Kommunalbericht 2013 - Zusammenfassende Darstellung
Nr. 1 Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände
- noch keine durchgreifende Besserung in Sicht -
Die rheinland-pfälzischen Kommunen erzielten 2012 Einnahmen von 11,0 Mrd. €, damit 0,4 Mrd. € mehr als 2011. Der neuerliche Rekordbetrag reichte nicht aus, die ebenfalls gestiegenen Ausgaben von 11,4 Mrd. € zu decken. Die Finanzierungslücke betrug 0,4 Mrd. € und bestand damit im 23. Jahr in Folge.
In keinem anderen Flächenland gab es eine derartig negative Entwicklung.
Mit fast 3,6 Mrd. € erreichten die Steuereinnahmen einen neuen Höchststand. Dennoch lagen sie mit 890 € je Einwohner deutlich unter dem Durchschnitt der Flächenländer (984 € je Einwohner). Daran änderten auch die zahlreichen Hebesatzerhöhungen bei den Realsteuern nichts.
Den größten Anteil an den Ausgaben hatten die Personalausgaben mit 2,4 Mrd. € und die Sozialausgaben mit 2,3 Mrd. €.
Dagegen gingen die Investitionsausgaben erneut zurück. Mit 1,1 Mrd. € wurden 8 % weniger verausgabt als noch vor zehn Jahren.
Trotz rückläufiger Investitionen stieg die Verschuldung aus Investitionskrediten auch 2012 an und erreichte 5,5 Mrd. €.
Noch übertroffen wurde diese Entwicklung von den Krediten zur Liquiditätssicherung. Mit 6,1 Mrd. € war der Schuldenstand so hoch wie nie zuvor. Im Flächenländervergleich der Pro-Kopf-Verschuldung waren nur noch die saarländischen Gemeinden mit 1.870 € je Einwohner höher verschuldet als die Kommunen in Rheinland-Pfalz (1.526 € je Einwohner).
Insoweit hat der Kommunale Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz die Liquiditätskreditbelastung noch nicht maßgeblich beeinflusst. Den Entlastungen durch die teilweise Tilgung von Altschulden standen deutlich höhere Schuldenaufnahmen gegenüber.
Eine Verbesserung ist nur zu erreichen, wenn der Haushaltsausgleich gelingt und dadurch neue Liquiditätskredite vermieden werden. Hierzu sollten die Aufsichtsbehörden mehr als bisher ihre Befugnisse bei der Prüfung der Haushaltspläne ausschöpfen. In diesem Zusammenhang wäre auch zu erwägen, den 1991 abgeschafften Genehmigungsvorbehalt für die Aufnahme von Liquiditätskrediten wieder einzuführen.
Sofern keine durchgreifende Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eintritt, können die Kommunen in den nächsten Jahren höhere Steuereinnahmen und höhere Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich erwarten. Dazu trägt die beabsichtigte Neuregelung des Finanzausgleichs nur zu einem vergleichsweise geringen Teil bei, da voraussichtlich lediglich 50 Mio. € an zusätzlichen Landesmitteln in den Finanzausgleich fließen.
Die Einnahmeverbesserungen reichen allerdings zur Haushaltskonsolidierung nicht aus, wenn - entsprechend der Tendenz der Vorjahre - die Ausgaben ebenfalls stark steigen. Deren Entwicklung ist zwar - zum Beispiel aufgrund von Tariflohn- und Besoldungserhöhungen - nur begrenzt von den Kommunen beeinflussbar. Dennoch müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit das Ausgabenwachstum deutlich hinter den Einnahmesteigerungen zurückbleibt.
Dass noch Spielräume für Haushaltsverbesserungen bestehen, zeigen die Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs, die in den nachfolgenden Beiträgen beispielhaft dargestellt werden.
Nr. 2 Kommunale Jahresabschlüsse
- zu spät aufgestellt, eingeschränkt steuerungsgeeignet und unzureichend geprüft -
Die gesetzlichen Fristen zur Auf- und Feststellung der Jahresabschlüsse wurden von vielen Kommunen erheblich überschritten. Die Hälfte der kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte verfügte auch mindestens vier Jahre nach Einführung der Doppik nicht über einen festgestellten Jahresabschluss nach den Regeln des neuen Rechnungswesens. Daher fehlten Steuerungswirkungen für die Haushaltsplanung.
Jahresabschlüsse erreichten wegen nicht erforderlicher Inhalte zum Teil einen Umfang von mehreren hundert Seiten.
In den Jahresabschlüssen vorzunehmende Korrekturen der Eröffnungsbilanz entsprachen teilweise nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Ergebnis- und Finanzrechnung wiesen zahlreiche Mängel auf. Beispielweise
wurden Erträge und Aufwendungen unzulässiger Weise saldiert,
verzichteten Gemeinden entgegen den rechtlichen Vorgaben und zu Lasten der Steuerungseignung des Jahresabschlusses auf Teilrechnungen zu einzelnen Teilhaushalten, auf die Ausweisung produktbezogener Finanzdaten sowie auf interne Leistungsverrechnungen,
unterblieb die Aktivierung von Eigenleistungen, etwa bei Planungen durch eigene Ingenieure bei kommunalen Baumaßnahmen,
wurden periodenfremde Erträge und Aufwendungen unzutreffend als „außerordentlich“ bewertet.
Anhang und Anlagen zu den Jahresabschlüssen waren vielfach unvollständig.
Alle geprüften Kommunen verfügten über eine zentrale Anlagenbuchhaltung; die Mehrheit hatte auch die Geschäftsbuchhaltung zentralisiert. Im Durchschnitt bearbeiteten die Kräfte der Anlagenbuchhaltung rund 8.800 Buchungsfälle je Vollzeitkraft und Jahr. Dieser Wert kann vorläufig zur Bestimmung des Personalbedarfs herangezogen werden.
Eine Vielzahl der geprüften Kommunen hatte die letzte körperliche Inventur bei Aufstellung der Eröffnungsbilanz vorgenommen. Inventar und Bestand stimmten daher nicht immer überein.
Kaum eine Gemeinde hatte alle für das Haushalts- und Rechnungswesen erforderlichen Dienstanweisungen erlassen. Soweit solche vorhanden waren, erwiesen sie sich teilweise als veraltet oder wurden nicht beachtet.
Berechtigungen in DV-Verfahren waren verschiedentlich zu großzügig erteilt. Dies war mit Sicherheitsstandards für die Buchführung nicht vereinbar.
Die Prüfung der Jahresabschlüsse durch die Rechnungsprüfungsausschüsse genügte nur selten den gesetzlichen Mindestanforderungen.
Nr. 3 Einsatz derivativer Finanzinstrumente bei kommunalen Gebietskörperschaften
- ohne örtliches Regelwerk und Kontrolle riskant -
Ende 2011 setzten 24 der insgesamt 44 kreisfreien Städte, großen kreisangehörigen Städte und Landkreise Zinsderivate im Gesamtumfang von rund 32 % (2,1 Mrd. €) ihrer Schulden ein. Im Wesentlichen kamen Swaps, Caps und Collars zum Einsatz.
Derivate wurden auch für langfristige Liquiditätskredite aufgenommen, obwohl es dafür an einer gesetzlichen Ermächtigung fehlt.
Nicht alle abgeschlossenen Derivate entsprachen den Anforderungen des Konnexitätsgebots.
Das Risikomanagement bei Abschluss und Verwaltung der Derivate war optimierungsbedürftig:
Regelungen zum höchstzulässigen Anteil des Derivatvolumens am Kreditportfolio fehlten vielfach oder sahen einen Anteil von 100 % vor.
Nur wenige Kommunen hatten Beschränkungen der zulässigen Derivattypen im Hinblick auf das Spekulationsverbot normiert; Mindestanforderungen an Vertragspartner, zum Beispiel hinsichtlich der Bonität, fehlten überall.
Risikoobergrenzen für einzelne Derivatgeschäfte waren vielfach nicht festgelegt.
Derivatangebote wurden vor Vertragsschluss regelmäßig keiner Prüfung durch eine nicht mit der Vertragsanbahnung befasste fachkundige Person unterzogen (Vier-Augen-Prinzip).
Lediglich eine Verwaltung hatte ein unabhängiges internes Kontrollsystem zur Überwachung laufender Derivatgeschäfte eingerichtet.
Mit Abschluss und Verwaltung der Derivatgeschäfte waren überwiegend Kräfte ohne oder mit unzureichender fachspezifischer Aus- und Fortbildung befasst.
Die kontinuierliche Information der kommunalen Gremien über Entwicklung und Risiken des jeweiligen Derivatportfolios im Rahmen eines effektiven Berichtswesens war nur in wenigen Fällen gewährleistet.
Ein Teil der Kommunen schloss Derivatverträge prinzipiell oder bei Restrukturierung ihres Derivatportfolios ohne vorherige Einholung von Vergleichsangeboten. Vorteile des Wettbewerbs blieben so ungenutzt.
Wirtschaftlichkeitsvorteile des Derivateinsatzes gegenüber dem herkömmlichen Kreditmanagement waren mangels ausreichender Datengrundlage nicht nachweisbar. Derivatverträge wurden nach ihrer Abwicklung keiner nachträglichen Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen.
Die meisten Kommunen setzten weniger Personal ein, als für eine ordnungsgemäße Derivatverwaltung erforderlich gewesen wäre. Eine sachgerechte Aufgabenerledigung führt zu einem deutlich höheren Personalbedarf, der bei vielen Kommunen die Wirtschaftlichkeit des Derivateinsatzes in Frage stellen dürfte.
Nr. 4 Kommunale Bauhöfe
- Organisation straffen, Steuerung verbessern und Personalaufwand reduzieren -
Einige Kommunen hatten ihre Bauhöfe organisatorisch (Eigenbetrieb) oder rechtlich (Anstalt des öffentlichen Rechts) verselbstständigt. Nach Einführung der kommunalen Doppik bietet auch die Rechtsform des Regiebetriebs eine Eigenbetrieben und Anstalten gleichwertige Möglichkeit zur betriebswirtschaftlichen Steuerung des kommunalen Bauhofs.
Die Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit beim Betrieb von Bauhöfen blieben weitgehend ungenutzt. Deren finanzielle Vorteile werden auch durch neuere Rechtsprechung zur Steuerpflicht von Beistandsleistungen nicht zwingend ausgeschlossen.
Angesichts der Vielzahl kleiner Bauhöfe in Ortsgemeinden lässt die Einrichtung eines zentralen Verbandsgemeindebauhofs in vielen Fällen Wirtschaftlichkeitsvorteile erwarten.
Bauhoftypische Aufgaben waren vielfach nicht beim Bauhof zentralisiert, sondern wurden auch durch andere Organisationseinheiten, zum Beispiel Eigenbetriebe, wahrgenommen. Eine stärkere Bündelung führt generell zu einer besseren Auslastung von Personal und Sachmitteln.
Bei den meisten Bauhöfen fehlten valide Daten zum Aufgabenumfang, eine Leistungsdokumentation sowie eine strukturierte Auftragsverwaltung. Steuerungsmängel und unzutreffende Kostenzuordnungen waren die Folge.
Obwohl der Personalaufwand der Bauhöfe durchschnittlich 76 % des Gesamtaufwands betrug, gab es kaum belastbare Personalbedarfsberechnungen. Die Stellenausstattung je 1.000 Einwohner wies erhebliche Unterschiede auf.
Um Anhaltswerte für den Personalbedarf zu gewinnen, sollten sich Bauhöfe mehr als bisher untereinander vergleichen.
Facharbeiter wurden vielfach über Bedarf beschäftigt. Bei Einhaltung einer bedarfsgerechten Facharbeiterquote könnten die Bauhöfe ihren Personalaufwand um rund 2,6 Mio. € jährlich verringern.
Vermeidbarer Personalaufwand entstand auch durch
eine überhöhte Eingruppierung von Beschäftigten,
die Zahlung von Erschwerniszuschlägen ohne Vorliegen der tarifvertraglichen Voraussetzungen,
die Anordnung von Rufbereitschaften in sachlich nicht gerechtfertigtem Umfang sowie
nicht produktive Zeiten für die Rückkehr zum Betriebsgebäude, um dort die Pausen zu verbringen.
Die häufig zu starren Arbeitszeitregelungen sollten an die vor allem saisonbedingten Schwankungen im Arbeitsaufkommen angeglichen werden.
Der wirtschaftliche Einsatz von Fahrzeugen, Maschinen und Geräten war vielfach nicht gewährleistet. Einsatzkosten wurden überwiegend nicht erfasst, teure Sonderfahrzeuge, zum Beispiel Kehrmaschinen, waren teilweise minimal ausgelastet. Dem Betrieb eigener Werkstätten sowie von Eigenverbrauchstankstellen gingen häufig keine Wirtschaftlichkeitsvergleiche mit der Nutzung entsprechender Leistungen Dritter voraus.
Die gesetzlich vorgeschriebene Kosten- und Leistungsrechnung war bei vielen Bauhöfen noch nicht eingeführt. Kostenverrechnungssätze für die interne Verrechnung von Bauhofleistungen sowie die Abrechnung gegenüber Dritten waren oftmals nicht kostendeckend.
Nr. 5 Organisation und Personalbedarf der Sozialämter
- Hinweise zur sachgerechten Aufgabenzuweisung und zur Personalbedarfsermittlung -
Prüfungen bei Sozialämtern von sechs Landkreisen und drei kreisfreien Städten zeigten, dass die Zuordnung von Hilfen auf Sachbearbeiter noch optimiert werden kann.
So waren Hilfen mit vergleichbaren Anspruchsvoraussetzungen häufig verschiedenen Stellen zugewiesen. Dadurch mussten Daten mehrfach erfasst werden und die Vorteile einer einheitlichen Sachbearbeitung wurden nicht genutzt.
Andererseits hatten Sozialämter Zuständigkeiten gebündelt, obwohl die Sachbearbeitung keine Spezialisierung erforderte. Dies galt zum Beispiel für den Vollzug des Bildungs- und Teilhabepakets.
Bei einer Reihe von Aufgaben lassen sich Effizienzgewinne erzielen, wenn die Sachbearbeitung zentralisiert wird. Dies betrifft insbesondere die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, die Überprüfung der Voraussetzungen für Krankenversicherungsschutz sowie die Übernahme von Bestattungskosten durch Sozialämter.
Die bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erforderliche Hilfeplanung hatten die Sozialämter zu sehr den Leistungsanbietern überlassen.
Im Kommunalberichtsbeitrag werden für ausgewählte Aufgaben Orientierungswerte zur Bemessung des Personalbedarfs veröffentlicht.
Nr. 6 Besitzstandsleistungen nach Artikel 51 Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG)
- hohe Fehlerquote bei der Sachbearbeitung -
Die Anspruchsvoraussetzungen der Besitzstandsleistungen waren in den Akten überwiegend nicht oder unvollständig dokumentiert. Fehler in der Sachbearbeitung waren die Folge.
Da vorrangige Leistungen nicht ausreichend geprüft wurden, bestand die Gefahr von Überzahlungen.
Gründe für eine Kürzung, ein Ruhen oder einen Wegfall der Leistungen sowie für eine Anrechnung anderer Leistungen wurden nicht immer berücksichtigt.
Die für die Besitzstandsleistungen maßgebenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Leistungsempfänger waren häufig mangelhaft ermittelt.
Bei den geprüften Stellen wurden Überzahlungen von rund 120.000 € festgestellt. Bei ordnungsgemäßer Sachbearbeitung sind jährliche Aufwandminderungen von rund 100.000 € möglich.
Nr. 7 Sicherheitsmaßnahmen und Energieeffizienz in den Serverräumen kommunaler Verwaltungen
- Verbesserungen sind angebracht -
Die Serverräume der geprüften Kommunen wurden häufig stärker gekühlt als notwendig. Bei Einstellung der Klimaanlagen auf die zum reibungslosen Serverbetrieb erforderliche Temperatur lassen sich in einem Zeitraum von zehn Jahren Energiekosten von 1,3 Mio. € vermeiden.
Die Mehrzahl der Serverräume verfügte weder über eine redundante Kühlanlage noch über ein auf Überhitzung reagierendes Alarmierungssystem.
Bei einer Vielzahl von Serverräumen
war der Zugang nicht wirksam auf den betriebserforderlichen Personenkreis beschränkt,
fehlte ein ausreichender Einbruchsschutz an Fenstern,
gab es nur unzureichende bauliche und technische Maßnahmen zum Schutz der Server gegen Schäden durch Feuer und Leitungswasser.