Jahresbericht 2021 - Wesentliche Prüfungsergebnisse
Nr. 1 Bestätigung der Landeshaushaltsrechnung 2019
Der Rechnungshof hat bei der stichprobenweisen Prüfung
- keine wesentlichen Abweichungen zwischen den in der Haushaltsrechnung 2019 und den Büchern sowie in anderen Nachweisen aufgeführten Beträgen und Angaben festgestellt, die für die Entlastung von Bedeutung sein könnten,
- keine wesentlichen Einnahmen und Ausgaben festgestellt, die nicht belegt waren.
Nr. 2 Abwicklung des Landeshaushalts 2019
Die Haushaltsrechnung 2019 schloss mit einem Finanzierungsüberschuss von 1.258 Mio. € ab. Davon wurden 859 Mio. € zur Netto-Tilgung von Schulden am Kreditmarkt verwandt und per saldo 399 Mio. € den Rücklagen zugeführt.
Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die bereinigten Gesamteinnahmen um 6,8 % auf 18,5 Mrd. € und die bereinigten Gesamtausgaben um 4,8 % auf 17,2 Mrd. €.
Die Ausgabereste - brutto - erhöhten sich 2019 um 219 Mio. € auf über 2,1 Mrd. €.
Die Bruttokreditaufnahmen für den Landeshaushalt und die Betriebshaushalte einschließlich Umschuldungen sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten der PLP Management GmbH & Co. KG von insgesamt mehr als 4,6 Mrd. € hielten sich im Rahmen der haushaltsgesetzlichen Ermächtigungen.
Nr. 3 Haushaltslage des Landes und ihre voraussichtliche Entwicklung
- Folgen der Corona-Krise stellen Landeshaushalt auf eine Belastungsprobe -
Das Haushaltsjahr 2019 schloss mit positiven Ergebnissen ab:
- In der laufenden Rechnung übertrafen die Einnahmen - insbesondere aufgrund eines erneuten Zuwachses des Steueraufkommens - die Ausgaben um 1.937 Mio. €.
- Dieser Überschuss reichte zusammen mit weiteren Einnahmen aus, die auf 1.002 Mio. € gestiegenen Investitionsausgaben zu decken, Schulden von 880 Mio. € zu tilgen und den Rücklagen per saldo 399 Mio. € zuzuführen.
- Die verfassungsrechtliche Vorgabe eines strukturell ausgeglichenen Haushalts, die ab 2020 ihre Wirksamkeit entfalten sollte, wurde 2019 eingehalten. Nach Bereinigung des Finanzierungssaldos um finanzielle Transaktionen, Konzernbestandteile und konjunkturelle Einflüsse verblieb eine strukturelle Netto-Tilgung von 440 Mio. €.
- Der Gesamtschuldenstand des Landes (Kernhaushalt und Landesbetriebe) verringerte sich trotz Übernahme von Verbindlichkeiten der PLP Management GmbH & Co. KG um 735 Mio. € auf 31,4 Mrd. €.
Die Pro-Kopf-Verschuldung von Rheinland-Pfalz lag mit 7.142 € um fast 32 % und die Zinsausgaben lagen mit 117 € je Einwohner um knapp 11 % über den Durchschnittswerten der anderen Flächenländer. Der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben des Kernhaushalts blieb mit 5,8 % um nahezu fünf Prozentpunkte unter dem Durchschnitt.
Hohe Ausgaben zur Eindämmung der Folgen der Corona-Pandemie und zur Stärkung der rheinland-pfälzischen Wirtschaft belasten den Haushalt ab 2020 zusätzlich. Die beabsichtigten Kreditaufnahmen werden nach der Finanzplanung bis 2024 zu einem Gesamtschuldenstand von mehr als 37 Mrd. € führen. Die geplanten Darlehen sind - gestützt auf die Ausnahmebestimmungen der neuen Schuldenregel - zum Ausgleich eines erheblichen vorübergehenden Finanzbedarfs infolge der außergewöhnlichen Notsituation sowie zum Ausgleich konjunkturbedingter Steuermindereinnahmen vorgesehen.
Der Schuldenanstieg kann verringert werden, wenn die nach der Steuerschätzung vom November 2020 erwarteten Verbesserungen beim Steueraufkommen von mehr als 538 Mio. € gegenüber den Plandaten für die Jahre 2020 und 2021 kassenwirksam werden. Außerdem wurden die Möglichkeiten, die Haushaltssicherungsrücklage zur Verringerung der Kreditaufnahmen und den nicht in Schuldscheindarlehen des Landes angelegten Bestand der Versorgungsrücklage zweckentsprechend zur Deckung von Versorgungsausgaben einzusetzen, noch nicht genutzt.
Unabhängig hiervon erfordert der Investitionsbedarf u. a. im Bereich des Landesstraßennetzes zusätzliche Anstrengungen, um einen weiteren Vermögensverzehr zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund sollten Möglichkeiten, die konsumtiven Ausgaben zu begrenzen und die geplanten Netto-Kreditaufnahmen im Haushaltsvollzug zu verringern, konsequent genutzt werden.
Nr. 4 Einteilung von Einkommensteuerfällen in Risikoklassen als Bestandteil des Risikomanagements
- personelle Risikoeinschätzung zu aufwendig -
Fehlende Vorgaben für die Einordnung der Steuerfälle in Risikoklassen gefährdeten die Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Die aufgrund einer vollständigen Fallbetrachtung vorzunehmende Einteilung in Risikoklassen widerspricht dem Zweck des Risikomanagementsystems, den Aufwand der Steuerverwaltung durch punktuelle personelle Prüfungen zu begrenzen.
Die Gründe, die für die Einführung des Risikoklassenmodells maßgeblich waren, sind weitgehend entfallen.
Nr. 5 Vollstreckungsstellen der Finanzämter
- Mängel in der Fallbearbeitung nicht abgestellt -
Die Vollstreckungsstellen hatten Fehlentwicklungen, die der Rechnungshof bei früheren Prüfungen festgestellt hatte, nicht behoben:
- Sie gewährten Vollstreckungsaufschub, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht nachgewiesen waren.
- Stundungs- und Erlassanträge bearbeiteten sie weiterhin uneinheitlich.
- Die Möglichkeiten zur Einholung der Vermögensauskunft nutzten sie unzureichend.
Die zugesagte Steuerung der Vollstreckungsstellen über Zielvereinbarungen und Leistungsvergleich war nur in Ansätzen vorhanden. Angekündigte vermehrte Innenrevisions- und Geschäftsprüfungen zur Absicherung von Verbesserungsprozessen waren unterblieben.
In allen 22 Finanzämtern des Landes sind Vollstreckungsstellen eingerichtet. Die mit einer Zusammenfassung der Vollstreckungsstellen an einem Standort verbundenen Vorteile einer Spezialisierung bei gleichzeitiger Straffung der Organisation nutzte die Steuerverwaltung bisher nicht.
Die Vollstreckungsstellen arbeiteten digital, kommunizierten aber mit Dritten weitgehend analog. Diese Medienbrüche führten zu vermeidbarem Aufwand. Verfahrensverbesserungen ließen sich zudem durch eine Änderung gesetzlicher Regelungen und über eine Verknüpfung von Datenbanken zur zeitnahen und umfassenden Ermittlung der Vermögensverhältnisse der Steuerschuldner erzielen.
Nr. 6 Berechtigungen im Integrierten Personalmanagementsystem IPEMA®
- Berechtigungskonzept entsprach nicht den Anforderungen, Rechtevergabe war risikobehaftet -
Für die Zahlung von Bezügen und Reisekostenvergütungen von 5,9 Mrd. € jährlich setzt das Landesamt für Finanzen das Integrierte Personalmanagementsystem IPEMA® ein. Beim Einsatz des SAP-basierten IT-Verfahrens wurde nicht allen Anforderungen an die IT-Sicherheit Rechnung getragen:
- Das Berechtigungskonzept genügte im Hinblick auf Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Aktualität nicht allen Standards des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik.
- Kritische Berechtigungen waren nicht vollständig identifiziert. Sie wurden zu häufig an Benutzer vergeben. Außerdem war ihre Vergabe nicht vollständig geregelt.
- Aktivitäten von Benutzern mit kritischen Berechtigungen wurden nicht wirksam überwacht. Ein Protokollierungskonzept fehlte.
- Benutzer- und Berechtigungsverwaltung waren nicht getrennt. Notwendige Kontrollen zur Kompensation der fehlenden Funktionstrennung unterblieben.
- Bei Benutzerkonten, auf die zeitweise bis zu vier Personen zugreifen konnten, war es nicht möglich, für bestimmte Änderungen verantwortliche Personen zu identifizieren.
- Nicht benötigte Berechtigungen wurden nicht regelmäßig entfernt. Wesentliche Änderungen am IPEMA®-Produktivsystem waren nicht immer dokumentiert.
- Die Verschlüsselung von Kennwörtern der IPEMA®-Benutzer entsprach nicht dem aktuellen Stand der Technik.
Nr. 7 IPEMA®-Reisekostenportal
- erhebliche Personaleinsparungen durch elektronische Bearbeitung möglich -
Durch die landesweit eingeführte elektronische Reisekostenabrechnung im IPEMA®-Reisekostenportal hat sich der Personalbedarf der Reisekostenstelle des Landesamts für Finanzen deutlich verringert. Von 38 besetzten Stellen sind mindestens 15 Stellen entbehrlich. Durch einen entsprechenden Stellenabbau können die Personalkosten um mehr als 1 Mio. € jährlich verringert werden.
Werden Reisekosten künftig vollständig automatisiert abgerechnet, kann der Personaleinsatz weiter verringert werden.
Die Reisekostenstelle erledigte ihre Aufgaben an drei Standorten. Dies war nicht erforderlich und nicht wirtschaftlich.
Die konzeptionellen Grundlagen des Risikomanagements entsprachen nicht den Anforderungen an ein strukturiertes, auf anerkannten Methoden basierendes Kontrollsystem. Dies birgt Risiken, z. B. durch Missbrauch, da das elektronische Verfahren auf ein Vieraugenprinzip und die Vorlage von Belegen grundsätzlich verzichtet. Die vom Landesamt vorgegebene Mindestprüfquote von 5 % aller Reisekostenabrechnungen wurde deutlich unterschritten.
Das IPEMA®-Reisekostenportal sah noch nicht alle für eine Entscheidung über die wirtschaftliche Durchführung der Dienstreisen erforderlichen Angaben vor. Die Erfassung der Reisedaten war nicht immer so gestaltet, dass Fehleingaben vermieden werden konnten.
Das Ministerium der Finanzen hatte noch nicht abschließend geprüft, ob das Verfahren zur Feststellung der sachlichen Richtigkeit der Reisekostenabrechnungen den haushaltsrechtlichen Anforderungen genügt.
Nr. 8 Lotto Rheinland-Pfalz GmbH
- fehlender Sparanreiz, hoher Personalaufwand, reduzierbare Sponsoringkosten -
Das Land erstattete der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH alle bei der Erfüllung der Aufgaben angefallenen Aufwendungen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag enthielt keine geeigneten Sparanreize, um die 2019 angestrebten Einsparungen von 7,5 Mio. € zu realisieren.
Bei der Lotteriegesellschaft gibt es drei unterschiedliche Tarifgefüge. Bei einer Vergütung aller tariflich Beschäftigten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder ließe sich Personalaufwand von mindestens 2 Mio. € jährlich einsparen. Weitere Personalaufwendungen entfielen, wenn für die Vergütung der außertariflich beschäftigten Führungskräfte ein angemessenes Gehaltsniveau zugrunde gelegt würde.
Die Pensionsverpflichtungen der Gesellschaft führen zu hohen Aufwendungen in der Altersvorsorge, die das Land über den Geschäftsbesorgungsvertrag trägt. Ob und wie eine angemessene Absenkung der Versorgung herbeigeführt werden kann, war noch nicht abschließend geprüft.
Der Vertrieb über Lottoannahmestellen war nicht mehr hinreichend geeignet, ein geordnetes und überwachtes Spielangebot für die jüngere Generation bereitzustellen.
Die Lotteriegesellschaft dokumentierte die unentgeltliche Weitergabe von Eintrittskarten im Gegenwert von 500.000 € jährlich, die sie im Rahmen des Sponsorings von Sportvereinen erhielt, nicht hinreichend. Dabei übernahm sie Pauschalsteuern von 100.000 € jährlich, um die Empfänger der Karten steuerfrei zu stellen.
Die Lotteriegesellschaft ist an der ilo-proFIT Services GmbH beteiligt. Eine wirksame Überwachung der Tochtergesellschaft, insbesondere im Hinblick auf Gehalts-, Bonus- und Prämienzahlungen, unterblieb.
Nr. 9 Beurlaubungen von Beamten ohne Dienstbezüge sowie die Erhebung von Versorgungszuschlägen
- rechtswidrige Beurlaubungen und unzulässige Anerkennungen der Urlaubszeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten -
Oberste Dienstbehörden des Landes bewilligten häufig Beamten besonders langen Sonderurlaub. In 30 Fällen betrug dieser sechs Jahre und mehr, davon in 21 Fällen über zehn Jahre. Teilweise wurde der Urlaub bis zum Ruhestand gewährt. Nach der Rechtsprechung stehen jedenfalls Urlauben von sechs Jahren und länger bereits wegen der Dauer eindeutig dienstliche Gründe entgegen. Die Urlaube hätten nicht gewährt werden dürfen.
Die Sonderurlaube wurden häufig im Anschluss an die erste Beurlaubung verlängert. Dies geschah oftmals mehrfach, im Einzelfall bis zu 16-mal. Begründungen hierfür fehlten in nahezu allen Fällen. Damit war nicht erkennbar, ob Gründe vorlagen, die so gewichtig waren, dass sie eine weitere Beurlaubung rechtfertigten.
Die Bewilligungsstellen berücksichtigten die Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge als ruhegehaltfähige Dienstzeit, obwohl teilweise private Interessen an der Beurlaubung überwogen. Hierdurch entstanden nicht gerechtfertigte Versorgungsansprüche gegen das Land.
Während ihrer Sonderurlaube wurden 15 Beamte befördert, manche sogar mehrmals, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Der wesentliche Zweck der Beförderung, nämlich die funktionsgerechte Wahrnehmung des neuen Amts, wurde häufig erst nach vielen Jahren oder bei Beurlaubung bis zum Ruhestand überhaupt nicht erreicht.
Die Dokumentation der Ermessensentscheidungen über die Bewilligung von Sonderurlaub und die Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit der Urlaubszeiten genügte überwiegend nicht den rechtlichen Anforderungen.
Der Versorgungszuschlag zum Ausgleich der Versorgungslast des Landes für die Zeit der Beurlaubung wurde seit fast 40 Jahren nicht mehr angepasst.
Nr. 10 Einführung der E-Akte in der Landesverwaltung
- weitere Optimierung erforderlich -
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für die Einführung der E-Akte bei der Staatskanzlei und den Ministerien (Projekt DIALOG I) sowie in der übrigen Landesverwaltung (Projekt DIALOG II) wiesen Mängel auf. Sie berücksichtigten nicht alle relevanten Kosten und waren für eine projektbegleitende Kostenkontrolle nicht geeignet.
Für die Gesamtprojektleitung war die Beurteilung, ob die Leistungen externer Berater erforderlich und angemessen waren, nicht immer möglich. Häufig unterblieben wirksame Kontrollen, ob die Leistungen erbracht worden waren.
Die Anwenderschulungen waren nur teilweise bedarfsgerecht und praxisorientiert. Die Schulung durch externes Personal verursachte im Vergleich zum Einsatz von Landesbediensteten Mehrkosten von bis zu 250.000 €.
Durch die Einführung der E-Akte können in den Registraturen, den Post- und Scanstellen sowie beim Botendienst der Staatskanzlei und den Ministerien 37 besetzte Stellen abgebaut werden. Eine optimierte Vorgangsbearbeitung führt zu einem weiteren Einsparpotenzial von 32 besetzten Stellen. Insgesamt können dadurch Personalkosten von 5,4 Mio. € jährlich vermieden werden.
Bei der elektronischen Erfassung von Papierdokumenten - dem ersetzenden Scannen - traten noch Mängel auf. Erforderliche Schutzbedarfsanalysen und Verfahrensdokumentationen fehlten teilweise. In einigen Fällen waren gebotene Sicherheitsvorkehrungen nicht im erforderlichen Umfang getroffen, um Manipulationen am Scansystem oder am Scanprodukt zu vermeiden. Stichprobenhafte Qualitätskontrollen der Scanprodukte wurden nicht immer durchgeführt.
Die Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung wurden im elektronischen Verfahren nicht immer eingehalten. Insbesondere wurden aktenrelevante Dokumente nicht unverzüglich, in Einzelfällen gar nicht zu den Akten genommen. Mit- und Schlusszeichnungen sowie Verfügungen erfolgten außerhalb der E-Akte.
Die Einführung der E-Akte in 196 nachgeordneten Behörden mit 20.500 Arbeitsplätzen und mit geschätzten Kosten von 103 Mio. € birgt erhebliche Projektrisiken. Diesen war nicht angemessen Rechnung getragen. Insbesondere fehlten noch verbindliche Vorgaben zur zeitlichen, inhaltlichen und finanziellen Ausgestaltung des Projekts sowie zur Projektorganisation.
Nr. 11 Finanzaufsicht der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion über defizitär wirtschaftende Kommunen
- weitgehend unwirksam -
Der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion obliegt die Finanzaufsicht über 44 Städte und Landkreise. In den Jahren 2015 bis 2019 legten diese der Aufsicht insgesamt 162 Satzungen über defizitäre Haushalte vor. Das entsprach 74 % der eingereichten Haushalte. Die Defizite beliefen sich in den Ergebnishaushalten auf insgesamt 1,9 Mrd. €, in den Finanzhaushalten auf 1,5 Mrd. €. 65 Satzungen betrafen Kommunen, die bereits bilanziell überschuldet waren oder zum Ende des jeweiligen Haushaltsjahres erstmals ihre bilanzielle Überschuldung prognostizierten.
Die Einhaltung des gesetzlichen Haushaltsausgleichsgebots war nicht sichergestellt. Die Städte planten in den meisten Fällen nicht unter gebotener Ausschöpfung der Realsteuern. Für kaum einen Landkreis war nachgewiesen, dass eine Erhöhung der Kreisumlage auszuschließen war.
Gleichwohl ergriff die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mit Ausnahme von drei Haushalten eines Landkreises keine finanzaufsichtlichen Maßnahmen zur Änderung rechtswidriger Haushaltssatzungen.
Sie genehmigte entgegen dem gesetzlichen Regelversagungsgebot Investitionskredite von 1,3 Mrd. € und Verpflichtungsermächtigungen von 0,7 Mrd. €, obwohl die Kommunen in keinem Jahr des Prüfungszeitraums einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt hatten und teilweise bereits überschuldet waren. Die Genehmigungen versah sie häufig mit Maßgaben, deren Einhaltung sie nicht überwachte.
Die Geschäftsabläufe in der Finanzaufsicht waren optimierungsbedürftig. Es fehlte an Grundlagen für einen wirksamen und gleichmäßigen Verwaltungsvollzug. Der Begründungsaufwand für zahlreiche Haushaltsverfügungen, mit denen Genehmigungen erteilt und keine belastenden aufsichtlichen Maßnahmen ergriffen wurden, war unverhältnismäßig.
Nr. 12 Verkehrsinfrastrukturprojekte
- planungsbegleitende Prüfungen bewirken deutliche Kostenminderungen -
Planungen für Straßenbaumaßnahmen und ein Parkhaus waren nicht immer wirtschaftlich:
- Bei Guntersblum (Landkreis Mainz-Bingen) können zur Verbesserung der Verkehrssicherheit die Einmündungen einer Kreis- und einer Landesstraße in eine Bundesstraße mit Lichtsignalanlagen ausgerüstet werden. Dadurch lassen sich gegenüber der vorgesehenen Zusammenlegung der Einmündungen zu einer Kreuzung oder einem Kreisverkehr Kosten von 1,6 Mio. € vermeiden.
- Der Bedarf für den Neubau eines Parkhauses mit mehr als 220 Stellplätzen in Kirn (Landkreis Bad Kreuznach) war nicht nachgewiesen. Durch den Bau eines Parkplatzes mit 96 Stellplätzen können die Investitionskosten um mehr als 2 Mio. € verringert werden.
- Die für den Bau einer Geh- und Radwegüberführung in Mainz ermittelten Kosten lagen deutlich über den Baukosten von Brücken vergleichbarer Größe. Durch eine günstigere Konstruktion können die Kosten um mindestens 152.000 € gesenkt werden.
- In der Planung für den Bau eines Kreisverkehrsplatzes mit neuen Anbindungen in Bingen, Stadtteil Bingerbrück, war ein vorhandener Streckenabschnitt als Landesstraße eingestuft. Aufgrund seiner Verkehrsbedeutung ist dieser Abschnitt jedoch nach den straßenrechtlichen Bestimmungen zur Bundesstraße aufzustufen. In diesem Fall wird sich der Anteil des Landes an den Baukosten voraussichtlich auf 456.000 € halbieren.
Nr. 13 Baumanagement des Landesbetriebs Mobilität
- Kostenstabilität, Termintreue und Bauqualität verbessern, Rückstände bei der Bauabrechnung verringern -
Der Landesbetrieb Mobilität verfügte über kein geeignetes IT-gestütztes Projektmanagementsystem, in dem die für Informations- und Steuerungszwecke erforderlichen Daten der Straßenbauprojekte erfasst waren.
Ein Drittel der Maßnahmen des Bauprogramms im Haushaltsplan 2021 ist mit Ausgabenansätzen von 0 € ausgebracht. Dies beeinträchtigt die Steuerungsfunktion des Bauprogramms.
Die abgerechneten Baukosten wichen zum Teil erheblich von den in den Bauprogrammen veranschlagten Ansätzen ab. Hierzu trugen ungenaue Kostenschätzungen sowie Mängel in der Planung und Bauvorbereitung bei, die Änderungen des Leistungsumfangs in der Bauausführung zur Folge hatten.
Die den Bauverträgen zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisse wiesen oftmals Mängel auf. Teilweise waren zur Vertragserfüllung erforderliche Leistungen nicht erfasst. Bei nahezu der Hälfte der geprüften Maßnahmen wurde fast ein Viertel aller ausgeschriebenen Positionen nicht ausgeführt.
Die geplanten Bauzeiten wurden bei mehr als der Hälfte der Projekte nicht eingehalten. Bei einem Drittel der Projekte betrugen die Überschreitungen mehr als 25 %, in Einzelfällen sogar mehr als das Dreifache der ursprünglich vorgesehenen Bauzeiten.
Viele fertiggestellte Baumaßnahmen wiesen Mängel auf, die sich nachteilig auf die Verkehrssicherheit und Lebensdauer der Straßen auswirken können.
Der Landesbetrieb hatte die Schlussrechnungen von mehr als 350 Baumaßnahmen teilweise mehrere Jahre nach deren Fertigstellung noch nicht abschließend geprüft. Er vergütete Bauleistungen auf der Grundlage nicht geprüfter Schlussrechnungen. Dies birgt die Gefahr von Überzahlungen und Unregelmäßigkeiten.
Systematische Ex-post-Analysen der Kostenentwicklung, Termintreue und Ausführungsqualität von Straßenbaumaßnahmen sowie von Schwachstellen in den Leistungsbeschreibungen fanden nicht statt. Steuerungsdefizite im Baumanagement wurden daher häufig nicht erkannt und behoben.
Nr. 14 RLP AgroScience GmbH
- wesentliche Forderungen aus einer vorherigen Prüfung nicht umgesetzt -
Das Land gewährte der RLP AgroScience GmbH Zuschüsse von 2,1 Mio. € jährlich. Die Zielsetzung und strategische Ausrichtung der Gesellschaft waren nach wie vor unklar.
Die überarbeitete Kosten- und Leistungsrechnung war weiterhin nicht bedarfsgerecht ausgestaltet und für Steuerungszwecke ungeeignet. Eine verursachungsgerechte Zuordnung der Personalkosten und eine sachgerechte Aufteilung der Gemeinkosten waren nicht sichergestellt.
Für die Geschäftsführung war ein Repräsentationsbudget noch immer nicht eingerichtet. Es gab keine Regelung, welche Beträge für interne und externe Repräsentationszwecke ausgegeben werden dürfen.
Nr. 15 Förderung der Pflegestützpunkte und der Fachkräfte der Beratung und Koordinierung
- Überprüfung der Zahl an Pflegestützpunkten und der Höhe der Pauschalförderung erforderlich -
In Rheinland-Pfalz sind zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten insgesamt 135 Pflegestützpunkte eingerichtet. Mit durchschnittlich 30.000 Einwohnern je Pflegestützpunkt weist das Land bundesweit die höchste Versorgungsdichte aus. Eine Bedarfsanalyse wurde bisher nicht durchgeführt.
Das Land förderte die Personalkosten der in den Pflegestützpunkten eingesetzten Fachkräfte der Beratung und Koordinierung. Diese hatten auf vertraglicher Grundlage und auf Rechnung der Pflege- und Krankenkassen auch Pflegeberatung im Umfang von einem Viertel einer Vollzeitstelle zu erbringen. Die erbrachte Pflegeberatung war indes höher und wurde zulasten des Landes nicht sachgerecht abgegolten. Bei einer frühzeitigen Anpassung der vertraglich zu erbringenden Pflegeberatung auf je ein Drittel einer Vollzeitstelle hätte das Land alleine 2017 Zuwendungen von 443.000 € vermeiden können.
Die Höhe der Sachkostenpauschale für die Fachkräfte der Beratung und Koordinierung von jeweils 5.000 € jährlich war nicht angemessen.
Das eingesetzte IT-Verfahren bildete die erbrachten Leistungen der Fachkräfte der Beratung und Koordinierung nicht hinreichend ab und war damit als Steuerungsinstrument nicht geeignet.
Das Förderverfahren wies Mängel auf. Finanzierungspläne fehlten, Zuwendungen zur Anteilfinanzierung wurden ohne Begrenzung auf einen Höchstbetrag gewährt und Prüfungen des Besserstellungsverbots waren nicht erkennbar. Zudem lagen den Förderungen keine messbaren Ziele und Kennzahlen zugrunde, womit ihr Erfolg nicht prüfbar war.
Nr. 16 Abteilung "Schulen" der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion
- Verbesserungen bei Personalverwaltung und Maßnahmen der Schulaufsicht möglich -
Für die Personalsachbearbeitung der 43.000 Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte fehlten aktuelle Personalbedarfsermittlungen. Von der Arbeitszeit der schulartbezogenen Sachbearbeiter konnte die ADD mehr als ein Viertel keinen konkreten Tätigkeiten zuordnen.
Aufgaben wurden nicht immer wirtschaftlich wahrgenommen:
- Möglichkeiten, die zahlreichen telefonischen Anfragen von Schulen und Lehrkräften auf wenige Mitarbeiter oder bestimmte Sprechzeiten zu konzentrieren, wurden nicht genutzt.
- Für einfache, häufig wiederkehrende Aufgaben wurden nicht in gebotenem Umfang Bedienstete des zweiten Einstiegsamts eingesetzt.
- Eine nach Beamten- und Tarifbereich differenzierte Spezialisierung der schulartbezogenen Sachbearbeitung war nicht vorgesehen.
In den Fachreferaten der Schulaufsicht wurden vergleichbare Aufgaben nicht einheitlich wahrgenommen. Eine sachgerechte Verteilung der Aufgaben auf Referenten und Sachbearbeiter fehlte.
In das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs von Schülern waren jeweils die für die Förderschule und zusätzlich die für die Regelschule zuständigen Fachreferate eingebunden. Dies führte zu vermeidbaren Mehrfachprüfungen.
Die Kosten- und Leistungsrechnung wies erhebliche Mängel auf und war deshalb als Steuerungsinstrument nicht geeignet.
Personalakten waren bei der Versendung an die Außenstellen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gegen unbefugte Einsichtnahme nicht hinreichend geschützt.
Nr. 17 Gebühren und Erstattung von Ausgaben im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten
- nicht angepasste Gebühren und nicht beantragte Ausgabenerstattungen des Bundes -
Die Gebühren, die das Landesuntersuchungsamt sowie die Fischerei- und Jagdverwaltung erheben, waren seit Jahren nicht mehr den gestiegenen Personal- und Sachausgaben angepasst worden. Allein 2013 bis 2019 entgingen dem Land dadurch bei den nach festen Sätzen zu bemessenden Gebühren des Landesuntersuchungsamts Einnahmen von nahezu 1 Mio. €.
Das Land versäumte es, für die Jahre vor 2009 die Erstattung der nicht durch Gebühreneinnahmen gedeckten Ausgaben der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle beim Bund zu beantragen. Bei rechtzeitiger und vollständiger Erstattung hätte das Land von 2000 bis 2008 zusätzliche Einnahmen von mindestens 3,6 Mio. € erzielen können.
Nr. 18 Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer
- grundsätzliche Ausrichtung und Finanzierung müssen auf den Prüfstand -
Die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer wird gemeinsam von Bund und Ländern getragen. Die Finanzierungsanteile waren unausgewogen. Die 2018 nicht durch Eigen- oder Drittmittel der Universität gedeckten Ausgaben finanzierten das Land Rheinland-Pfalz mit 8,8 Mio. € und die übrigen Länder mit 2,3 Mio. €. Der Bund leistete einen Festbetrag von 174.300 € jährlich.
Die Überprüfung der Angemessenheit der Beiträge, die seit 1996 in einem vierjährigen Turnus vorzunehmen ist, war nicht dokumentiert.
Die Zahl der Studierenden im verwaltungswissenschaftlichen Ergänzungsstudium ist seit 2004 stark rückläufig. Die Auslastung der Studienplätze im Wintersemester 2019/2020 lag nur noch bei 42 %. Mitursächlich hierfür waren nicht auf die Vorlesungszeiten abgestimmte Regelungen der Referendarausbildung in den einzelnen Ländern.
In dem Strategiepapier der Universität aus dem Jahr 2015 zur Hochschulentwicklung blieben wesentliche Gesichtspunkte, wie der Rückgang der Studierendenzahl, vergleichsweise hohe Ausgaben je Studierenden und fehlende Kooperationen mit benachbarten Universitäten, unberücksichtigt.
Weiterbildungsveranstaltungen wurden unverändert auf das Lehrdeputat der Professoren angerechnet, obwohl sich die Veranstaltungsdauer verkürzt hatte.
Die Leistungsverrechnung im Rahmen der Kooperation mit dem Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung war seit mindestens 2002 nicht aktualisiert worden. Die Universität stellte dem Institut personelle Ressourcen im Umfang von zwei bis drei Professuren unentgeltlich zur Verfügung.
Die Auslastung der Gästehäuser außerhalb der Vorlesungszeiten war gering. Kalkulation und Abrechnung der Entgelte für die Beherbergungsleistungen waren verbesserungsbedürftig.
Nr. 19 Zahlung von Leistungsbezügen an Professoren
- erhebliche Personaleinsparungen durch elektronische Bearbeitung möglich -
Die Regelungen zur Gewährung besonderer Leistungsbezüge in den Grundordnungen mehrerer Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften waren unzureichend. Die Kriterien zur Bemessung der individuellen Leistungen waren vielfach ungeeignet. Notwendige Bestimmungen zur Vergleichsgruppe, zur Ermittlung des Leistungsdurchschnitts und zum Bewertungssystem fehlten. Dadurch war die Bewilligung nach einheitlichen und transparenten Maßstäben nicht gewährleistet.
Teilweise wurden Leistungsbezüge für die Wahrnehmung von Funktionen gewährt, die in den Grundordnungen nicht geregelt waren.
An zwei Hochschulen für angewandte Wissenschaften kam die Gewährung von Leistungsbezügen regelmäßigen Besoldungsanpassungen für den weit überwiegenden Teil der Professoren gleich. Dies widersprach den gesetzlichen Vorgaben sowie den Grundsätzen einer leistungsorientierten Bezahlung. Eine der Hochschulen umging zudem einen gesetzlich vorgesehenen Anrechnungstatbestand, indem sie die Leistungsbezüge rechtswidrig und ohne Antrag der Professoren erhöhte.
Bei den Leistungsbezügen, die anlässlich von Berufungen gezahlt wurden, war nicht erkennbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt waren.
Nr. 20 Sterilgutversorgung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Optimierungsbedarf bei der Organisation, der Planung baulicher Maßnahmen und dem Instrumentenmanagement -
Die Reinigungs- und Desinfektionsgeräte sowie die Sterilisatoren in der Zentralen Sterilgutaufbereitung waren nicht ausgelastet. Die freien Kapazitäten wurden nicht genutzt, um das Sterilgut für die HNO-Klinik mit aufzubereiten.
Der Betrieb der Sterilgutaufbereitung in der HNO-Klinik war nicht wirtschaftlich.
Die Universitätsmedizin plante, den Betrieb der Sterilgutaufbereitung in der Augenklinik wieder aufzunehmen, obwohl dessen Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen war.
Für die Planungen zur Einrichtung einer Sterilgutaufbereitung im Neubau der Zahn-, Mund- und Kieferklinik sowie von Sanierungsmaßnahmen nebst etwaigem Umzug der Zentralen Sterilgutaufbereitungseinheit gab es kein abgestimmtes Gesamtkonzept. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen lagen nicht vor.
Ein tragfähiges Ausfallkonzept der Universitätsmedizin für die Versorgung mit Sterilgut fehlte.
Das Instrumentenmanagement war mit Mängeln behaftet. Die im System erfassten Instrumentenbestände waren teilweise nicht mehr aktuell. Eine durchgängige Übersicht darüber, wo sich die Medizinprodukte während der Aufbereitung befanden, war nicht vorhanden. Nachlege- und Beschaffungsprozesse waren nicht zentralisiert.