Kommunalbericht 2015 - Zusammenfassende Darstellung
Nr. 1 Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände
- höheres Finanzierungsdefizit trotz Neuordnung des Finanzausgleichs -
Die rheinland-pfälzischen Kommunen verfehlten 2014 in der Gesamtschau im 25. Jahr in Folge den Haushaltsausgleich. Der zuvor vier Jahre anhaltende Trend sinkender Finanzierungsdefizite setzte sich nicht fort. Trotz um 425 Mio. € gestiegener Einnahmen von 12,1 Mrd. € betrug die Deckungslücke bei Ausgaben von 12,4 Mrd. € fast 0,4 Mrd. €. Im Ländervergleich stand dem Pro-Kopf-Fehlbetrag von 92 € in Rheinland-Pfalz ein Überschuss von 9 € je Einwohner im Durchschnitt der Kommunen der anderen Flächenländer gegenüber.
Bei den kommunalen Steuereinnahmen wurde mit 3,7 Mrd. € ein Einnahmeplus von 65 Mio. € erzielt. Nach wie vor schöpften die Kommunen ihr Gestaltungspotenzial bei den Hebesätzen der Realsteuereinnahmen nicht aus. Dies trug mit dazu bei, dass die Steuereinnahmen mit 925 € je Einwohner deutlich hinter dem Vergleichswert der Flächenländer (1.066 € je Einwohner) zurückblieben.
Stark gestiegen sind die Einnahmen aus Schlüsselzuweisungen. Hier erhielten die Gemeinden und Gemeindeverbände zusammen 204 Mio. € mehr als im Vorjahr.
Die Personalausgaben bildeten mit über 2,6 Mrd. € den größten Ausgabenblock. Zum Anstieg von 121 Mio. € im Vorjahresvergleich trugen u. a. Personalmehrungen im Zusammenhang mit dem Ausbau der Betreuungsplätze in Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren bei.
Mit fast 2,6 Mrd. € erreichten die Sozialausgaben nahezu das Niveau der Personalausgaben. Ihr Zuwachs von 55 % in zehn Jahren zeigt die hohe Dynamik dieser Ausgabenart. Die Leistungsausgaben für Asylbewerber stiegen aufgrund erheblich ausgeweiteter Empfängerzahlen gegenüber dem Vorjahr um 63 %.
Die Verschuldung der Kernhaushalte betrug Ende 2014 insgesamt 12,2 Mrd. €, somit 349 Mio. € mehr als im Vorjahr. Je Einwohner waren die Kommunen mit 3.055 € verschuldet, dem zweithöchsten Wert nach den saarländischen Gemeinden und Gemeindeverbänden. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung der anderen Flächenländer wurde um 83 % übertroffen. Bereits Ende 2013 befanden sich unter den zehn Städten mit der bundesweit höchsten Pro-Kopf-Verschuldung fünf aus Rheinland-Pfalz.
Von der Verschuldung entfielen 5,7 Mrd. € auf Investitionskredite. Dem Zuwachs von 101 Mio. € standen zusätzliche Ausgaben für Investitionen von lediglich 25 Mio. € gegenüber. Mit 6,5 Mrd. € (+ 248 Mio. €) erreichten die Kredite zur Liquiditätssicherung einen neuen Höchststand. Fast 60 % dieser Schulden entfielen auf die kreisfreien Städte. Mit dem Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz wurde nicht nur der Abbau von Altschulden, sondern auch das Ziel einer Nettotilgung der Liquiditätskredite verfolgt. Bislang wurde dieses Ziel verfehlt.
Ein Schuldenabbau ist auch im laufenden Jahr nicht wahrscheinlich. Zwar werden nach der aktuellen Steuerschätzung auch 2015 weiter steigende Steuereinnahmen erwartet. Darüber hinaus wird sich eine Reihe bereits beschlossener und noch vorgesehener Maßnahmen des Bundes, insbesondere die (Teil-) Entlastung bei Ausgaben der Eingliederungshilfe, die Stärkung der kommunalen Investitionstätigkeit sowie der teilweise Ausgleich von Belastungen aus der Aufnahme von Asylbewerbern ebenfalls positiv auf die kommunalen Einnahmen auswirken. Den dadurch zu erwartenden Haushaltsverbesserungen stehen jedoch voraussichtlich steigende Ausgaben gegenüber. So setzen die vorgesehenen Investitionshilfen des Bundes voraus, dass die Kommunen einen Eigenanteil erbringen. Den zusätzlichen Mitteln für Sozialleistungen stehen dynamische Ausgabenzuwächse gegenüber, so dass abzuwarten bleibt, ob im Ergebnis eine Entlastungswirkung eintritt.
Nr. 2 Abwicklung des Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz im Aufsichtsbereich der Kreisverwaltungen
- Nettotilgung derzeit nicht in Sicht -
Die am Kommunalen Entschuldungsfonds teilnehmenden Gemeinden und Gemeindeverbände im Aufsichtsbereich der Kreisverwaltungen hatten 2014 noch keine Nettotilgung ihrer Liquiditätskredite erreicht. Voraussichtlich wird ihr Kreditbestand mangels ausgeglichener Haushalte auch bis zum Ende der Fondslaufzeit (2026) nicht ab-, sondern erheblich zunehmen.
Mindestens 55 % der Fondsteilnehmer im Aufsichtsbereich der acht geprüften Kreisverwaltungen verfügten bei Abschluss der Konsolidierungsverträge in den Jahren ab 2011 nicht über einen festgestellten Jahresabschluss 2009. Der für die Fondsteilnahme maßgebende Bestand an Liquiditätskrediten zum Jahresende 2009 konnte daher vielfach nicht verlässlich festgelegt werden. Nachträgliche Überprüfungen führten in Einzelfällen zu einer Reduzierung des zunächst angegebenen Kreditbestands um bis zu 2,9 Mio. €.
Mehr als 90 % der von den geprüften Kreisverwaltungen mit den Fondsteilnehmern vereinbarten Konsolidierungsmaßnahmen hatten Einnahmeverbesserungen zum Gegenstand. Aufwandminderungen fielen nahezu nicht ins Gewicht.
Von den Fondsteilnehmern erbrachten 65 % zwar ihren Konsolidierungsbeitrag, ohne jedoch das Konsolidierungsergebnis in Form der vereinbarten Nettotilgung zu erreichen.
Fondsteilnehmer, die ihren Konsolidierungsbeitrag ausschließlich oder überwiegend durch Erhöhung der Hebesätze und Mehreinnahmen bei den Realsteuern erbrachten, unterschritten gleichwohl noch die Nivellierungssätze. Wird in diesen Fällen das Konsolidierungsergebnis nicht erreicht, sollten die Aufsichtsbehörden die im KEF-Leitfaden vorgesehenen Sanktionen in Betracht ziehen.
Der zur Bewilligung von Fondsmitteln erforderliche Konsolidierungsnachweis für das zweite Haushaltsvorjahr wurde vielfach nicht anhand von festgestellten Jahresabschlüssen geführt. Die Kreisverwaltungen bewilligten die Mittel daher ohne verlässliche Entscheidungsgrundlage. Eine Kreisverwaltung begnügte sich mit der bloßen Bestätigung der Fondsteilnehmer, die Konsolidierungsbeiträge seien realisiert worden.
Die Fondsteilnehmer verstießen vielfach gegen die vertragliche Verpflichtung, ihre Konsolidierungsnachweise und Konsolidierungsverträge auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen, ohne dass die Aufsichtsbehörden dagegen einschritten.
Nr. 3 Vermögensschäden durch dolose Handlungen
- Kassensicherheit verbessern -
In den Jahren 2012 bis 2014 verursachten 14 bekannt gewordene Fälle doloser Handlungen von Bediensteten kommunaler Verwaltungen und Unternehmen Schäden von mindestens 0,7 Mio. €. Nach Erkenntnissen des Rechnungshofs sowie der seiner Fachaufsicht unterstehenden Gemeindeprüfungsämter waren in diesen Fällen häufig elementare Anforderungen an die Kassensicherheit nicht beachtet worden. Beispiele:
Dienstanweisungen zur Buchführung und Abwicklung von Kassenvorgängen waren entgegen den Vorschriften der Gemeindehaushaltsverordnung nicht erlassen worden.
Die erforderliche Funktionstrennung zwischen der IT-Administration und der Finanzbuchhaltung war nicht immer beachtet worden. Zu umfangreiche Berechtigungen im Finanzwesen begünstigten dolose Handlungen.
Die Vertraulichkeit von Passwörtern für Zugriffe auf das Finanzwesen war nicht gewährleistet.
Kassenanordnungen wurden verspätet erstellt, unzureichend geprüft oder hatten keinen prüffähigen Inhalt.
Verwaltungen richteten Zahlstellen ein, ohne die hierfür erforderlichen Regelungen zu treffen und den Kassenbestand regelmäßig auf Plausibilität zu prüfen.
Beim Einsatz von Registrierkassen fehlten Vorkehrungen gegen einen Missbrauch der Stornofunktion; Inhalte von Kassenbons erfüllten nicht die erforderliche Belegfunktion.
Veruntreuungen wurden ermöglicht, weil Girokonten ohne Kenntnis der Kasse eingerichtet waren.
Nr. 4 Einsatz der Informationstechnik bei Landkreisen, kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten
- Einsparungen ohne Qualitätsverluste möglich -
Die Kommunen steuerten den Einsatz der Informationstechnik entgegen den haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht durch geeignete Ziele, Kennzahlen und Leistungsmengen.
Städte vernetzten Verwaltungsgebäude und Schulen zumeist leitungsgebunden. Funktions- und Wirtschaftlichkeitsvorteile von Richtfunkverbindungen blieben weitgehend ungenutzt. Im Einzelfall belief sich der Barwertvorteil einer Richtfunkverbindung gegenüber einer Standleitung auf über 470.000 € in fünf Jahren.
Vielfach verfügten Verwaltungen neben Multifunktionsgeräten noch über zahlreiche Arbeitsplatzdrucker unterschiedlichster Typen. Bei verstärkter Nutzung von Multifunktionsgeräten ist durchschnittlich ein Drucker für drei Arbeitsplätze ausreichend. Wird diese Quote eingehalten, lassen sich die Betriebskosten mindern. Zudem wären allein bei den geprüften Verwaltungen einmalige Ausgaben von 0,5 Mio. € für die Ersatzbeschaffung von Arbeitsplatzdruckern einsparbar.
Die Möglichkeiten zur Virtualisierung von Servern waren noch nicht ausreichend genutzt. Würden sie ausgeschöpft, könnten die geprüften Gemeinden und Gemeindeverbände einmaligen Beschaffungsaufwand für Server von 500.000 € vermeiden und die Energiekosten für den Serverbetrieb um 111.000 € jährlich verringern.
Für die Erledigung zentraler IT-Aufgaben ist eine Personalausstattung ausreichend, bei der eine Vollzeitkraft 85 bis 100 IT-Arbeitsplätze betreut. Bei 10 von 19 geprüften Verwaltungen betreute eine Vollzeitkraft hingegen weniger als 80 IT-Arbeitsplätze.
Unzureichende Risikovorsorge in Bezug auf die Ausfallsicherheit von IT-Systemen führte zu teilweise längerfristigen Beeinträchtigungen der Verwaltungsabläufe.
Nr. 5 Leistungen der Eingliederungshilfe in Werkstätten für behinderte Menschen
- finanzielle Nachteile durch Fehler in der Sachbearbeitung -
Örtliche Träger der Sozialhilfe gewährten Leistungen der Eingliederungshilfe in Werkstätten für behinderte Menschen, ohne hierfür örtlich zuständig zu sein. Im Einzelfall beliefen sich die Leistungen auf bis zu 60.000 €.
Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen, wurden Kostenbeiträge zum Mittagessen in Werkstätten für behinderte Menschen von den Leistungsberechtigten nicht immer erhoben. Im Übrigen unterblieb vielfach die erforderliche Einkommensüberprüfung bei der Teilnahme an der Mittagsverpflegung.
Nach dem Tod von Leistungsempfängern in Werkstätten stellten einige örtliche Träger der Sozialhilfe keine Ermittlungen zum Nachlass an, obwohl die Pflicht von Erben zum Ersatz von Kosten der Eingliederungshilfe zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört.
Im Rahmen der Hilfegewährung unterblieb häufig die Prüfung, ob vorrangige Leistungsansprüche der Werkstattbesucher bestehen.
Nr. 6 Hilfen zur Gesundheit und Übernahme von Beiträgen zu Kranken- und Pflegeversicherungen
- vermeidbare Leistungsausgaben aufgrund unzureichender Prüfung vorrangigen Versicherungsschutzes -
Bei vier Landkreisen und zwei kreisfreien Städten entstanden durch Fehler bei der Gewährung von Hilfen zur Gesundheit sowie der Übernahme von Versicherungsbeiträgen finanzielle Schäden von überschlägig wenigstens 2 Mio. €.
Ermittlung und Dokumentation entscheidungsrelevanter Sachverhalte waren oftmals lückenhaft. Dadurch war nicht auszuschließen, dass Leistungen ohne Rechtsgrund gewährt wurden.
Ablehnende Entscheidungen von Krankenkassen bezüglich des Bestehens oder der Möglichkeit von Krankenversicherungsschutz wurden von den Sozialämtern vielfach ohne nähere Prüfung akzeptiert, auch wenn die Entscheidungen offensichtlich nicht plausibel waren.
Die Sozialämter zahlten gesundheitsbezogene Hilfen, obwohl die Betroffenen pflichtversichert waren, zum Beispiel als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II oder als Rentner.
Die für die Feststellung der Versicherungspflicht maßgeblichen Vorversicherungszeiten waren häufig nicht vollständig ermittelt mit der Folge, dass Krankenkassen Versicherungsschutz ablehnten.
Die allgemeine Pflichtversicherung tritt grundsätzlich dann ein, wenn Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege ausreichend lange unterbrochen sind. Oftmals wurde verkannt, dass die geforderten Unterbrechungszeiträume vorlagen und damit Pflichtversicherung bestand.
Die Möglichkeiten einer freiwilligen Versicherung im Anschluss an eine Pflichtversicherung wurden nicht immer genutzt. Dabei wurde es insbesondere versäumt, vorsorglich auf den Beitritt zur Versicherung hinzuwirken.
Vor allem bei Schwerbehinderten unterblieb oftmals die rechtzeitige Aufklärung der Versicherungsvoraussetzungen.
Ablehnende Entscheidungen der Krankenkassen zur Familienversicherung schwerbehinderter Kinder wurden nicht hinterfragt, obwohl die Gründe der Ablehnung hierzu Anlass gaben.
Obwohl Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung bestand, wurden Hilfen zur Gesundheit geleistet, da die Sozialämter nicht auf den Abschluss von Versicherungen im Basistarif hinwirkten.
Die Sozialämter übernahmen überhöhte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Ansprüche auf Kostenerstattung, Kostenersatz, Schadensersatz und Leistungen der Pflegekassen wurden nicht geltend gemacht. Zum Teil verjährten Ansprüche, da sie nicht rechtzeitig erhoben wurden.
Die von den Sozialämtern für Asylbewerber ausgestellten Behandlungsscheine galten in der Regel für ein Quartal. Aufgrund der vergleichsweise langen Gültigkeitsdauer wurden die Behandlungsscheine für Zeiträume ohne Leistungsanspruch genutzt.
Mängel in der Dokumentation erschwerten die vollständige Abrechnung höherer Krankheitskosten von Asylbewerbern mit dem Land.
Die Abgrenzung zwischen Hilfen zur Gesundheit und den Leistungen der Krankenversicherung ist für alle Beteiligten mit einem vergleichsweise hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Die dabei getroffenen Entscheidungen erwiesen sich als sehr fehlerträchtig. Dem Land wird daher empfohlen, sich für die Abschaffung der Hilfen zur Gesundheit einzusetzen. Stattdessen sollten sämtliche Leistungsberechtigte nach dem SGB XII in die Krankenversicherung einbezogen werden.
Nr. 7 Personalwirtschaft kommunaler Beteiligungen
- Steuerungsinstrumente besser nutzen und Personalaufwand reduzieren -
Bei der Personalwirtschaft in kommunalen Unternehmen sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Tarifbindung zum Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) lagen nicht immer vor. Wurde dieser Tarif angewendet, führte dies im Vergleich zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zu einem erhöhten Personalaufwand.
Stellenübersichten entsprachen nicht immer den rechtlichen Vorgaben und waren häufig aufgrund fehlender Inhalte für Steuerungszwecke nur eingeschränkt nutzbar.
Stellen sind funktions- und sachgerecht zu bewerten. Hierfür erforderliche Stellenbeschreibungen fehlten oftmals oder waren mangelhaft. Entgelt-, Gehalts- und Lohngruppen konnten dadurch häufig nicht rechtskonform bestimmt werden.
Vielfach wurden Beschäftigte zu hoch eingruppiert und stufengleiche Höhergruppierungen ohne rechtliche Verpflichtung und belegbare Einzelprüfung vorgenommen.
Die Höhe von Zulagen und Zuschlägen war nicht immer nachvollziehbar. Die tariflichen Voraussetzungen für deren Zahlung lagen des Öfteren nicht vor.
Freiwillige Leistungen an Bedienstete wurden teilweise in einem unangemessenen Umfang und ohne Erfordernis gewährt.
Nachweise zur Angemessenheit der vereinbarten Geschäftsführervergütungen fehlten.