Erkenntnisse und Hinweise aus der Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz
Hinweise zur gemeinsamen Vergabe von Bau- und Planungsleistungen für den Bau von Kindertagesstätten an General- oder Totalunternehmer
Um eine möglichst breite Streuung mittelstandsgeeigneter öffentlicher Aufträge zu erreichen, ist in der Verwaltungsvorschrift „Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz“1 – nachfolgend VV – festgelegt, wie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu verfahren ist. Die VV gilt für das Land und die Kommunen.
Bauleistungen verschiedener Handwerks- und Gewerbezweige sind gem. § 5 VOB/A in der Regel nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennt zu vergeben. Die Ausnahme davon setzt voraus, dass die gemeinsame Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen notwendig ist. Wenn wirtschaftliche oder technische Ausnahmetatbestände nicht vorliegen, stellt die Vergabe von Bauleistungen an einen Generalunternehmer einen schweren Verstoß gegen das Vergaberecht dar.2 Nach der Rechtsprechung rechtfertigen unzulässige Generalunternehmer-Vergaben die Rückforderung von Zuwendungen.3
Beim Bau von Kindertagesstätten liegen technische Gründe für die gemeinsame Vergabe aller Fachlose i. d. R. nicht vor. Wirtschaftliche Gründe für General- oder Totalunternehmer-Vergaben sind durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich nachzuweisen. Hierzu müssen die im Regelverfahren voraussichtlich anfallenden Baukosten und Baunutzungskosten (Lebenszykluskosten) hinreichend genau ermittelt werden, um einen zuverlässigen und wirtschaftlichen Vergleichsmaßstab zu erhalten. Eine ausreichende Planungstiefe – im Regelfall eine Entwurfsplanung – ist hierzu erforderlich, auch um die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Veranschlagung von Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen zu erfüllen (vgl. § 24 LHO, § 10 GemHVO). Eine Grobkostenschätzung auf der Grundlage von Raumprogrammflächen und Kostenkennwerten reicht aufgrund des zu geringen Genauigkeitsgrads nicht aus. Im Übrigen hat der Rechnungshof bei verschiedenen Prüfungen in der Vergangenheit festgestellt, dass hierbei getroffene Kostenannahmen nicht selten interessengeleitet waren und dazu dienten, ein im Vorhinein gewünschtes Ergebnis „rechnerisch“ zu begründen.
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Fußnoten:
- VV des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung, des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur, des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 24. April 2014 (40 5 - 00006 Ref. 8203), MinBI. 2014, S. 48 ff.
- Förderrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A), Nr. 2.2.6 des Rundschreibens des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 16. Juni 2003 (FM O 1080 - 4524), MinBl. 2003, S. 374.
- Vgl. z. B. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 4. April 2011, Az.: IBR 2011, 545; VG Augsburg, Urteil vom 23. Februar 2016, Az.: 3K 15.1070, BeckRS 2016, 43243; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2017, Az.: 12 A 833/16; Troidl, Thomas, Vergaberecht und Verwaltungsrecht. Die jüngere Rechtsprechung zur Förderschädlichkeit von VOB-Verstößen in zehn Entscheidungen, NVwZ 9/2015, S. 549 ff.; Byok, Jan, Die Entwicklung des Vergaberechts seit 2015, NJW 21/2016, S. 1500.