Präsident Jörg Berres: Kontinuität und Wandel kennzeichnen 75 Jahre Rechnungshof Rheinland-Pfalz

Nachdem das Land Rheinland-Pfalz am Tag der Verfassung, dem 18. Mai, sein 75-jähriges Bestehen feiern durfte, kann der Rechnungshof Rheinland-Pfalz am 27. Mai auf die Gründung der unabhängigen Finanzkontrolle ebenfalls im Jahre 1947 zurückblicken. Ein Blick auf Geschichte und Gegenwart ermöglicht dabei auch eine Positionsbestimmung. "Kontinuität und Wandel kennzeichnen die Geschichte der obersten Finanzkontrolle des Landes", resümiert Präsident Jörg Berres die bisherige Entwicklung der Behörde.

Entscheidende rechtliche Grundlagen für unabhängige Prüfungen von Land und Kommunen wurden dem Rechnungshof bereits 1947 in die Wiege gelegt. Als eine oberste Landesbehörde und nur dem Gesetz unterworfen, hat der Rechnungshof seinen Platz im Staatsgefüge neben dem Landtag, der Landesregierung und der Justiz. Er ist keine "vierte" Gewalt, der Präsident und die übrigen Mitglieder sind jedoch mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet. Seine Aufgabe ist es seither, unabhängig zu prüfen, zu beraten, zu informieren und Entscheidungen in Politik und Gesellschaft zu unterstützen. Die konkrete Gestaltung der Zukunft ist Aufgabe der von den Bürgerinnen und Bürgern gewählten Organen.

Die rechtlichen Grundlagen für den Rechnungshof wurden in den letzten 75 Jahren weiter gestärkt. Wichtige, in allen Ländern vergleichbare Aufgaben wurden gesetzlich normiert und zentrale Grundsätze auch in der Verfassung des Landes verankert. Hierzu zählen als Kernaufgaben der Finanzkontrolle die Prüfung der Rechnung sowie der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung öffentlicher Stellen. Die Landesverfassung und konkretisierende Regelungen in der Landeshaushaltsordnung haben in den vergangenen Jahrzehnten sichergestellt, dass der Rechnungshof seine gesetzlichen Aufgaben unabhängig erfüllen kann. Sie gewährleisten zugleich die Kontinuität der Arbeit des Rechnungshofs. Letzteres gilt auch für die wichtigen öffentlichen Ergebnisse der Prüftätigkeit. Der Jahresbericht des Rechnungshofs ist hierbei mit seinen Feststellungen, Forderungen und Empfehlungen die Grundlage für die Entlastung der Landesregierung, über die der Landtag beschließt. Seit 1998 werden zudem in einem jährlichen Kommunalbericht die Prüfungserkenntnisse über finanzrelevante Entwicklungen in den Kommunen zusammengefasst. Anlassbezogene "Beratende Äußerungen" aufgrund von Prüfungserfahrungen sowie Gutachten des Rechnungshofs auf Bitten des Landtags oder der Landesregierung ergänzen das Aufgabenspektrum der Finanzkontrolle. Um die Beratungsfunktion weiter zu stärken, kann seit 2014 nach dem Vorbild des Bundes der jeweilige Präsident oder die Präsidentin des Rechnungshofs die Funktion des oder der Landesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung übernehmen.

Mit dem technischen Fortschritt und der zunehmenden Digitalisierung wurden in den letzten Jahrzehnten auch die Prüfungsmethoden und Arbeitsprozesse im Rechnungshof kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielsweise können heute digital verfügbare Prüfungsinformationen in der Dienststelle ausgewertet oder umfangreiche Haushaltsdaten mit modernen Werkzeugen effektiver und effizienter auf Risiken hin analysiert werden. Prüfungskonzepte werden auf diese Weise weiter optimiert und begrenzte Prüfungsressourcen noch wirtschaftlicher eingesetzt. Die Aufgaben werden in Teams vor Ort bei den geprüften Stellen, in der Dienststelle oder auch im Homeoffice bearbeitet. Wechselnde und anspruchsvolle Prüfungsthemen, über die der Rechnungshof im Rahmen seiner Unabhängigkeit selbst entscheidet, machen die Finanzkontrolle insgesamt interessant und abwechslungsreich. "Gute Prüfungsergebnisse und ihre Umsetzung sind letztlich der Erfolg im Prüfgeschäft", bemerkte Präsident Berres. "Daher ist uns auch eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit den geprüften Stellen besonders wichtig, ebenso, dass man sich mit Respekt und fachlich auf Augenhöhe begegnet. Die ständige Fort- und Weiterbildung unserer qualifizierten Prüferinnen und Prüfer und die intensive Vorbereitung schwieriger Prüfungen sind hierfür grundlegend. Oftmals sehen geprüfte Stellen die Prüfung durch den Rechnungshof auch als Chance, Schwachstellen zu erkennen und notwendige Veränderungsprozesse umzusetzen. Auch kritische Feststellungen lassen sich in einem guten Miteinander besser erörtern. Die Zusammenarbeit mit den geprüften Stellen hat sich in den letzten 75 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt", so Berres weiter.

Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die finanziell oder für die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit öffentlicher Verwaltungen von Bedeutung sein können, sind seit jeher Themen für aktuelle Prüfungen. Hierzu zählt unter anderem die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Neben den zunehmenden Anforderungen an die IT-Sicherheit können mit der Digitalisierung vor allem Verwaltungsabläufe oft deutlich vereinfacht oder das Arbeiten von zu Hause ermöglicht werden. Mit den überwiegenden Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung kann auch den spürbaren Folgen des demographischen Wandels begegnet werden. So erfordert ein wachsender Fachkräftemangel in fast allen Bereichen mehr denn je, Verwaltungsabläufe weiter zu optimieren und beispielsweise zu bündeln. Finanzielle und personelle Ressourcen können so effektiv für andere notwendige öffentliche Aufgaben genutzt werden. Die Finanzkontrolle stellt mit ihren Prüfungserkenntnissen, u. a. aus den Organisations-, Personalbedarfs- und IT-Prüfungen, wichtige Entscheidungsgrundlagen bereit. Die Veränderung von Geschäftsprozessen und Organisationen ist auch in Verwaltungen aufwendig, zeit- und beratungsintensiv. Angesichts der Dynamik der Entwicklungen sollten die genannten Herausforderungen zeitnah, aktiv und mutig angegangen werden, beispielweise auch mit der Fortsetzung der Kommunal- und Verwaltungsreform.

Zu einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen zählt inzwischen der Klimawandel. Aktuelle gesetzliche Regelungen zum Klimaschutz weisen den öffentlichen Stellen hier eine Vorbildfunktion zu. Diese umfasst auch die Nutzung alternativer Energien und das nachhaltige Bauen im öffentlichen Sektor. Diese Aspekte sind deshalb zunehmend auch Bestandteil vieler Prüfungen des Rechnungshofs. So hat der Rechnungshof beispielsweise vor wenigen Jahren mit der Prüfung der Nachhaltigkeit bei einer großen Organisation, dem ZDF, Neuland betreten. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die regelmäßig die Maßstäbe der Prüfungen des Rechnungshofs bilden, beinhalten nach modernerem Verständnis insbesondere auch ein Element der Generationengerechtigkeit, also eines Wirtschaftens, das die aktuellen Bedürfnisse nicht auf Kosten nachfolgender Generationen erfüllt.

Nicht nur für nachhaltiges und klimagerechtes Wirtschaften, sondern zunehmend auch für die Bewältigung von Krisen sind enorme finanzielle Anstrengungen erforderlich. Vor diesem Hintergrund bleibt der Finanzkontrolle die Einhaltung der Schuldenregel und damit eine generationengerechte Finanzierung weiterhin ein zentrales Anliegen.

"Richtet man den Blick in die Zukunft, bleibt es für die Finanzkontrolle eine Daueraufgabe, sich mit Prüfungserfahrung und Engagement für eine nachhaltige und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel einzusetzen. Kontinuität und Wandel haben bis heute den Rechnungshof Rheinland-Pfalz geprägt. Dies sind gute Rahmenbedingungen auch für die kommenden Jahrzehnte", bemerkte Präsident Jörg Berres anlässlich des Jubiläums.

Einen zusammenfassenden Rückblick auf 75 Jahre Rechnungshof Rheinland-Pfalz lesen Sie hier (PDF 300 KB).