Jahresbericht 2024, Nr. 19 - Ausgewählte mittelbare Beteiligungen des Landes
- haushaltsrechtliche Vorgaben nicht beachtet, Mängel bei der Steuerung und Kontrolle der Unternehmen -
Wesentliches Ergebnis der Prüfung
Haushaltsrechtliche Vorgaben für die Mehrheitsbeteiligungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Landeskrankenhauses wurden nicht beachtet. Es fehlten insbesondere
- die Dokumentation der Prüfung des wichtigen Landesinteresses als Voraussetzung für die Beteiligung,
- die Gewährleistung eines angemessenen Einflusses des Landes in den Überwachungsorganen,
- die Unterrichtung des Rechnungshofs, insbesondere über die Abschlussprüfung sowie das Ergebnis deren Prüfung durch das Ministerium der Finanzen,
- das Recht des Rechnungshofs auf unmittelbare Unterrichtung bei der Beteiligungsgesellschaft,
- die Rechnungslegung nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften und die Beauftragung einer erweiterten Abschlussprüfung.
Der Public Corporate Governance Kodex des Landes für gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung war nicht bei allen mittelbaren Mehrheitsbeteiligungen vertraglich verankert.
Das Beteiligungscontrolling wies Mängel auf. Teilweise fehlten Wirtschaftspläne sowie mittelfristige Finanzplanungen. Erforderliche Beschlüsse der zuständigen Überwachungsorgane unterblieben.
Der jährliche Beteiligungsbericht des Ministeriums der Finanzen an den Landtag enthielt nicht alle erforderlichen Angaben zu den mittelbaren Beteiligungen und war teilweise nicht aktuell gehalten.
Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung
(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)
3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:
Der Rechnungshof hatte gefordert,
a) für die Mehrheitsbeteiligungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Landeskrankenhauses geltende haushalts-rechtliche Vorgaben zu beachten und insbesondere
- das Vorliegen eines wichtigen Landesinteresses als Voraussetzung fürdas Eingehen einer mittelbaren Mehrheitsbeteiligung zu prüfen und das Ergebnis zu dokumentieren,
- einen angemessenen Einfluss des Landes, insbesondere in einem Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan zu gewährleisten,
- die Rechnungslegung nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften vorzunehmen und eine erweiterte Abschlussprüfung nach § 53 HGrG zu beauftragen,
- die Unterrichtung des Rechnungshofs, insbesondere über die Abschlussprüfung sowie das Ergebnis deren Prüfung durch das Ministerium der Finanzen, sicherzustellen,
- das Recht des Rechnungshofs auf unmittelbare Unterrichtung bei derBeteiligungsgesellschaft gemäß § 54 HGrG zu gewährleisten,
b) die Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Landeskrankenhauses zu verbessern und insbesondere bei der MVZ UM und der conMedico MVZ
- die Verpflichtung zur Beachtung des PCGK in die Gesellschaftsverträge aufzunehmen,
- die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zustimmungsvorbehalte und Vorgaben zum Planungs- und Sitzungswesen einzufordern und auf die Vorlage geeigneter Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sowie eine verbesserte Planungsqualität zu achten,
- die Finanzierung der LIR transparent darzustellen,
- die rechtliche Grundlage für die von der Universitätsmedizin Mainz an die ZfR i. L. geleisteten Zahlungen aufzuklären,
c) auch bei Minderheitsbeteiligungen auf die gesellschaftsrechtliche Verankerung und Einhaltung von Vorgaben zum Planungswesen hinzuwirken,
d) das Engagement der Hafenbetriebe Ludwigshafen bei der Asensus, der W. E. G. sowie der TZL bei der Digital Hub hinsichtlich der Wahrung des Lan-desinteresses bei diesen Minderheitsbeteiligungen zu überprüfen,
e) im jährlichen Beteiligungsbericht ausführlicher über wirtschaftlich bedeutende mittelbare Beteiligungen zu informieren sowie Aktualität und Vollständigkeit der Angaben sicherzustellen.
3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:
Der Rechnungshof hat gefordert, über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben a bis e zu berichten.
3.3 Der Rechnungshof hat empfohlen, auf eine Überarbeitung des Universitätsmedizingesetzes sowie des Landesgesetzes über die Errichtung des Landeskrankenhauses - Anstalt des öffentlichen Rechts hinzuwirken, um die Geltung der in § 112 Abs. 3 LHO niedergelegten haushaltsrechtlichen Vorgaben für die Mehrheitsbeteiligungen der Universitätsmedizin Mainz und des Landeskrankenhauses sicherzustellen.
Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/9553 S. 29):
"Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 a) bis d):
Die Feststellungen des Rechnungshofs werden aktuell durch die Gesellschaften und durch die fachlich zuständigen Ressorts abgearbeitet. Notwendige Satzungsänderungen bzw. notwendige Beschlüsse werden aktuell vorbereitet oder sind bereits schon gefasst worden.
Zu Ziffer 3.2 i.V.m. Ziffer 3.1 e):
Die Überarbeitung der PCGK4 und der Beteiligungshinweise wird das Ministerium der Finanzen (FM) schnellstmöglich angehen. Für eine detailliertere Darstellung der mittelbaren Beteiligungen im Beteiligungsbericht ist das FM auf die Zulieferung der Fachressorts angewiesen. Der Hinweis des Rechnungshofs wird aufgenommen und die Fachressorts um präzise Abarbeitung der Zulieferungsbitten des FM bei der Erstellung der Beteiligungsberichte ersucht. Dies wird schon jetzt bei der Vorbereitung des Beteiligungsberichts 2024 berücksichtigt.
Zu Ziffer 3.3:
Größere Änderungen wie beispielsweise die Abänderung des Universitätsmedizingesetzes (UMG) sowie des Landeskrankenhauserrichtungsgesetzes (LKErG) bedürfen allerdings einer längeren Umsetzungsphase. Das UMG soll im Jahr 2024 geändert werden – eine Einbringung ins parlamentarische Verfahren ist in der letzten Sitzung vor der Sommerpause geplant. In diesem Rahmen wird auch geprüft, ob mit Blick auf die geplante Anwendung des § 112 Abs. 2 und 3 Landeshaushaltsordnung (LHO) auf die Universitätsmedizin eine Änderung auf Ebene des Gesetzes notwendig ist. Eine analoge Prüfung soll auch für das LKErG erfolgen.
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4 Public Corporate Governance Codex des Landes.
Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.
Zu Ziffer 3.1 b 4. Spiegelstrich:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die rechtliche Grundlage für die von der Universitätsmedizin Mainz an die Zentrum für Rheuma-Pathologie gGmbH i. L. geleisteten Zahlungen aufzuklären, merkt der Rechnungshof an:
Er geht davon aus, dass die Verantwortlichkeiten für die Zahlungen an das Zentrum für Rheuma-Pathologie aufgeklärt werden und künftig sichergestellt wird, dass die Geschäftsvorfälle angemessen dokumentiert und Zahlungen nur mit Rechtsgrund geleistet werden.
Zu Ziffer 3.3:
Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Empfehlung, auf eine Überarbeitung des Universitätsmedizingesetzes sowie des Landesgesetzes über die Errichtung des Landeskrankenhauses - Anstalt des öffentlichen Rechts hinzuwirken, um die Geltung der in § 112 Abs. 3 LHO niedergelegten haushaltsrechtlichen Vorgaben für die Mehrheitsbeteiligungen der Universitätsmedizin Mainz und des Landeskrankenhauses sicherzustellen, bemerkt der Rechnungshof:
Er hat in seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Änderung des Universitätsmedizingesetzes empfohlen, die Regelung im UMG zu streichen, wonach die Bestimmungen der LHO - mit Ausnahme des Prüfrechts des Rechnungshofs - keine Anwendung finden. Wird diese Empfehlung aufgegriffen, ist die von der Landesregierung zugesagte Prüfung der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung für die Universitätsmedizin nicht mehr erforderlich.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/10344 S. 14):
"Es wird zur Kenntnis genommen, dass das Land zum jetzigen Zeitpunkt an der Beteiligung an der Asensus GmbH Archiv und Logistik sowie an der W. E. G. Wirtschafts-Entwicklungs-Gesellschaft Ludwigshafen GmbH festhält.
Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass
a) bei der Begründung neuer mittelbarer Beteiligungen die Prüfung des wichtigen Landesinteresses sowie der Wirtschaftlichkeit der Beteiligung dokumentiert und bei bestehenden Beteiligungen kontinuierlich überprüft wird,
b) bei den mittelbaren Beteiligungen Kurwaldbahn Bad Ems GmbH, Asensus GmbH Archiv und Logistik und Digital Hub Rhein-Neckar GmbH auf die gesellschaftsrechtliche Verankerung und Einhaltung von Vorgaben zum Planungswesen hingewirkt wird,
c) im Beteiligungsbericht eine detailliertere Darstellung der mittelbaren Beteiligungen erfolgt, indem die Fachressorts schon bei der Vorbereitung des Beteiligungsberichts 2024 um präzise Abarbeitung der Zulieferungsbitten des Finanzministeriums ersucht werden.
Die Landesregierung wird aufgefordert,
a) über die Ergebnisse der Maßnahmen zur Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben für die Mehrheitsbeteiligungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Landeskrankenhauses AöR zu berichten. Dies betrifft insbesondere
a. die Gewährleistung eines angemessenen Einflusses des Landes in einem Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan,
b. die Unterrichtung des Rechnungshofs, insbesondere über die Abschlussprüfung sowie das Ergebnis der Prüfung durch das Ministerium der Finanzen,
c. das Recht des Rechnungshofs auf unmittelbare Unterrichtung bei der Beteiligungsgesellschaft,
d. die Rechnungslegung nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften und die Beauftragung einer erweiterten Abschlussprüfung.
b) über die Ergebnisse der Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerung und Kontrolle der Beteiligungen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Landeskrankenhauses AöR zu berichten. Dies betrifft insbesondere
a. die Aufnahme der Verpflichtung zur Beachtung des Public Corporate Governance Kodex in den Gesellschaftsverträgen,
b. die Beachtung der dort festgelegten Zustimmungsvorbehalte sowie Vorgaben zum Planungs- und Sitzungswesen,
c. die Vorlage geeigneter Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und einer verbesserten Planungsqualität bei der MVZ der Universitätsmedizin Mainz GmbH und der conMedico MVZ gGmbH,
d. die transparente Darstellung der Finanzierung der Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) gGmbH,
e. die Aufklärung der rechtlichen Grundlage für die von der Universitätsmedizin an die Zentrum für Rheuma-Pathologie gGmbH i. L. geleisteten Zahlungen.
c) über das Ergebnis der Überprüfung der Beteiligung der TZL-TechnologieZentrum Ludwigshafen am Rhein mbH an der Digital Hub Rhein-Neckar GmbH im Hinblick auf das Vorliegen eines wichtigen Landesinteresses zu berichten,
d) über das Ergebnis der Prüfung zu berichten, ob im Hinblick auf die geplante Anwendung des § 112 Abs. 2 und 3 LHO für die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und das Landeskrankenhaus AöR die Notwendigkeit einer Änderung des Universitätsmedizingesetzes sowie des Landeskrankenhauserrichtungsgesetzes besteht."
Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2024 gefasst.