Jahresbericht 2024, Nr. 9 - Erhaltung des Landesstraßennetzes

- zunehmender Anteil sehr schlechter Straßen, Investitionsbedarf weiter gestiegen, zu wenige Maßnahmen umgesetzt -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Der Anteil der Landesstraßen, die sich in einem sehr schlechten Zustand befanden, betrug zuletzt 38 %.

Der Investitionsbedarf konnte nicht abgebaut werden und lag 2019 bereits bei einer Milliarde Euro.

Der Investitionsplan für den Landesstraßenbau der Jahre 2019 bis 2023 deckte den Investitionsbedarf nur zu 56 %. Es gelang nicht, alle vorgesehenen Vorhaben umzusetzen.

Die aufgestellten Bauprogramme sahen nicht genügend Mittel vor, um den Zustand der Straßen zu erhalten. Die darin festgelegten Maßnahmen konnten zum Teil nicht verwirklicht werden.

Eine umsetzbare Strategie zum Erhalt und zur Verbesserung des Straßenzustands war weiterhin nicht erkennbar.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) die Erhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen lückenlos und auswertbar zu dokumentieren,

b) ein Controlling zu etablieren, um erkennen zu können, woran die Umsetzung der Investitionspläne und Bauprogramme scheitert und die künftige Umsetzung zu verbessern,

c) in künftigen Bauprogrammen für die verschiedenen Bereiche Teilsummen auszuweisen.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) ein fachliches und personelles Konzept zum Abbau des Erhaltungsstaus zu ent-wickeln und einen entsprechenden Finanzierungsplan aufzustellen,

b) im Hinblick auf den Erhalt des Landesstraßennetzes Ziele zu definieren, eine Strategie zu ihrer Erreichung zu entwickeln und durch den passenden Maßnahmenmix zu operationalisieren.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/9553 S. 10):

"Zu Ziffer 3.2 a) und b):
Der derzeit auslaufende Investitionsplan (IP) Landesstraßen 2019-2023 basiert auf dem Erhaltungsziel, dass am Ende des Betrachtungszeitraums im Jahr 2028 der Anteil der schlechten Fahrbahnen (Zustandsnotenbereich > 4,5) nicht über dem Anteil nach der Zustands- und Erfassungsbewertung (ZEB) 2017 liegt. Zugleich sollte die Substanz verbessert werden. In dem Gutachten wurde auch ein entsprechender Maßnahmen-Mix herausgearbeitet.
Ein vergleichbares Gutachten für den Investitionsplan Landesstraßen 2024-2028 scheiterte an der fehlenden Marktverfügbarkeit der Leistung. Die Landesregierung und der Landesbetrieb Mobilität (LBM) verfügen, wie die anderen Länder, nicht über das entsprechende erforderliche IT-gestützte Know-how. Vor diesem Hintergrund kann der Ansatz zum Erhaltungsmanagement des letzten Investitionsplans vorerst nur fortgeschrieben werden.
Dabei ist das Erhaltungsmanagement nicht als Abarbeitung eines einmalig festgestellten „Erhaltungsstaus“ zu verstehen, sondern als rollierender Prozess, da im Zeitablauf kontinuierlich Baumaßnahmen fertiggestellt werden und im Gegenzug die Alterung der verbleibenden Streckenabschnitte voranschreitet. Ebenso kontinuierlich prüft der LBM die vorhandenen Systeme des Erhaltungsmanagements, um neue Erkenntnisse einfließen zu lassen.
Die vom Rechnungshof geforderten Strategien und Konzepte sind an den finanziellen Möglichkeiten des Landeshaushalts und verfügbaren internen und externen Ingenieurkapazitäten zu validieren, sollen diese keine rein modelltheoretischen Überlegungen darstellen.
Die Landesregierung wird dem Wunsch des Rechnungshofs Rechnung tragen, sobald die genannten Gutachterleistungen auf dem Markt verfügbar sind. Die Schaffung dieser Verfügbarkeit liegt nicht im Einflussbereich der Landesregierung.
In Konsequenz ist es derzeit zielführend, die Finanzierung der Straßenerhaltung insgesamt an den vorhandenen personellen Kapazitäten zu orientieren und sich gleichzeitig um eine Erhöhung eben dieser Personalkapazitäten zu bemühen.
Ziel ist es, mit Aufstellung des IP in einem geordneten Verfahren die dringlichsten Maßnahmen übergreifend über die vier Teilbereiche (Fahrbahnen, Ingenieurbauwerke, Knotenpunkte und Radwege) zu ermitteln und diese umzusetzen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass bspw. die  Instandsetzung einer Brücke eine höhere Dringlichkeit erhält als die Instandsetzung einer Fahrbahn.
Die Erstellung des IP erfolgt für den Teilbereich der Fahrbahnen durch Anwendung einer Nutzwertanalyse, die alle durch die ZEB erkannten Abschnitte mit technischem Erhaltungsbedarf (sog. Erhaltungsabschnitte, EA) mit weiteren Kriterien kombiniert und vergleicht, sodass im Ergebnis eine Reihung von potenziellen Maßnahmen steht, die sich – wie vom Rechnungshof gefordert – nicht ausschließlich auf die rein technisch dringlichsten Erhaltungsabschnitte fokussiert, sondern darüber hinaus weitere volkswirtschaftliche Kriterien berücksichtigt. So werden neben dem Straßenzustand folgende Kriterien berücksichtigt:
- Verbesserung Verkehrssicherheit (Berücksichtigung des Unfallgeschehens),
- verkehrsgerechter Ausbau (Berücksichtigung der Verkehrsbelastung),
- effizienter Mitteleinsatz (Berücksichtigung der Kosten pro Kilometer) sowie
- allgemeine Zwischenziele (Berücksichtigung von Synergieeffekten durch Gemeinschaftsmaßnahmen mit Versorgungsträgern oder dem Bau von Radwegen, Auswirkungen auf die Wirtschaft oder den ÖPNV etc.).
Auch die anderen drei Teilbereiche (Bauwerke, Knotenpunkte, Radwege) werden durch individuell angepasste Nutzwertanalysen bewertet und entsprechend ihrer Dringlichkeit gereiht. Die Kriterien sind – wie bei den Fahrbahnen – technischer und volkswirtschaftlicher Art.
Alle vier Nutzwertanalysen unterliegen vor der Durchführung einer neuen Kampagne einer Validierung, um neue Erkenntnisse in die Ermittlung der Dringlichkeitsreihung einfließen zu lassen.
Letztlich gilt es, aus den individuellen Dringlichkeitslisten der vier Teilbereiche sinnvolle Projekte zu generieren, da auch hier erhebliche Abhängigkeiten untereinander bestehen. Beispielhaft sei die erforderliche Instandsetzung oder Erneuerung einer Brücke unter Vollsperrung der Strecke genannt, die gegebenenfalls die Instandsetzung der Fahrbahn im v. g. Streckenzug sinnvoll macht, obwohl die Fahrbahn aus rein erhaltungstechnischer Sicht nicht die höchste Priorität besitzt. In einer anderen Konstellation könnte die Fahrbahn und das im Streckenzug liegende Bauwerk eine hohe Priorität aufweisen, das Bauwerk jedoch eines längeren Planungsvorlaufs bedürfen, so ist individuell zu entscheiden, ob die Fahrbahnmaßnahme vorgezogen wird oder der Zeitraum bis zur Fertigstellung einer Planung für die Bauwerksinstandsetzung (zur gemeinsamen Durchführung beider Maßnahmen) überbrückt werden kann.
Neben diesen technischen Rahmenbedingungen gibt es weitere Kriterien, die zu berücksichtigen sind. Dies können beispielweise mögliche Umleitungsstrecken sowie Baumaßnahmen anderer Baulastträger (Autobahn GmbH, Städte und Gemeinden) sein. Die Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen kann im Rahmen der IPAufstellung nur nach ingenieurmäßigen und nicht nach modelltheoretischen Kriterien (wie der v. g. Nutzwertanalyse) erfolgen.
Die Strategie zur Erhaltung des Landesstraßennetzes sieht somit vor, den bestehenden (und im 5-jährigen Turnus aktualisierten) Erhaltungsbedarf über die Kennziffer des daraus resultierenden erforderlichen Mittelbedarfs auf die Folgejahre und die vier Teilbereiche zu verteilen und abzuarbeiten. Dabei sind die oben genannten Restriktionen zu berücksichtigen.
Die Operationalisierung ergibt sich aus der vorgenannten Durchführung der ZEB sowie der Erstellung des Investitionsplans. Die somit nach Dringlichkeit gereihten Projekte werden aus technischer Sicht beurteilt und mit individuellen Instandsetzungskonzepten versehen."