Mit systematischer Erhaltungsplanung gegen den Substanzverlust von Gemeindestraßen – Rechnungshof legt aktuelles Gutachten mit praxisorientieren Empfehlungen vor

Mit dem Gutachten zur "Systematischen Erhaltungsplanung von Gemeindestraßennetzen" setzt der Rechnungshof Rheinland-Pfalz die Reihe seiner Prüfungen zur Erhaltungspraxis und -strategie der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur fort. Mit den gründlich aufbereiteten fachlichen Grundlagen, Analysen und Empfehlungen richtet sich das Gutachten an Fachleute und politische Entscheidungsträger – sowie an alle, die sich für den Zustand der Straßen und die Rolle von "Politik und Verwaltung" näher interessieren.

"Die Situation der kommunalen Straßen in Rheinland-Pfalz ist durch einen wachsenden Erhaltungs- und Erneuerungsbedarf gekennzeichnet. Eine der Ursachen – neben der hohen Verschuldung vieler Kommunen – ist eine mangelnde Erhaltungsstrategie", so Rechnungshofpräsident Jörg Berres.

Die systematische Straßenerhaltung hat die Aufgabe, dem stetigen Wertverlust der Straßen entgegenzuwirken und ihre möglichen Nutzungsdauern wirtschaftlich auszuschöpfen. Hierzu bedarf es eines sachgerechten Erhaltungsmanagements und einer verlässlichen Budgetplanung. Das nun vorgelegte Gutachten zeigt auf, welche Aufgaben zu erfüllen und welche Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten sind, damit Fachverwaltungen und Gemeinderäte ihre gemeinsame Verantwortung für die Zustandsentwicklung des örtlichen Straßennetzes und den Werterhalt des Anlagevermögens sachgerecht wahrnehmen können.

Jörg Berres dankt den über 170 Ortsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden und kreisfreien Städten, die an dieser umfangreichen Befragung teilgenommen haben. Die Ergebnisse zeigen, dass in vielen Kommunen wesentliche Grundlagen für ein ordnungsgemäßes Erhaltungsmanagement und eine sachgerechte Investitionsplanung fehlen. Ein Großteil hatte auch fünf Jahre nach Einführung der Doppik keine erneute Zustandserfassung und -bewertung des jeweiligen Straßennetzes durchgeführt. Etwa jede zweite befragte Kommune konnte keine Angaben zu der Art und Länge der durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen machen. Mehrheitlich fehlten auch aktuelle Untersuchungen zur Verkehrssituation, die für wirtschaftliche Erhaltungsmaßnahmen unabdingbar sind.

Das Bewusstsein für das Gefahrenpotenzial, das von extremen Wetterereignissen ausgehen kann, war wenig ausgeprägt. Viele der befragten Gemeinden kannten die in dieser Hinsicht kritischen Abschnitte ihres Straßennetzes nicht oder konnten keine Angaben dazu machen. Nur wenige Gemeinden planten Maßnahmen zur Entschärfung oder Beseitigung von Gefahrenstellen.

Werden die für einen Erhalt der Straßen notwendigen Daten nicht systematisch erhoben, fehlen die Grundlagen für eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Planung.

Darüber hinaus ist von Bedeutung, dass als notwendig erkannte Erhaltungsmaßnahmen rechtzeitig vor der Ausweitung von Schäden ausgeführt werden. Die tatsächlichen Erhaltungsausgaben lagen nach Angaben der Gemeinden jedoch jährlich im Durchschnitt rd. 20 % unter den geplanten Ansätzen.

Auf Grundlage der Angaben der befragten Kommunen ergibt sich ein Nachholbedarf für dringende Erhaltungsmaßnahmen an Fahrbahnen in Höhe von rd. 915 Mio. € bei den kreisfreien Städten und von rd. 175 Mio. € bei den verbandsfreien Gemeinden. Mit Erhaltungsausgaben auf dem Niveau der letzten Jahre würde der Abbau des Nachholbedarfs mehr als 15 Jahre dauern. Für den Bereich der Ortsgemeinden konnte mangels geeigneter Daten der Nachholbedarf für dringende Erhaltungsmaßnahmen nicht ermittelt werden.

Um die Daueraufgabe der systematischen Straßenerhaltungsplanung professionell erledigen zu können, benötigen die Gemeinden baufachlich qualifiziertes Personal. Daran fehlt es in vielen Gemeinden schon heute. Der zu erwartende Fachkräftemangel bei Ingenieuren wird diese Situation verschärfen. Das Gutachten zeigt auch für diesen Bereich mögliche Strategien und Maßnahmen auf, die den Kommunen dabei helfen können, ihrer Verantwortung als Straßenbaulastträger gerecht zu werden.

 

Das Gutachten und eine Zusammenfassung finden Sie hier.