Kommunalbericht 2011 - Nr. 2 Kommunale Doppik
- Nutzen noch nicht feststellbar -
Die Mehrheit der Gemeinden und Gemeindeverbände hat ihr Rechnungswesen erst 2009 auf die Doppik umgestellt. Die organisatorische und technische Komplexität der Umstellung sowie der hierfür erforderliche Zeitbedarf wurden erheblich unterschätzt.
Die gesetzlichen Fristen für die Feststellung von Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüssen wurden im Regelfall deutlich überschritten.
Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende, örtliche Prüfung von Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüssen durch Rechnungsprüfungsausschüsse findet weitgehend nicht statt.
Mit der Umstellung des Rechnungswesens, die landesweit einen Einführungsaufwand von hochgerechnet mindestens 140 Mio. € verursacht hat und einen zusätzlichen Personalaufwand von überschlägig 14 Mio. € im Jahr erfordert, sind bisher keine geldwerten Steuerungsvorteile verbunden. Ein positiver Einfluss auf die Entwicklung der kommunalen Haushalte ist noch nicht erkennbar.
Durch die Umsetzung des Haushaltsrechts werden die Haushaltspläne im Vergleich zur Kameralistik vielfach deutlich umfangreicher. Dadurch sind Transparenz und Steuerungsnutzen der Pläne empfindlich beeinträchtigt.
Die Mehrzahl der Gemeinden und Gemeindeverbände hat die doppischen Steuerungsinstrumente (Ziele, Leistungsmengen, Kennzahlen, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Berichtswesen) noch nicht eingeführt. Soweit sie zum Einsatz kommen, ist ihre Ausgestaltung für eine Steuerung weitgehend ungeeignet.
Im Rahmen einer Ende 2010 im Auftrag des Rechnungshofs durchgeführten Befragung kommunaler Entscheidungsträger durch das Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation in Speyer schätzten fast 48 % der Befragten den Nutzen der Doppik als "sehr gering" und "eher gering" ein. Auf die Bewertungen "eher hoch" und "sehr hoch" entfielen knapp 30 % der Antworten.
Die Zahl der in den Haushaltsplänen ausgewiesenen Produkte und Leistungen sowie Kennzahlen sollte deutlich reduziert werden, da zu detaillierte Informationen für eine Gesamtsteuerung nicht hilfreich sind. Darüber hinaus ist eine Vereinheitlichung innerhalb der Gebietskörperschaftsgruppen angebracht, um einen interkommunalen Vergleich der Daten überhaupt zu ermöglichen.
Die mit der Reform verbundenen Ziele wurden noch nicht erreicht. Damit das mit hohem Aufwand eingeführte neue Rechnungswesen den Informationsstand über die Finanzlage der Kommunen verbessern kann, bedarf es noch erheblicher Anstrengungen. Es wird sich zudem nur dann durch eine finanzielle "Rendite" zugunsten der kommunalen Familie legitimieren, wenn die erweiterten Informationen auch auf das Interesse der zuständigen Entscheidungsträger stoßen und von ihnen konsequent im Sinne wirtschaftlicheren Handelns genutzt werden.