Jahresbericht 2023: Für einen krisenfesten Haushalt: Schulden tilgen, Zinsrisiken begrenzen

"Die beiden vergangenen Haushaltsjahre schlossen insbesondere dank deutlich gestiegener Steuereinnahmen mit hohen Finanzierungsüberschüssen: 2021 betrug der Überschuss 2,3 Mrd. €, 2022 nach dem vorläufigen Rechnungsergebnis 1,2 Mrd. €. In den kommenden Jahren wird allerdings die Übernahme der kommunalen Liquiditätskredite die Landesfinanzen stark belasten," kommentierte Rechnungshofpräsident Jörg Berres anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts 2023.

Die Schuldenregel verpflichtet das Land, konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen zum Abbau seiner Schulden zu verwenden. Im Haushaltsjahr 2021 wurden insbesondere deshalb Kredite im Umfang von 1,5 Mrd. € getilgt. Über verpflichtende Tilgungen hinaus zahlte das Land als sogenannte strukturelle Netto-Tilgung 17 Mio. € zurück. Die im Jahr 2020 aufgenommenen Kredite von 169 Mio. € zur Bekämpfung der Corona-Krise wurden vorzeitig getilgt.

Die Schulden sanken auf 31,2 Mrd. €. Bei der Verschuldung je Einwohner wurde der Abstand zu den anderen Flächenländern verkürzt, lag aber immer noch um 17 % über deren Durchschnittswert.

Zudem ist der stetige Anstieg der Ausgabereste auf mittlerweile 2,8 Mrd. € im Jahr 2021 ein Risiko für die Landesfinanzen. Wären die Ausgabereste 2021 verausgabt worden, hätte dies die Gesamtverschuldung auf 34,0 Mrd. € steigen lassen. Die Landesregierung hatte 2018 angekündigt, mittelfristig eine Stabilisierung der Ausgabereste durch eine restriktive Bewilligungspraxis anzustreben. Das fortgesetzte Ansammeln von Ausgaberesten führt jedoch zu "Schattenhaushalten". Diese schwächen die Einflussmöglichkeiten des Parlaments und gefährden die Transparenz des Haushalts.

Mit Investitionsausgaben im Kernhaushalt von 1,1 Mrd. € im Jahr 2021 hatte Rheinland-Pfalz unter den Flächenländern die zweitniedrigste Investitionsquote (5,5 %). Werden die Investitionen der Landesbetriebe (280 Mio. €) hinzugerechnet, steigt die Quote auf 6,9 %. Um den Länderdurchschnitt (9,5 %) zu erreichen, fehlten immer noch 547 Mio. €. Auch angesichts des seit längerem bekannten Investitionsbedarfs von 1 Mrd. € allein bei den Landesstraßen sind höhere Investitionen erforderlich.

Aus dem Finanzierungsüberschuss für das Haushaltsjahr 2022 von 1,2 Mrd. € tilgte die Landesregierung nur 200 Mio. € Kreditmarktschulden und führte 1,0 Mrd. € Rücklagen zu.

Hierzu bemerkte Präsident Berres: "Aus Überschüssen sollten verstärkt Schulden getilgt statt Rücklagen gebildet werden. Gerade angesichts steigender Zinsen, die bis 2027 (626 Mio. €) fast zu einer Verdopplung der Zinsausgaben gegenüber 2021 (332 Mio. €) führen sollen, müssen die Landesfinanzen durch Tilgungen gestärkt werden." Vor dem Hintergrund der ungeplanten Rücklagenzuführung von 1 Mrd. € in 2022 sollte daher auf die im Jahr 2024 vorgesehene Rücklagenzuführung (148 Mio. €) verzichtet werden, vor allem, wenn zugleich eine Kreditaufnahme (49 Mio. €) erforderlich wird. "Eine Kreditaufnahme, um Rücklagen zu bilden, entspricht nicht Sinn und Zweck der Schuldenregel", so Berres. Denn die von der Schuldenregel zugelassenen konjunkturbedingten Kredite sollen vielmehr die Ausgaben des Staates im konjunkturellen Abschwung stabilisieren.

Zur beschlossenen Übernahme kommunaler Liquiditätskredite von 3 Mrd. € erklärte Präsident Berres: "Der Rechnungshof hält die Entschuldung der Kommunen für sinnvoll. Das gewählte Vorgehen ist allerdings wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Schuldenregel verfassungsrechtlich bedenklich."1 Auch der Unabhängige Beirat des Stabilitätsrats betrachtet Versuche der Aufweichung der Schuldenbremse wie in Rheinland-Pfalz mit Sorge.

Für einen krisenfesten Haushalt ist es in Anbetracht der Lasten aus der Schuldübernahme und der steigenden Zinsen erforderlich, Prioritäten neu zu setzen. So könnten konsumtive Ausgaben und Finanzhilfen reduziert werden zugunsten notwendiger Investitionen. Neue Aufgaben könnten durch Einsparungen wie den Abbau von Personal finanziert werden. Nach dem Stellenabbauprogramm der Landesregierung sollten von 2016 bis Ende 2021 insgesamt 1.850 Stellen entfallen. Tatsächlich überschreitet die Stellenzahl im Haushalt 2024 die von 2016 um fast 3.800.

Der Jahresbericht 2023 gibt mit seinen Prüfungsergebnissen weitere Hinweise auf Einspar- und Einnahmenpotenziale, die unter anderem durch verbesserte Planungen und Geschäftsprozesse sowie die wirksame Wahrnehmung von Steuerungs- und Kontrollfunktionen erzielt werden können. Eine kurze "Rückschau" (Beitrag Nr. 20) zeigt darüber hinaus für drei ausgewählte Prüfungen früherer Jahresberichte, was aus den Feststellungen des Rechnungshofs und den Forderungen des Landtags geworden ist.

 

Die vollständige Pressemitteilung und den Jahresbericht finden Sie hier.

 

Fußnote:

1 Näher dazu unter Aufführung der überwiegend ebenfalls kritischen Einschätzungen aus der Rechtswissenschaft https://rechnungshof.rlp.de/de/schuldenbremse-und-uebernahme-kommunaler-liquiditaetskredite/.