Jahresbericht 2021, Nr. 20 - Sterilgutversorgung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

- Optimierungsbedarf bei der Organisation, der Planung baulicher Maßnahmen und dem Instrumentenmanagement -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die Reinigungs- und Desinfektionsgeräte sowie die Sterilisatoren in der Zentralen Sterilgutaufbereitung waren nicht ausgelastet. Die freien Kapazitäten wurden nicht genutzt, um das Sterilgut für die HNO-Klinik mit aufzubereiten.

Der Betrieb der Sterilgutaufbereitung in der HNO-Klinik war nicht wirtschaftlich.

Die Universitätsmedizin plante, den Betrieb der Sterilgutaufbereitung in der Augenklinik wieder aufzunehmen, obwohl dessen Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen war.

Für die Planungen zur Einrichtung einer Sterilgutaufbereitung im Neubau der Zahn-, Mund- und Kieferklinik sowie von Sanierungsmaßnahmen nebst etwaigem Umzug der Zentralen Sterilgutaufbereitungseinheit gab es kein abgestimmtes Gesamtkonzept. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen lagen nicht vor.

Ein tragfähiges Ausfallkonzept der Universitätsmedizin für die Versorgung mit Sterilgut fehlte.

Das Instrumentenmanagement war mit Mängeln behaftet. Die im System erfassten Instrumentenbestände waren teilweise nicht mehr aktuell. Eine durchgängige Übersicht darüber, wo sich die Medizinprodukte während der Aufbereitung befanden, war nicht vorhanden. Nachlege- und Beschaffungsprozesse waren nicht zentralisiert.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) die Verlagerung der HNO-Sterilgutaufbereitung in die Zentrale Sterilgutaufbereitungseinheit und die Schließung der HNO-Dependance zu prüfen,

b) ein tragfähiges Gesamt-Ausfallkonzept unter Berücksichtigung interner und externer Optionen zu erstellen,

c) das Instrumentenmanagement zu verbessern,

d) einen Zeitplan zur Umsetzung der EU-Medizinprodukteverordnung zu erstellen,

e) die Modulschränke der Zentralen Sterilgutaufbereitungseinheit zur Lagerung von standardisierten Instrumenten der Nachlege zu verwenden,

f) die Kalkulation und die Bewirtschaftung der Investitionsbudgets zu verbessern.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) der Entscheidung über eine Wiederaufnahme des Betriebs der Sterilgutaufbereitung in der Klinik für Augenheilkunde eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zugrunde zu legen,

b) den Planungen der Einrichtung einer Sterilgutaufbereitung im Neubau der Zahn-, Mund- und Kieferklinik, der Sanierung des Gebäudes 505 einschließlich eines etwaigen Umzugs der Zentralen Sterilgutaufbereitungseinheit und weiterer baulicher Maßnahmen ein abgestimmtes Gesamtkonzept zugrunde zu legen,

c) über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen zu Nr. 3.1 Buchstaben b und c zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 17/15003 S. 46):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Die Bewertung der Universitätsmedizin, dass aufgrund der hohen Empfindlichkeit der optischen bzw. ophthalmologischenInstrumente und den mit der Nutzung der zentralen Sterilgutversorgung verbundenen Transportensowohl medizinische Gründe als auch wirtschaftliche Gründe für die Wiederaufnahme der Aufbereitung in der Augenklinik sprächen,ist Gegenstand weiterer Analysen und vorwiegend medizinischer Erwägungen.

Zu Ziffer 3.2 b):
Im Neubau der im Bau bereits weit fortgeschrittenen Zahn-, Mund- und Kieferklinik (ZMK)ist eine Sterilgutversorgungseinheit vorgesehen, die nicht nur den Bedarf der ZMK selbst bedienen soll, sondern auch die bisherige Zentrale Sterilgutversorgung als Ausweich- und Verlagerungskapazität ergänzen soll. Mit der ZMK wird seit längerer Zeit erstmals wieder ein größeres Klinikgebäude errichtet, mit dem auch dem Bedarf an einer modernen Sterilgutversorgung Rechnung getragen wirdunddie auch bei einem eventuellen Ausfall von Kapazitäten an anderer Stelle nicht nur den Notbetrieb sicherstellen kann.

Insbesondere eine Sanierung des Gebäudes, in dem die bisherige Sterilgutversorgung untergebracht ist, wird ein prioritärer Bestandteil der Bau-Masterplanung sein, die derzeit in Zusammenarbeit mit unabhängigen Beratern erarbeitet wird. Insofern ist sichergestellt, dass die weitere Entwicklung der Sterilgutversorgung in die zukunftsfähige Gestaltung der weiteren medizinischen Prozesse eingearbeitet wird. Die entsprechenden Nutzungskonzepte werden weiter konkretisiert.

Zu Ziffer 3.2 c) i.V.m. Ziffer 3.1 b) und c):
Der enge Zusammenhang zwischen der Sterilgutversorgung und der Weiterentwicklung der medizinischen Nutzungskonzepte im Rahmen der Standortentwicklung bietet die Möglichkeit für eine integrierte Lösung, die über eine isolierte Weiterentwicklung der Konzepte für die Sterilgutversorgung hinausgehen sollte. Die Landesregierung wird diesen Prozess sehr eng begleiten und darüber berichten."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.2 b:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, den Planungen der Einrichtung einer Sterilgutaufbereitung im Neubau der Zahn-, Mund- und Kieferklinik, der Sanierung des Gebäudes 505 einschließlich eines etwaigen Umzugs der Zentralen Sterilgutaufbereitungseinheit und weiterer baulicher Maßnahmen ein abgestimmtes Gesamtkonzept zugrunde zu legen, bemerkt der Rechnungshof, dass der Planung und Umsetzung baulicher Maßnahmen ein abgestimmtes Gesamtkonzept und angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorausgehen müssen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/1075 S. 16).

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) die Universitätsmedizin zugesagt hat, eine Schließung der HNO-Dependance zu prüfen,

b) Anpassungen zur Umsetzung der EU-Medizinprodukteverordnung bereits begonnen wurden und diese mit einer Zeitschiene hinterlegt werden können,

c) ein zentrales Instrumentenmanagement inklusive Nachlegereserven über die Zentrale Aufbereitungseinheit in Umsetzung sei,

d) künftig ein Budget für alle Grundinstrumentarien über die Zentrale Sterilgutaufbereitungseinheit verfügbar sei sowie die Mittelzuweisung und Prüfung über die Finanzabteilung, eine Kontrolle der Beschaffungsinhalte über die Zentrale Instrumentenversorgung und den Einkauf erfolgen solle.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass vor der Entscheidung über eine Wiederaufnahme des Betriebs der Sterilgutaufbereitung in der Augenklinik angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchgeführt werden und über deren Ergebnis zu berichten,

b) über die Konzepte zur Planung der Sterilgutversorgung und deren Wirtschaftlichkeit zu berichten,

c) über die Erstellung eines tragfähigen Gesamt-Ausfallkonzepts unter Berücksichtigung interner und externer Optionen zu berichten,

d) über die Umsetzung zur Verbesserung des Instrumentenmanagements detailliert zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2021 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/2128 S. 22):

"Zu Buchstaben a) bis d):
Der Betrieb der Sterilgutaufbereitung in Gebäude 102 (HNO/Augenklinik/Gynäkologie) ist Teil des internen Notfallversorgungskonzeptes der Universitätsmedizin. Hierzu wird die ehemals im HNO-Bereich verwendete Infrastruktur zur Reinigung und Desinfektion von Instrumenten mit den im Bereich der Augenklinik vorhandenen Sterilisatoren zusammengeschaltet. Bei einem Totalausfall der zentralen Aufbereitungseinheit in Gebäude 505 steht damit eine sofort verfügbare interne Back-up-Lösung zur Verfügung. Auf dieses Szenario musste zuletzt im Juni 2021 zurückgegriffen werden, da es im Gebäude 505 zu einer IT-Störung kam, so dass die dort betriebenen Sterilisatoren softwareseitig in Störbetrieb gingen und nicht mehr produzieren konnten. Daneben ist es im Rahmen eines Risiko-Managements erforderlich, bei lebensbedrohlichen Maßnahmen einzelne Siebe direkt in Gebäude 102 vor Ort aufzubereiten. Ein langer Transportweg könnte möglicherweise durch die damit verbundene Verzögerung zu einem Patientenschaden führen.

Mit Inbetriebnahme des neuen Gebäudes 103 (voraussichtlich im Jahr 2023) steht eine neue Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) in unmittelbarer Nähe zur Verfügung, so dass anschließend eine Neubewertung der Aufbereitung für Gebäude 102 erfolgen kann. Neu- oder Ersatzbeschaffungen von Sterilisatoren sind für Gebäude 102 nicht mehr vorgesehen, so dass auch unter ökonomischen Abwägungen eine Fortführung des Standby-Betriebes der Aufbereitung vertretbar erscheint.

Mit dem Marienhaus Klinikum Mainz, den Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken und dem St. Josefs-Hospital in Wiesbaden sind Kooperationsverträge abgeschlossen worden oder stehen unmittelbar vor dem Abschluss, um ein vertraglich geregeltes externes Ausfallkonzept festzuschreiben. Mit Inbetriebnahme der  EMP im Neubau Gebäude 103 wird das bestehende Ausfallkonzept durch ein internes Komplett-Ausfall-Konzept für ein Produktionsvolumen von ca. 90.000 bis 100.000 Sterilguteinheiten pro Jahr ergänzt. Die Aktivitäten zur Einführung eines zentralen Instrumenten-Managements werden weiter fortgeführt. Zur weiteren Optimierung laufen Prozesse zur Standardisierung des Instrumentenbestandes und zur Verbesserung der Softwarelösungen."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 16):

"Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass die Sterilgutaufbereitung im Gebäude 102 bis zur Inbetriebnahme der Sterilgutaufbereitung der Zahn-, Mund- und Kieferklinik im unmittelbar daneben liegenden Gebäude 103 lediglich im Notfall betrieben und anschließend endgültig geschlossen wird, sofern keine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu einem anderen Ergebnis kommt und

b) vor dem Hintergrund der notwendigen Sanierung der Hauptsterilgutaufbereitung im Gebäude 505 darauf hinzuwirken, dass wirtschaftliche und aufeinander abgestimmte Konzepte für die Sterilgutversorgung erstellt werden."

Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 23)

"Zu Buchstaben a) und b):

Im Zuge der Inbetriebnahme der Zahn-, Mund- und Kieferklinik werden neue Spielräume genutzt, um die Sterilgutversorgung qualitativ und wirtschaftlich zu optimieren. Der Prozess zur Konzeptentwicklung wurde begonnen."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/7526 S. 16):

"Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass die Sterilgutaufbereitung im Gebäude 102 bis zur Inbetriebnahme der Sterilgutaufbereitung der Zahn-, Mund- und Kieferklinik im unmittelbar daneben liegenden Gebäude 103 lediglich im Notfall betrieben und anschließend endgültig geschlossen wird, sofern keine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu einem anderen Ergebnis kommt,

b) über die begonnene Entwicklung für ein wirtschaftliches und aufeinander abgestimmtes Konzept für die Sterilgutversorgung zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.