio. € zum Kassenausgleich. Zudem ist die Kassenlage nicht gleichzusetzen mit dem Erreichen des Haushaltsausgleichs.
Der Ausgleich muss jedoch künftig zum zentralen Anliegen der Gemeinden und Gemeindeverbände werden. Die Kommunen müssen ihre vielfach vorhandenen Spielräume zur Haushaltskonsolidierung nutzen, da ansonsten über weitere Kreditaufnahmen noch mehr Lasten in die Zukunft verschoben werden. Die Fachbeiträge in diesem und den früheren Kommunalberichten zeigen, dass sowohl bei den Einnahmen als auch den Ausgaben teils erhebliche Potenziale ungenutzt bleiben. Solange dies der Fall ist, können die Kommunen für sich nicht in Anspruch nehmen, ihrer Rechtspflicht zum Ausgleich der Haushalte zu genügen. Diese Pflicht besteht im Übrigen unabhängig von der Finanzausstattung durch das Land. Sie endet erst dann, wenn eventuell noch verbleibende Defizite unabweisbar sind. Allein schon im Hinblick auf die zumeist weit unterhalb des rechtlich Zulässigen liegenden Realsteuerhebesätze kann hiervon jedoch nicht ausgegangen werden. Auch die umlageberechtigten Gebietskörperschaften – Landkreise und Verbandsgemeinden – haben noch Gestaltungsspielräume bei ihren Umlagesätzen.
Gemeinden und Gemeindeverbände, die trotz aller Bemühungen den Ausgleich verfehlen, bedürfen dann ggf. gesonderter staatlicher Unterstützung.
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat das Land aufgefordert, im Zuge eines transparenten Verfahrens den kommunalen Finanzausgleich mehr als bisher am gemeindlichen Finanzbedarf auszurichten und für eine sachgerechte Verteilung der Mittel zwischen den Gebietskörperschaftsgruppen zu sorgen. Bei der Bedarfsermittlung sind nicht ausgeschöpfte Einnahmemöglichkeiten zu berücksichtigen. Ausgaben, die das Resultat unwirtschaftlicher Haushaltsführung sind, dürfen ausgeklammert werden. Beides verstärkt die Notwendigkeit der Bemühungen um den Haushaltsausgleich.