Kommunale Brücken: Brückenprüfungen und Erhaltungsmanagement verbessert, Brückenzustand weiterhin unbefriedigend, Investitionsbedarf auf 1,4 Mrd. Euro gestiegen

Die Verkehrsinfrastruktur in Rheinland-Pfalz ist seit Jahren durch einen wachsenden Erhaltungs- und Erneuerungsbedarf gekennzeichnet. Dies gilt auch für die 6.579 Brücken der Städte und Gemeinden. Die Erhaltung der Brücken ist eine wichtige Voraussetzung für die Mobilität der Bürger und der Wirtschaft wie auch für die wirtschaftliche Entwicklung der Kommunen. Das aktuelle Gutachten, mit dem der Rechnungshof seine Prüfungen zur Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur fortsetzt, zeigt, wo in den letzten Jahren Fortschritte erzielt wurden und wo noch Nachholbedarf besteht.

Wie die rheinland-pfälzischen Städte und Gemeinden ihre Brücken prüfen und erhalten, hat der Rechnungshof bereits 2013 untersucht. Das nun vorgelegte Gutachten knüpft an diese Prüfung an und stellt die seitdem eingetretenen Entwicklungen dar. "Die Kommunen beschäftigen sich heute erkennbar intensiver mit der Erhaltung ihrer Brücken", resümiert Rechnungshofpräsident Berres einen erfreulichen Befund der Untersuchung.

Konkrete Fortschritte sind zum einen bei den Datengrundlagen festzustellen. So verfügen heute mehr Kommunen über aussagekräftige Bauwerksverzeichnisse und Brückenbücher, in denen u. a. technische Angaben zu den Brücken, durchgeführte Baumaßnahmen und Prüfungen dokumentiert sind. Zum anderen wurden mehr Brückenprüfungen durchgeführt und hat sich die Qualität der Prüfungen und der Erhaltungsplanung gegenüber 2013 insgesamt deutlich verbessert. Bei dieser positiven Entwicklung spielten nach Angaben der Kommunen auch die Ergebnisse und Empfehlungen der damaligen Prüfung eine Rolle.

In manchen Bereichen besteht allerdings weiterhin Nachholbedarf. So hat mehr als die Hälfte der Gemeinden für ihre Brücken noch keine Dokumentationen in Form von Bauwerksverzeichnissen erstellt. Bei 41 % mangelte es nach wie vor an Zustandsauswertungen, obwohl diese eine wichtige Grundlage für die – auch finanzielle – Planung von Instandsetzungsmaßnahmen sind. Allerdings ist gegenüber der letzten Prüfung eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen, da 2013 noch 83 % der Gemeinden keine entsprechenden Auswertungen hatten.

Gleiches gilt für die Brückenprüfungen. Nach dem Standardregelwerk wurde 2013 nur in jeder vierten Gemeinde (26 %) geprüft, mittlerweile kommt es in fast zwei Drittel der Kommunen (65,2 %) zur Anwendung. Gleichwohl werden vielerorts nicht alle Brücken regelkonform geprüft. Jede fünfte Kommune gab an, ihre Brücken nur bei Bedarf oder gar nicht geprüft zu haben. 395 Brücken mussten nach Prüfungen vollgesperrt, teilgesperrt oder umgehend instandgesetzt werden.

Die Gemeinden haben die Verkehrssicherheit ihrer Straßen und Brücken zu überwachen. Regelmäßige Bauwerksprüfungen und Kontrollen sind erforderlich, um Gefahrenquellen rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen sowie den Anforderungen für einen wirksamen Versicherungsschutz zu genügen und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Die Fortschritte beim Erhaltungsmanagement und den Prüfungen schlagen sich bisher nicht im Zustand der Brücken nieder. Insgesamt befindet sich jede fünfte kommunale Brücke in einem kritischen Zustand, in den Verbandsgemeinden sogar jede vierte. Gute und sehr gute Zustandsnoten erhalten lediglich 13,6 % der Bauwerke. Bezogen auf die gesamte Brückenfläche ist das Zustandsbild noch kritischer: Fast ein Drittel ist dringend sanierungsbedürftig. In den sechs größeren kreisfreien Städten gilt dies sogar für mehr als 40 % der Brückenfläche. Die kommunalen Gremien sollten jährlich über den Erhaltungsbedarf der Verkehrsinfrastruktur informiert werden.

Zu dem vermeintlichen Widerspruch zwischen Fortschritten beim Erhaltungsmanagement und dem Zustand der Bauwerke erläutert Präsident Berres: "In Anbetracht der aktuellen Planungen für die Sanierung und Erneuerung von Großbrücken gehen wir davon aus, dass sich das Zustandsbild in den kommenden Jahren verbessern wird. Allerdings ist der Nachholbedarf immens."

Der Rechnungshof hat einen Investitionsbedarf für die Erhaltung der kommunalen Brücken von bis zu 1,4 Mrd. € ermittelt. Allein auf die fünf Oberzentren des Landes entfallen über 1 Mrd. €. Bei der Prüfung 2013 wurde der Nachholbedarf für alle Kommunen noch auf 800 Mio. € beziffert. Auch wenn die Werte aufgrund teilweise unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen nur eingeschränkt vergleichbar sind, wird der zunehmende Handlungsdruck deutlich.

Erschwert werden die notwendigen Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen durch die hohe Verschuldung vieler Gemeinden. Die führt nicht selten zu einer Erhaltung nach Kassenlage und zum Unterlassen notwendiger Instandsetzungsmaßnahmen und Investitionen. Die Kosten werden dadurch auf die Zukunft verlagert.  

Aus den Prüfungsergebnissen hat der Rechnungshof eine Reihe konkreter Hinweise und Empfehlungen zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht, zur Anwendung der Regelwerke, zur Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen und zu weiteren Themen abgeleitet. Darüber hinaus stellt das Gutachten neuere Entwicklungen in der Planung von Holzbrücken dar und zeigt ökologisch vorteilhafte Alternativen zu Kleinbrücken auf.

Das Gutachten finden Sie hier.

Mit dem Gutachten setzt der Rechnungshof die Reihe der Prüfungen zur Erhaltungspraxis und -strategie der Verkehrsinfrastruktur in Rheinland-Pfalz fort. Zuvor erschienen bereits: