Jahresbericht 2019: Konsumtive Ausgaben zugunsten höherer Investitionen begrenzen, geplanten Schuldenabbau verstärken und verstetigen

"Die Haushaltsrechnungen des Landes schlossen 2016 bis 2018 mit Finanzierungsüberschüssen von bis zu 872 Mio. € ab. Die Trendwende gegenüber den vorherigen, teilweise kreditfinanzierten Haushalten ist insbesondere auf ein hohes, jährlich gestiegenes Steueraufkommen sowie das historisch niedrige Zinsniveau zurückzuführen. Die günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürfen allerdings nicht dazu verleiten, mit den weiterhin notwendigen Konsolidierungsanstrengungen nachzulassen. Denn die Schulden- und damit auch die Zinsbelastungen des Landes sowie die Personal- und sächlichen Verwaltungsausgaben sind im Ländervergleich nach wie vor überdurchschnittlich hoch", so Rechnungshofpräsident Jörg Berres anlässlich der diesjährigen Vorstellung des Jahresberichts des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz.

"Zudem dürfen die Risiken für künftige Haushalte nicht aus den Augen verloren werden. Hierzu zählen beispielsweise die auf 1,6 Mrd. € gestiegenen und zu finanzierenden Ausgabereste aus vorherigen  Haushalten sowie der Investitionsbedarf von zuletzt 970 Mio. € allein zur Erhaltung des Landesstraßennetzes."

Für das Haushaltsjahr 2017, für das die Landesregierung Entlastung beantragt hat, sind folgende Rechnungsergebnisse und Kennziffern hervorzuheben:

  • Die laufende Rechnung, die den konsumtiven Teil des Haushalts abbildet, wies einen Überschuss von 1.324 Mio. € aus. Dies waren über 600 Mio. € mehr als im Vorjahr. Maßgeblich hierfür war, dass die laufenden Einnahmen, wie z. B. die Steuereinnahmen, deutlich stärker stiegen als die laufenden Ausgaben.
  • Die Investitionsausgaben des Kernhaushalts verringerten sich geringfügig auf 851 Mio. €. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben betrug lediglich 5,2 %. Damit lag die Investitionsquote um 3,9 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Quote der anderen Flächenländer. Selbst bei Hinzurechnung der eigenfinanzierten Investitionen der Landesbetriebe von 226 Mio. € erreichte Rheinland-Pfalz mit 6,6 % den Durchschnittswert nicht.
  • Der Finanzierungsüberschuss von 872 Mio. € wurde zur Netto-Tilgung von Kreditmarktschulden genutzt. Dies trug zu der Kreditfinanzierungsquote von - 5,3 % bei.
  • Die Schulden des Landes verringerten sich 2017 insgesamt um 5,6 Mrd. € auf 32,4 Mrd. €. Dies beruhte auf der im Haushaltsvollzug erzielten Netto-Tilgung sowie auf der Auflösung des Pensionsfonds.
  • Die Pro-Kopf-Verschuldung überstieg mit 7.836 € den Durchschnitt der anderen Flächenländer (5.511 €) um 42,2 %.
  • Die Zinsausgaben des Landes lagen mit 184 € je Einwohner um 42,6 % über dem Durchschnittswert der anderen Flächenländer.
  • Nach Bereinigung des Finanzierungsüberschusses entsprechend den Vorgaben der neuen Schuldenregel um konjunkturelle Einflüsse, finanzielle Transaktionen und Konzernbestandteile verblieb 2017 ein strukturelles Defizit von 103 Mio. €. Damit wurden sowohl der Planansatz als auch der festgelegte lineare Abbaupfad unterschritten.

Nach dem im Januar vorgelegten vorläufigen Rechnungsergebnis wurde 2018 ein Finanzierungsüberschuss von 867 Mio. € erzielt. Davon wurden 168 Mio. € zur Tilgung von Kreditmarktschulden eingesetzt und 0,7 Mrd. € außerplanmäßig einer Haushaltssicherungsrücklage zugeführt. Mit einem strukturellen Überschuss von 362 Mio. € wurde die verfassungsrechtliche Vorgabe eines strukturell ausgeglichenen Haushalts bereits vor dem Ziel-Jahr 2020 erreicht.

Präsident Berres: "Die in den drei vergangenen Jahren getilgten Schulden von rund 1,4 Mrd. € stellen einen Schritt in die richtige Richtung dar. Gleiches gilt für den im Dezember 2018 beschlossenen Doppelhaushalt 2019/2020, der strukturell ausgeglichene Haushalte und Netto-Tilgungen vorsieht. Zudem ist eine deutliche Stärkung der Investitionstätigkeit beabsichtigt. Angesichts der hohen Gesamtverschuldung des Landes und der überdurchschnittlich hohen Zinsbelastungen sollte jedoch geprüft werden, ob im Haushaltsvollzug über die geplanten Netto-Tilgungen von insgesamt 383 Mio. € hinaus weitere Tilgungsleistungen erbracht werden können. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Rechnungshof die Festlegung eines Tilgungsplans, um die Altschulden spürbar zu reduzieren und sich über einen längerfristigen Zeitraum der durchschnittlichen Pro-Kopf-Verschuldung der anderen Flächenländer anzunähern. Außerdem steht das Land vor der Herausforderung, einem steigenden Investitions- und Unterhaltungsstau im Bereich des öffentlichen Anlagevermögens entgegenzuwirken und Zukunftsaufgaben wie beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung/schnelleres Internet und E-Government zu bewältigen. Daher sollten die konsumtiven Ausgaben zugunsten der Investitionsausgaben begrenzt werden. Denn die erforderlichen Investitionen zum Erhalt des öffentlichen Infrastrukturvermögens stellen neben einem Schuldenabbau einen wesentlichen Beitrag zu einer gegenüber künftigen Generationen gerechten Haushaltspolitik dar."

Die vollständige Pressemitteilung und den Jahresbericht 2019 finden Sie hier.