Kommunalbericht 2018: Überschüsse, aber kein Spielraum für zusätzliche Ausgaben

Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz legt seinen Kommunalbericht 2018 vor. Der aktuelle Bericht befasst sich insbesondere mit der Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände. Darüber hinaus zeigt er anhand von Beispielen, wie unwirtschaftliche oder nicht an rechtlichen Vorgaben orientierte Entscheidungen zu finanziellen Nachteilen oder Risiken für die Kommunen führen.

Der Bericht dient der beratenden Unterrichtung von Landtag und Landesregierung sowie der Unterstützung der Kommunalverwaltungen und der kommunalen Vertretungsorgane bei der Erledigung ihrer Aufgaben.

Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände: Trotz deutlicher Finanzierungsüberschüsse kein Spielraum für zusätzliche Ausgaben

Die Kassen der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände schlossen 2017 mit einem Überschuss von 431 Mio. € ab. Dies war erst der zweite Kassenüberschuss seit 1990.

Anders als das Plus des Jahres 2015 (82 Mio. €) ist der Überschuss 2017 nicht auf Einmaleffekte zurückzuführen. Vielmehr sind die Einnahmen der Kommunen stärker gestiegen als die Ausgaben: gegenüber 2016 um 5,3 % auf 14,4 Mrd. €. Aus den laufenden Landeszuweisungen nahmen die Kommunen 5,5 % (+ 236 Mio. €) mehr ein als im Vorjahr, aus Steuern sogar 7,7 % mehr (+ 322 Mio. €).

Der Ausgabenzuwachs fiel gleichzeitig mit 2,1 % (auf 14,0 Mrd. €) deutlich schwächer aus. Bedingt war dies vor allem durch stagnierende Sozialausgaben, die den größten Ausgabenblock darstellen. Hier sticht der Rückgang der Leistungen für Asylbewerber um 123 Mio. € hervor. Für ihr Personal gaben die Kommunen insgesamt knapp 3,0 Mrd. € und damit 2,9 % mehr aus als 2016. Die Investitionen legten deutlich um 8,0 % auf über 1,0 Mrd. € zu. Sie lagen damit aber weiter nur auf dem Niveau von Anfang der 1990er-Jahre, während die Ausgaben seitdem insgesamt um 146 % zugenommen haben.

Die Personalausstattung für Aufgaben der inneren Verwaltung war mit 3,6 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) je 1.000 Einwohner höher als in allen anderen westdeutschen Flächenländern (2,9 VZÄ). Hauptursache ist die sehr kleinteilige Gebietsstruktur in Rheinland-Pfalz. Die von einer Gemeindefusion zu erwartenden personellen und finanziellen Synergieeffekte würden sich jedoch erst mittel- bis langfristig zeigen. Aus diesem Grund sollten die begonnenen Reformen konsequent fortgeführt werden.

Wie das Land im Haushaltsjahr 2017 seine Schulden reduzieren konnte, sank auch die Gesamtverschuldung der rheinland-pfälzischen Kommunen: um 239 Mio. € auf 12,3 Mrd. € (- 1,9 %). Diese Schulden setzen sich zusammen aus Liquiditätskrediten, Investitionskrediten und Wertpapierschulden. Der Ländervergleich macht jedoch die weiterhin prekäre finanzielle Situation der Kommunen deutlich. So war deren Pro-Kopf-Verschuldung 2017 mit 3.107 € fast doppelt so hoch wie der Länderdurchschnitt. Im bundesweiten Ranking der Pro-Kopf-Verschuldung 2016 gehörten fünf Städte und vier Landkreise aus Rheinland-Pfalz zu den zehn am höchsten verschuldeten Gebietskörperschaften ihrer jeweiligen Gebietskörperschaftsgruppe (siehe hierzu die Anmerkung unten).

Folglich ändert auch der saldierte Kassenüberschuss über alle kommunalen Gebietskörperschaften nichts daran, dass verstärkte Konsolidierungsanstrengungen notwendig sind. Fast ein Drittel der Gemeinden und Gemeindeverbände (744) schloss 2017 mit einem Minus ab. Auch berücksichtigt der Überschuss noch keine Tilgungen. Der Schuldenabbau ist jedoch dringend erforderlich, da Zinssteigerungen erhebliche Mehrbelastungen zur Folge haben können. Dies gilt vor allem für Liquiditätskredite mit kurzer Laufzeit. Folgende Rechnung macht das Ausmaß der Verschuldung mit Liquiditätskrediten in Rheinland-Pfalz deutlich: Selbst wenn diese längerfristig mit dem gleichen Betrag wie 2017 getilgt werden könnten (211 Mio. €), würde es rund 30 Jahre dauern, bis die 6,4 Mrd. € an Schulden allein aus Liquiditätskrediten beglichen sind.

Das Land sollte deshalb dafür sorgen, dass diese Verbindlichkeiten nicht weiter rechtswidrig zur dauerhaften Finanzierung unausgeglichener Haushalte genutzt werden. Liquiditätskredite sind nicht dazu geeignet, die finanziellen Handlungsspielräume der Kommunen zu vergrößern. In sieben anderen Flächenländern müssen die Höchstbeträge für Liquiditätskredite, sozusagen das „Dispolimit“ der Kommunen, von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Der Rechnungshof schlägt erneut vor, diese im Jahr 1991 abgeschaffte Genehmigungspflicht wiedereinzuführen.

Einnahmenüberschüsse - und damit die Möglichkeit, die Schulden weiter zu reduzieren - sind auch für 2018 wieder zu erwarten. Dazu tragen auch die Zuweisungen des Landes im kommunalen Finanzausgleich bei, die nach der Haushaltsplanung für 2018 um 176 Mio. € (+ 7 %) höher ausfallen als 2017. Allerdings bestehen Unsicherheiten bei der weiteren Entwicklung der Ausgaben für soziale Leistungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Neuregelung des Leistungsrechts für behinderte Menschen durch das Bundesteilhabegesetz und die landesrechtlichen Regelungen zur Kostenträgerschaft für diese Leistungen zu Mehrbelastungen der Kommunen führen.

Wie stark verschuldete Kommunen ihre Haushalte zusätzlich belasten - Beispiele aus den Prüfungen des Rechnungshofs

Neben der Haushaltslage der Gemeinden und Gemeindeverbände thematisiert der Kommunalbericht 2018 auch Ergebnisse aus der Prüfung einzelner Kommunen. Der Rechnungshof hat in mehreren Fällen Entscheidungen der Verwaltungen beanstandet, die teilweise zu beträchtlichen finanziellen Nachteilen oder Risiken für die Kommunen geführt haben.

So war die Beschaffung von Dienstwagen für kommunale Wahlbeamte nicht immer wirtschaftlich. Es wurden Fahrzeuge geleast, obwohl der Umfang der Dienstreisen die Beschaffung nicht rechtfertigte. Vereinzelt führten umfangreiche Sonderausstattungen ohne dienstliche Notwendigkeit zu Leasingraten, die weit über den für Ministerdienstwagen maximal zulässigen Raten lagen.

Einige Amtsinhaber nutzten ihre Dienstwagen entgegen besoldungs-, kommunal- und haushaltsrechtlichen Vorschriften unentgeltlich für private Zwecke.

Die Straßenreinigung, eine Aufgabe der Kommunen, belastet deren Haushalte zum Teil erheblich. Die vom Rechnungshof geprüften Fälle zeigen allerdings, dass sich diese Haushaltsbelastungen bereits verringern lassen, wenn die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. So reinigten Kommunen Straßen häufiger als erforderlich oder in Bereichen, in denen üblicherweise die Reinigung auf Anlieger übertragen wird. Teilweise wurden für Reinigungsleistungen trotz defizitärer Haushaltslage keine Entgelte erhoben, oder es wurden Straßen gereinigt, obwohl die Verpflichtung hierzu den Straßenanliegern übertragen worden war. Bei einer kreisfreien Stadt verursachte dies Aufwendungen von 280.000 € jährlich.

Vielfach wurden für den Winterdienst keine Gebühren verlangt, obwohl die Kosten dies erfordert hätten. Gründe, die den Gebührenverzicht rechtfertigen, lagen nicht vor, dafür jedoch Haushaltsdefizite, die durch diese Praxis noch größer wurden.

Wenn Kommunen als Bauherren tätig werden, ist die fachliche Kompetenz ein wesentlicher Faktor des Projekterfolgs. Öffentliche Bauherren sollten daher über eigenen baufachlichen, dem öffentlichen Interesse verpflichteten Sachverstand verfügen. Sie sollten in der Lage sein, die Leistungen ihrer Vertragspartner fachkundig zu überwachen. Bei einer Vielzahl von Bauprüfungen, insbesondere in kreisangehörigen Kommunen, hat der Rechnungshof typische Mängel und Fehlerquellen festgestellt. Diese sind u. a. darauf zurückzuführen, dass das für die Betreuung der Baumaßnahmen eingesetzte Personal nicht über hinreichende Fachkenntnisse verfügte. Kommunen erkannten die mit der Projektleitung verbundenen Aufgaben nicht in ihrer Tragweite oder waren der Meinung, ihre Bauherrenverantwortung weitgehend an Auftragnehmer delegieren zu können.

In der Folge wurden Möglichkeiten, die Investitions- und Folgekosten sowie die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben im Sinne der Kommune zu beeinflussen, vielfach nicht genutzt oder gar nicht erkannt. Dies galt insbesondere für die frühen Projektphasen, in denen ca. 80 % aller der für ein Gebäude aufzuwendenden Kosten festgelegt werden.

Weitere Themen des Kommunalberichts 2018 sind Veröffentlichungspflichten für die Bezüge von Geschäftsführern und Vorständen kommunaler Unternehmen sowie die rechtlichen Anforderungen, die Kommunen bei mittelbaren Unternehmensbeteiligungen beachten müssen.

 

Die vollständige Pressemitteilung und den Kommunalbericht finden Sie hier.

 

(Anmerkung zum Länderranking: Die Angaben zum Länderranking weichen von jüngeren Veröffentlichungen in den Medien ab, denen zufolge sieben der zehn am höchsten verschuldeten deutschen Kommunen in Rheinland-Pfalz liegen. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass der Rechnungshof seiner Analyse die Gesamtverschuldung zugrunde gelegt hat, während die Medienveröffentlichungen lediglich auf die Verschuldung aus Liquiditätskrediten abstellen.)